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Mythor - 063 - Die Bestie erwacht

Mythor - 063 - Die Bestie erwacht

Titel: Mythor - 063 - Die Bestie erwacht
Autoren: Giesa Werner K.
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mächtigen Segel begannen zu knallen. Ein paar Sklaven, die irgendwelchen Tätigkeiten auf dem Vorderdeck nachgingen, hoben kurz die Köpfe und arbeiteten dann weiter.
    »Du glaubst, daß du zu alt wirst, Scida?« fragte ein Mann neben ihr.
    Er war der einzige, der sich diesen vertraulichen Ton erlauben durfte, ohne sofort durch sämtliche Decks geschlagen zu werden – der einzige Mann, und selbst von den zwanzig Amazonen, die Scida noch verblieben waren, durften nur drei so zu ihr sprechen.
    Sie sah nach vorn.
    »Ich glaube es nicht, ich weiß es«, erwiderte sie, ohne ihn anzusehen. »Dieser Auftrag ist der Beweis. Zeboa benötigt mich nicht mehr. Bald wird es endgültig vorbei sein. Dann…«
    »Was dann?« fragte Kunak, obgleich er die Antwort kannte. Schon einige Male hatte die alte Amazone, die nahezu siebzig Sommer alt war, dieses Thema berührt.
    »Ich weiß es nicht«, sagte sie mürrisch. »Sklaven sammeln… pah!« Sie spie aus.
    »Auch dafür braucht Zeboa Kriegerinnen und Anführerinnen, die des Kämpfens kundig sind«, sagte Kunak.
    Auf dem Absatz fuhr sie herum. Gerade noch rechtzeitig sah Kunak ihre Faust heranfliegen und wich ihr mit einer leichten Drehbewegung seines Oberkörpers aus. Der Schlag hätte ihn von der Kommandobrücke gefegt.
    Scida lächelte müde. »Du wirst langsam gut«, sagte sie. »Noch vor drei Monden hätte ich dich getroffen.«
    Er neigte nur den Kopf.
    Sie reckte sich wieder empor. Scida war hochgewachsen und fast sieben Fuß groß, dabei aber nicht so breit in den Schultern wie viele andere Amazonen. Dennoch gab es keinen Zweifel daran, daß ihre Kraft beachtlich war. Herb und asketisch war ihr Gesicht, fast schön und damenhaft und unterstrich den Ausdruck ihrer gesamten Haltung, der auf Adel hinwies. Schmal waren die Wangen und erstaunlich glatt die Haut; unter den Amazonen galt sie als eine Schönheit – auch jetzt noch, im hohen Alter, von dem sie selbst nicht genau wissen wollte, wie hoch es wirklich war. In ihren dunklen Augen flammte wieder die wilde Entschlossenheit der Kämpferin von damals auf.
    Scida war voll gerüstet, aber nicht mehr so schwer gepanzert wie andere Amazonen. Nach außen hin wollte sie es nicht zugeben, innerlich aber hatte sie durch die leichte Rüstung den letzten Kampf, den gegen das Alter, bereits verloren.
    Sie trug ein graues Hemd, darüber ein bis zu den Knien reichendes Kettenhemd und darüber einen leichten Brustpanzer, der sie wenig belastete, aber auch wenig schützte und im wesentlichen nur aus zwei Halbkugeln bestand. Sie hatte die Beinschienen und den eupaulettenartigen Oberarmschutz angelegt und beide Schwerter umgegürtet.
    Kunak fragte sich, aus welchem Grund. Zumeist verzichtete Scida auf Arm- und Beinschutz und verließ sich lieber auf ihre langjährige Erfahrung. Wenn sie sich so gerüstet zeigte, deutete das daraufhin, daß sie einer ungewöhnlichen Begegnung entgegensah.
    Ahnte sie etwas?
    Plötzlich streckte sie den Arm aus und deutete nach vorn. »Da«, sagte sie. »Siehst du es?«
    Kunak spähte an ihr vorbei in die angegebene Richtung. Aber er konnte nur weit am Horizont einen dunklen, kaum wahrnehmbaren Schatten erkennen.
    »Das ist Gondaha « , sagte Scida ruhig.
*
    Jewa, die Hexe, erklomm die schmale Stiege zur Kommandobrücke des Stern von Walang. Ihr feuerroter Umhang, dessen Farbe ihre Stellung andeutete, wehte im Wind und gab ihr fast das Aussehen einer großen Libelle.
    Kunak trat zurück, wie es ihm geziemte. Die Hexe, vielleicht zwanzig Sommer jünger als Scida, trat neben die alte Amazone.
    »Die Insel«, sagte sie.
    Die Amazone hob leicht die Brauen. »Was ist damit?« fragte sie ungehalten. Nur unwillig löste sie ihren Blick von der weit am Horizont treibenden Gondaha. Diese Schwimmende Stadt zählte zu denen, die einen festen, immer wiederkehrenden Kurs durch die Meere Vangas beschrieben. Wenn die Karten stimmten, so mußte sich Gondaha vor noch nicht langer Zeit in der Düsterzone aufgehalten haben.
    »Es muß etwas geschehen sein«, sagte die Hexe. »Ich kann es fühlen. Die Insel… sie ist…«
    Scida sah ihre Hexe prüfend an. Jewa, die im achten Rang stand, war Scidas Beraterin. Es war üblich, daß allen kommandierenden Amazonen Hexen zur Seite standen. Das bedeutete nun nicht, daß sich die Amazonen von ihren Hexen die Fäden aus der Hand nehmen ließen – aber meist war es ratsam, den Vorschlägen jener zu folgen.
    »Du meinst, es sei nötig, zu erforschen, was dort geschah?« fragte die alte
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