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Nach all den Jahrmilliarden

Nach all den Jahrmilliarden

Titel: Nach all den Jahrmilliarden
Autoren: Robert Silverberg
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Wurzeln den Sand am Boden halten – doch im Augenblick ist es noch nicht soweit. Der Zweck des gegenwärtigen Projekts hier besteht darin, mit Hilfe eines gewöhnlichen Zyklus aus Verdunstung und Kondensation und Niederschlag ein autarkes Wasserversorgungssystem zu schaffen, und entlang des ganzen Horizonts kann man die Hydrolyse-Pylonen sehen, die Tag und Nacht Wasserdampf in Regen verwandeln. Als dadurch hervorgerufene unmittelbare Folge kommt es alle fünf oder sechs Stunden zu einem schauderhaften Wolkenbruch.
    Eigentlich sollte ich nicht zu sehr herumnörgeln. Wenn es nicht zu der Erosion gekommen wäre, die von all dem Regen und dem Wind in letzter Zeit verursacht wurde, dann wäre die Fundstelle der Erhabenen-Artefakte niemals entdeckt worden.
    Ich kann mir dennoch einen angenehmeren Ort für die Durchführung archäologischer Ausgrabungen vorstellen. Die Temperatur hier liegt die ganze Zeit knapp über dem Gefrierpunkt. Der Himmel ist immer nur grau. Die Sonne ist alt und müde, und ihr Licht dringt nur selten durch die Wolken hindurch. Und es gibt keine Städte hier, nur Siedlungen, die nicht hochentwickelter sind als Pionier-Kolonien, keine Entspannungsmöglichkeiten, nichts. Man müßte ein heiliger Asket sein, sollte es einem hier gefallen.
    „Von welchem Nutzen ist dieser Planet für irgend jemanden?“ erkundigte sich Jan Mortenson. „Warum machen sie sich die Mühe, ihn zu terraformen?“
    Steen Steen vermutete, er verfüge vielleicht über radioaktive Erze. Mirrik zermalmte diese dumme Vorstellung und wies darauf hin, daß sich hier keine Metalle befänden, die schwerer als Zinn sind – und auch diese leichten Metalle nicht eben im Übermaß. Pilazinool glaubte an eine gewisse strategische Bedeutung, vielleicht als ein Haltepunkt zum Auftanken oder als Station zur Überwachung der wichtigeren Welten im nächsten Nachbarsystem. Aber Leroy Chang, mit der treuen Angewohnheit aller Harvard-Absolventen, bei jeder sich bietenden Gelegenheit seiner Abneigung der Erde gegenüber Ausdruck zu verleihen, platzte mit seiner eigenen Erklärung heraus, warum dieser Planet den Bedürfnissen der Terraner entsprechend umgewandelt wurde: aus politischen Erwägungen und Habsucht. Wir schnappten ihn uns, sagte er, damit ihn kein anderer mit Beschlag belegen könne. Schlicht und einfach Imperialismus. Und dummer Imperialismus noch dazu, da wir seit der Jahrhundertwende jedes Jahr ein paar Milliarden Krediteinheiten verpulverten, um einen Ort zu unterhalten und zu entwickeln, der keine natürlichen Ressourcen besitzt, kein touristisches Potential und auch keinen anderen wesentlichen Wert.
    Dr. Schein stellte diese Interpretation in Frage, und daraufhin entstand eine politische Diskussion, die alle mit einbezog. Von mir mal abgesehen. Das ist ein Schuh, den ich mir nicht anziehe.
    Mirrik wurde es zu langweilig, als diese Auseinandersetzung ihren Lauf nahm, und er ging davon und begann, die Grasnarbe aufzugraben, einfach nur, um beschäftigt zu sein. Nervös warf er mit seinen Stoßzähnen einige Tonnen Erde zur Seite, starrte in das Loch, das er gegraben hatte, und gab einen dröhnenden Schrei von sich. Wahrscheinlich glaubst du jetzt, er habe rein durch Zufall eine Fundstätte verborgener Erhabenen-Artefakte entdeckt.
    Nun, das hatte er nicht. Aber er hatte etwas gefunden: einen Friedhof der Eingeborenen von Higby V. In einer Tiefe von etwa achtzig Zentimetern hatten die ausgestorbenen Einwohner dieses Planeten rund ein Dutzend ihrer Angehörigen begraben, komplett ausgestattet mit Waffen, beinernen Halsketten und langen weißen Reihen, die wie Zähne aussahen. Die Skelette waren klein und breit, mit großen Hinterbeinen versehen und weiter oben mit kleinen Greifpfoten.
    „Schütten Sie es wieder zu“, ordnete Dr. Schein an.
    Mirrik protestierte. Da wir ohnehin nur herumstanden und auf die Militäreskorte warteten, die uns zu unserem eigentlichen Arbeitsplatz geleiten sollte, wollte er sich die Zeit damit vertreiben, dieses Zeug auszugraben. Die Neugier Saul Shahmoons war ebenfalls geweckt. Aber Dr. Schein wies korrekterweise darauf hin, daß wir hierhergekommen waren, um die Artefakte der Erhabenen auszugraben, und nicht, um unsere Kräfte an den Überbleibseln unbedeutender lokaler Zivilisationen zu verzetteln. Wir hätten nicht das Recht, diesen Ort anzutasten, und es käme einer Art Vandalismus gleich, grüben wir uns dennoch hinein. Denn die Untersuchung stünde rechtmäßig den Archäologen zu, die sich auf die
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