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Nach dem Sturm: Roman (German Edition)

Nach dem Sturm: Roman (German Edition)

Titel: Nach dem Sturm: Roman (German Edition)
Autoren: Michael Farris Smith
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bist?«
    Charlie wandte ihm den Rücken zu. »Nicht deswegen, Cohen. Du weißt, dass ich ein guter Freund von deinem Vater war. Er würde wollen, dass du hier abhaust. Wann hat hier unten denn das letzte Mal die Sonne geschienen? Wann scheint die überhaupt noch?«
    »Ich weiß selbst, was er gewollt hätte.«
    »Ist mir schon klar, dass du das Haus hast und dass es deiner Familie schon so lange gehört. Ich weiß, dass da draußen Geister herumschwirren, die was mit dir zu tun haben. Aber mehr weiß ich nicht.«
    Cohen wischte sich die Nässe aus dem Gesicht und sagte dann: »Spielt doch keine Rolle.«
    »Hier unten kann man nur umkommen, Cohen«, sagte Charlie. Er wandte sich wieder den Männern zu, die vor dem Truck standen, und senkte die Stimme. »Und das bleibt auch so.«
    »Soweit ich gehört habe, ist es überall unterhalb der Linie genauso.«
    »Niemand würde dich schief ansehen, wenn du hier weggingst.«
    Cohen schaute ihn wieder an: »Bestimmt nicht. Ist ja niemand mehr da.«
    »Eines Tages wirst du vielleicht auch abhauen. Mehr will ich dazu nicht sagen.«
    »Warum?«
    Charlie gab keine Antwort. Er schaute an Cohen vorbei aus der Hecktür hinaus.
    Cohen zog einige Geldscheine aus der Hosentasche. »Wie viel bekommst du?«
    Charlie schnaubte verstimmt: »Gib mir vierzig.«
    »Das ist aber mehr wert.«
    Charlie warf noch einige Zigarettenpackungen in Cohens Tüte und sagte: »Die kosten nichts.«
    Cohen holte einen Hundert-Dollar-Schein aus der Tasche und reichte ihn Charlie.
    »Ich brauch kein Wechselgeld«, sagte er.
    »Was zum Teufel soll das denn jetzt?«
    Cohen zuckte mit den Schultern. »Was soll ich sonst damit machen? Rechne den Rest doch einem von denen da draußen an.«
    Charlie nahm kopfschüttelnd den Schein entgegen. »Hör dir wenigstens ab und zu an, was im Radio gesagt wird. Du hast doch ein Radio?«
    »Klar hab ich ein Radio«, sagte Cohen, während er die Wasserflaschen, Kisten und Tüten übereinanderstapelte und hochhob. Charlie gab ihm einen Klaps auf den Rücken, als er die Rampe hinunterging.
    »Komm hoch, Alter«, sagte Charlie zu dem Mann mit dem Schild.
    »Die Zeit ist gekommen«, antwortete der.
    »Wirklich? Soll ich schon dichtmachen?«
    Cohen nickte dem Leibwächter zu, als er zu seinem Jeep ging. Er packte die Flaschen, Kisten und Tüten auf die Ladefläche neben die beiden Gasflaschen und zog sich die Strickmütze wieder über. Er warf noch einen kurzen Blick auf den Ozean, dann stieg er in den Jeep, wendete und fuhr wieder zurück. Der Regen war jetzt nicht mehr so schlimm, er fiel sanft und regelmäßig, aber die Wolken im Südwesten verwandelten sich bereits in große schwarze Gebirge. Als es Zeit war, den Highway zu verlassen, hielt er an, machte eine Tüte mit Trockenfleisch auf und klemmte sie sich beim Weiterfahren zwischen die Beine. Ein paar Meilen später, kurz vor der Stelle, wo die Straße überflutet war, sah er den Jungen und das Mädchen wieder. Sie hatte den Arm um seine Schultern gelegt, genau wie vorhin schon. Sie humpelte, und er stützte sie. Als sie den Jeep herankommen hörten, blieben sie stehen und drehten sich um. Cohen hielt wieder an. Er stellte die Tüte mit dem Trockenfleisch auf den Boden und zog die Schrotflinte unter dem Sitz hervor. Dann fuhr er auf sie zu. Er wusste, dass sie ihm zuwinken würden und dass er besser nicht darauf einging. Als er näher kam, hob der Junge den Arm des Mädchens von seinen Schultern und winkte ihm. Das Mädchen brach zusammen.
    Fahr weiter, dachte Cohen, fahr lieber weiter. Dann kam ihm der Gesichtsausdruck des Mannes im Flanellhemd wieder in den Sinn. Ich hab aber diesmal kein Geld. Ich hab gar nichts.
    Er bremste ab und hielt eine Wagenlänge von ihnen entfernt an.
    »Bleibt, wo ihr seid«, rief er.
    Der Junge zog das Mädchen wieder auf die Beine, und sie stützte sich bei ihm ab. Die Baseballmütze war ihr vom Kopf gefallen, und ihre langen schwarzen Haare fielen nass und wirr über Gesicht und Schultern.
    Cohen richtete sich auf, sodass er mit ihnen über die Windschutzscheibe hinweg reden konnte. Bevor er sie ansprach, schaute er sie eingehend an und kam zu dem Schluss, dass sie kaum mehr besaßen als das, was sie am Leibe trugen. Der Wind blies scharf, und das Mädchen verschränkte die Arme, um sich zu wärmen.
    »Was macht ihr hier draußen?«
    »Wir sind unterwegs«, sagte der Junge.
    »Wohin? Ich wüsste nicht, wo man von hier aus hinkommt.«
    »Wir wollen nach Louisiana«, sagte das Mädchen und warf
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