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Nachsuche

Nachsuche

Titel: Nachsuche
Autoren: Kuhn Kuhn
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Kurve kommen, von der Hablützel meint, die könnte es nach der Beschreibung des Schwagers sein, steht dort kein Auto.
    Hans sagt zum Hund: »Jetzt hat Noldi dem Kerl so eingebläut, er dürfe sich nicht von der Stelle rühren. Und der haut einfach ab.«
    Trotzdem steigt er aus, leint Bayj an. Der seufzt innerlich. Pflichtbewusst schnüffelt er ein wenig am Straßenrand. Hablützel führt ihn auf beiden Seiten der Fahrbahn auf und ab. Bayj lässt die Rute hängen. Das heißt: »Mein Lieber, hier gibt es nichts zu suchen.«
    Prompt sagt sein Herr: »Dann fahren wir weiter. Da vorne ist noch eine Kurve, die infrage kommt.«
    Bayj springt wieder in den Wagen, er hofft auf einen weiteren Flop. Doch beim nächsten Halt findet er die Spur sofort. Auch hier steht kein Auto. Dafür sieht Hablützel im Schein seiner Taschenlampe am Straßenrand einen Glassplitter liegen, der von einem Scheinwerfer stammen könnte. Er hebt ihn auf und steckt ihn in den Hosensack. Dann folgt er seinem Hund über die Böschung auf die Wiese. Zum Glück ist sie jetzt im Herbst gemäht, sonst müssten sie durch kniehohes, nasses Gras waten. Nach den ersten Schritten prüft er den Boden auf Schweiß. Tatsächlich findet er einige wenige Blutstropfen.
    Jetzt geht es los. Der Hund prellt vor und legt sich in die Leine.
    »Brav, Bayj, schön, such voran!«, ruft sein Herr ihm zu.
    Bald erreichen sie den Waldrand. Dort geht es scharf bergauf und sie kommen nur mühsam weiter. Stellenweise muss Hans auf allen Vieren kriechen. Er hält sich an Wurzeln, Stauden, an allem fest, was ihm unter die Finger kommt. Immer noch ist es stockdunkel, wodurch jeder Schritt zusätzlich erschwert wird. Sogar für ihn, der als Jäger an solche Klettertouren gewöhnt ist, dauert es sehr lange, bis Bayj plötzlich die Nase hochwirft.
    Endlich, denkt Hablützel. Doch irgendetwas stimmt nicht. Der Hund steht stocksteif, weiß nicht, soll er der Fährte folgen oder sich dem unbekannten Geruch von links zuwenden.
    Wenn hier kein Reh liegt, überlegt Hans, warum tut der Hund dann so dumm? Mit einem unguten Gefühl kämpft er sich hinter Bayj in ein Brombeerdickicht. Nach wenigen Metern verhofft der Hund schon wieder und gibt Laut. Sich mühsam aufrecht haltend, zündet Hans mit der Taschenlampe in die nasse Finsternis. Links entdeckt er einen hellen Fleck. Er kriecht ein Stück näher und stellt fest, dass da ein Stofffetzen in den Dornen hängt. Ein Negligé, denkt er irritiert. So eines mit Rüschen daran hat er einmal seiner Frau geschenkt. Er nimmt Bayj an die kurze Leine und macht noch einen Schritt. Der Hund drängt zurück. Hans kann bei bestem Willen nichts als einen blassen Haufen ausnehmen. Er schaut und schaut, schwenkt die Lampe. Erst langsam dämmert ihm, was er da vor sich hat. Der Schreck fährt ihm in die Glieder. Da liegt einer, denkt er, Hals über Kopf unter den Stauden, fast nackt. Er muss sich überwinden, dann schiebt er, ganz vorsichtig, den Fuss vor und berührt den Körper, nur um sicherzugehen. Er weiß schon, dass sich nichts rühren kann. Tot, denkt er, tot.
    Hastig zieht er den Hund zurück, sagt: »Platz, Bayj, Platz!«, und leint ihn rasch am nächsten Baum an. Dann reißt er das Handy aus dem Sack.
    Noldi schläft inzwischen längst wieder selig neben seiner Frau. Doch sobald das Telefon läutet, kommt er rasch auf die Beine, als ahnte er bereits den Ärger voraus.
    »Noldi«, sagt Hans, »du musst sofort kommen. Du glaubst es nicht. Da oben liegt kein Reh, sondern eine Leiche.«
    »Bleib, wo du bist, rühr nichts an und halt den Hund zurück, ich bin gleich da!«, ruft Noldi erschreckt.
    Er fährt in die Hosen, küsst seine Frau, sagt: »Ich muss weg, da ist eine verfluchte Schweinerei passiert.«
    Meret lächelt noch verschlafen, hält mit einer Hand den Kopf ihres Mannes fest, während sie mit der anderen versucht, sein dünner werdendes Haar ein wenig zu glätten.
    Noldi wirft sich ins Auto und rast los. Zum Glück ist es noch Nacht, keiner unterwegs und der Himmel stockdunkel. Erst an der Abzweigung nach Bichelsee sieht er talaufwärts den ersten Tagesschimmer.
    Noldi surrt der Kopf. Kein Reh, denkt er, aber eine Leiche. Und wo ist der Rüdisühli?
    Er findet den Wagen des Schwagers ohne Mühe. Als er dahinter hält und aus dem Auto springt, sieht er Hablützel über die Wiese stapfen.
    »Bayj ist oben«, sagt der Schwager. »Ich bin heruntergekommen, dich zu holen. Allein findest du da nie hinauf.«
    Der Regen hat in diesem Herbst früh
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