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Mythor - 049 - Der Drachensee

Mythor - 049 - Der Drachensee

Titel: Mythor - 049 - Der Drachensee
Autoren: Peter Terrid
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sie genaue Vorstellungen darüber, in welche Richtung sie zu reiten hatten – die Fährte bewies, dass sie ohne Zögern in vollem Galopp geritten waren.
    Unwillkürlich beschlich Mythor das böse Gefühl, dass er schon einmal mit diesen Reitern zu tun gehabt hatte. Es war eine Ahnung, nicht mehr, aber sie verkündete Unheil. »Weiter!« sagte Mythor.
    Wegstunde nach Wegstunde wurde zurückgelegt. An der Szenerie änderte sich nichts. Stumm wälzte sich der Nebel über das Land, schweigend marschierten die vier über den kalten Boden. Die feuchte Kühle durchsetzte nach und nach die gesamte Kleidung und legte sich mit ersten Schauern auf die Haut, Tageszeiten schien es nicht zu geben, sie flossen zu einem einheitlichen Begriff zusammen – entweder schien es in dieser Gegend trübe zu sein oder stockfinster. Ein Mittelding schien kaum vorstellbar.
    Es musste gegen Abend sein, als die vier ein Ziel erreichten.
    Sie hörten leises Plätschern und blieben stehen. Der Klang blieb, und jetzt hatten sie ein zumindest hörbares Ziel. Nach kurzer Zeit war die Quelle des Geräusches erreicht.
    »Ein See«, stellte Mythor fest. »Vielleicht sogar ein richtiges Meer.« Wie groß der See war, vermochte keiner zu sagen. Auch er wurde von dichtem Nebel bedeckt.
    Mythor kniete am Ufer nieder und schöpfte von den kleinen Wellen. Das Wasser war kühl und klar, es schmeckte nicht salzig, auch nicht bitter. Vermutlich konnte man es ohne Gefahr trinken.
    »Kennst du diese Gegend?« fragte Mythor seinen Rafher-Gefährten.
    No-Ango starrte an Mythor vorbei hinaus auf den See.
    »Dort«, sagte er und wies mit der Hand auf die Nebelwand, die den Blick hinderte. »Irgendwo dort liegen die Ruinen von Erham. Dies ist der See, der das Tal überschwemmt und die Bewohner ersäuft hat. Es heißt, dass man ihr Klagen noch hören kann an Tagen, an denen das Böse überhandzunehmen droht.«
    Mythor versuchte sich vorzustellen, wie ein solcher Tag aussehen mochte – noch dazu vor diesem Naturschauspiel. Niemals zuvor hatte er eine Landschaft gesehen, die so verschlossen und unnahbar gewesen war wie dieser nebelüberladene See, der schweigend dalag, Verlockung und Drohung zugleich. Dies war der richtige Schauplatz für den Kampf zwischen den Mächten des Lichtes und den Kräften der Finsternis, so jedenfalls schien es Mythor. Er fröstelte.
    »Ob man hier ein Feuer machen kann?« wollte Sadagar wissen.
    »Es müsste Treibholz geben oder angeschwemmte trockene Seepflanzen«, vermutete Hrobon. »Suchen wir danach.«
    Sadagar und Hrobon machten sich an die Arbeit. No-Ango blieb am Ufer des Sees stehen und sah hinaus aufs Wasser.
    »Woran denkst du?«
    »Kälte«, sagte der Rafher leise. »Dunkelheit, Angst. Ich fühle keine Kraft mehr in mir.«
    Mythor runzelte die Stirn. So hatte er No-Ango nie zuvor reden hören.
    »Es ist wie ein Abschied«, sagte No-Ango, ohne Mythor anzusehen. »Ich weiß es.«
    »Woher?«
    »Ich fühle es«, sagte No-Ango. »Und wahr ist nur, was wir fühlen – alles andere ist Täuschung.«
    »Einsicht?«
    »Gefühl. Irgendwo dort vorn ist ein Platz, und ich werde diesen Platz erreichen. Verlassen werde ich ihn nicht.«
    Mythor schwieg. Es hatte wenig Sinn, mit dem jungen Rafher zu argumentieren. Es gab Augenblicke, in denen No-Ango der Erkenntnis näher war als jeder seiner Begleiter, und dies schien einer dieser Augenblicke zu sein. Dass No-Ango erst siebzehn Sommer gesehen hatte, zählte in diesem Augenblick nicht.
    »Kannst du mehr sagen?«
    No-Ango bewegte verneinend den Kopf. »Später vielleicht, jetzt nicht.«
    »Lagern können wir hier nicht sehr lange«, stellte Sadagar fest. Er schichtete Treibholz aufeinander und versuchte sich in der Kunst, mit unzulänglichen Mitteln in dieser feuchten Kälte Feuer zu machen. Erst nach vielen Versuchen zeigte sich das erste Glimmen.
    »Wir können von allen Seiten angegriffen werden«, setzte er hinzu; er blies vorsichtig auf die Glut, um sie heller und heißer zu machen. Die Männer sehnten sich nach Wärme, vor allem nach trockener Kleidung.
    »Auf der anderen Seite kann uns des Nebels wegen niemand sehen, folglich auch nicht angreifen«, versetzte Mythor.
    »Hoffentlich hast du recht«, murmelte Sadagar zweifelnd.
    Das Feuer begann die ersten offenen Flammen zu zeigen, verheißungsvoll knisterten die Scheite.
    »Wie ich es mir gedacht habe«, knurrte Hrobon. »Da sind sie wieder.«
    Mythor sah auf. Schwarze Schemen im Grau des Hintergrunds, Krächzen schallte aus dem Nebel, das
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