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Nach all den Jahrmilliarden

Nach all den Jahrmilliarden

Titel: Nach all den Jahrmilliarden
Autoren: Robert Silverberg
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im Kerker meines eigenen Schädels.
    „Er kommt wieder zu sich!“ sagte die Stimme Dr. Scheins. „Es scheint mit ihm alles in Ordnung zu sein.“
    Ich schlug die Augen auf. Lang ausgestreckt lag ich auf dem kalten, steinernen Boden der weiten Halle. Alle standen dicht gedrängt und besorgt um mich herum. Saul hatte mir den Verstärker vom Kopf genommen. Jan klammerte sich ängstlich an Pilazinool. Ich versuchte aufzustehen, schwankte benommen und schaffte es erst beim zweiten Anlauf.
    „Gib mir das Ding!“ schrie ich und griff nach dem Verstärker.
    Saul hielt ihn außer Reichweite. „Tom, dieses Gerät kann gefährlich sein!“ sagte Dr. Schein. „Sie wissen nicht …“
    „Sie wissen nichts!“ rief ich und stürzte mich auf Saul, der kapitulierte und mir den Verstärker übergab. Ich vermutete, die anderen müssen geglaubt haben, ich sei verrückt geworden. Erschrocken traten sie von mir zurück. Ich winkte Dihn Ruuu herbei und befahl ihm, mir einen zweiten Verstärker zu geben.
    Der Roboter gehorchte und schob die Aktivierungsplaketten selbst hinein. „Hier“, sagte ich zu Jan. „Setz ihn auf den Kopf!“
    „Nein, Tom, bitte nicht … ich habe Angst.“
    „SETZ IHN AUF“, sagte ich. Und sie setzte ihn auf, bevor irgend jemand sie daran hindern konnte. Ich schob mir den Verstärker ebenfalls auf den Kopf und schloß die Augen. Diesmal spürte ich so gut wie keinen Schmerz mehr, als mein Bewußtsein die Fesseln des Körpers abstreifte, und ich tastete mich hinaus und begegnete Jan.
    Hallo, sagte ich.
    Hallo, entgegnete sie, und unsere Egosphären trafen und vereinigten sich zu einer einzigen.
     
    Das also war die Geschichte von elf Archäologen, die auszogen, um irgendwelche Scherben uralter Artefakte auszugraben und schließlich einen totalen Wandel in der Natur des menschlichen Lebens herbeiführten. Übrigens nicht nur des menschlichen. Die Gedankenverstärker funktionieren bei allen organischen Lebensformen, und somit können zum erstenmal auch Aliens am TP-Netz teilhaben. Allein auf Mirt lagern genug Verstärker, um damit die Bevölkerungen von einem Dutzend Planeten zu versorgen.
    Morgen verlassen wir Mirt. Vielleicht kehren wir nie zurück. Vielleicht wird das, was wir begonnen haben, von anderen zu Ende geführt, während wir uns um andere Fundstellen kümmern. Wir haben Mirt nur besichtigt; etwas anderes zu behaupten wäre Unsinn.
    Wir müssen fort von hier. Wir müssen eine Bestandsaufnahme machen, um einen Überblick darüber zu bekommen, was wir bisher alles entdeckt haben. Erst dann können wir uns an die wirkliche Entschleierung der Geheimnisse der Mirt-Korp-Ahm-Zivilisation machen. Alles ist viel zu schnell gegangen; wir müssen unser Gleichgewicht wiederfinden.
    Heute nachmittag werden Jan und ich eine traurige kleine Wallfahrt unternehmen. Es war ihre Idee. „Wir müssen ihnen danken“, sagte sie.
    „Wie sollen wir das bewerkstelligen? Sie haben alle Verständigungsmöglichkeiten abgestreift.“
    „Das spielt keine Rolle. Wir verdanken ihnen soviel, Tom.“
    „Gut, dann komme ich mit. Nach dem Mittagessen?“
    „Nach dem Mittagessen, ja.“
    Jan wird gleich hier sein. Dann werden wir in die Tiefen von Mirt hinabsteigen. Sie hat recht: Wir verdanken ihnen soviel. Diese Verschmelzung des Bewußtseins, meine neue Fähigkeit, mich zu Lorie hinauszutasten … soviel. Ein letzter Besuch also, um den Mirt Korp Ahm Lebewohl zu sagen und zu versuchen, ihnen für das zu danken, was sie uns hinterlassen haben. Wir werden vor einer Kristallwand stehen und auf einen unfaßbar alten Erhabenen blicken, der sich in den Träumen eines Zeitalters von Größe und Ruhm verloren hat. Und wir werden ihm sagen, daß wir seine Nachfolger sind, jene, die das Universum mit Leben erfüllen, das sie einst besaßen, wir eifrigen kleinen Sucher. Und ich glaube, ich werde ihn bitten, für uns zu beten – wenn die Erhabenen überhaupt zu irgend etwas beteten. Denn ich habe das Gefühl, wir werden eine Menge Fehler machen, bevor wir mit jenen Kräften umzugehen gelernt haben, die uns auf so sonderbare Art und Weise geschenkt wurden.
     
    Jan ist jetzt hier. Wir gehen hinunter zu den Erhabenen.
    Dies ist das Ende des Würfels. Und damit endet noch weitaus mehr: ein ganzes Zeitalter. Wir setzen unsere Verstärker auf. Wir umarmen uns mit unserem Bewußtsein. Ich spüre die Nähe von Lorie und begrüße sie. Sie antwortet mir herzlich.
    Bleib in Verbindung mit uns, sage ich. Wir zeigen dir etwas, das
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