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Mythor - 036 - Die Inseln der Verfemten

Mythor - 036 - Die Inseln der Verfemten

Titel: Mythor - 036 - Die Inseln der Verfemten
Autoren: Peter Terrid
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worden waren? Oder hatte das Wasser diese Gänge geschaffen?
    Mythor sah die gähnende Öffnung. Er zögerte nicht und deutete hin. »Dorthin«, sagte er.
    Cepran zerrte den halbirren Coromanen hinter sich her. Gemeinsam betraten sie den Stollen.
    *
    Im gleichen Augenblick änderte sich mit einem Schlag das Geräusch, das die drei während des Abstiegs begleitet hatte.
    Das Tosen des vorbeischießenden Wassers veränderte sich mit unglaublicher Schnelle, und als Mythor den Blick wandte, sah er, wie das Wasser in den Graben hineinzuströmen begann.
    Hoch schäumte die Gischt auf, als die Fluten über den Graben hereinbrachen.
    Cepran stieß einen Schrei des Entsetzens aus, der von den Wänden des Stollens fürchterlich zurückgeworfen würde und als grauenerfülltes Heulen jeden Winkel durchdrang. Der dritte Coromane, schon halb umsponnen von alptraumhaften Hirngespinsten, verlor jetzt völlig den Verstand.
    »Das ist das Ende!« schrie Cepran. Von Todesfurcht gepackt, rannte er davon, blindlings hinein in die Höhlenwelt, in der ihm kein anderes Schicksal beschieden sein konnte als das, elendiglich ersäuft zu werden.
    Mythor stand starr. Er rührte sich nicht, wartete auf das Wunder.
    Weiß schäumend peitschte die Flutwelle heran und vorbei. Es war ein Anblick, der das Mark in den Knochen erstarren lassen konnte. Hoch und höher türmte sich das Wasser, aber es benetzte nicht Mythors Fuß. Die Flut füllte den Graben, tobte schäumend hindurch, kein Tropfen erreichte jedoch die Höhle, in der Mythor stand.
    Mythor blieb stehen, um das Schauspiel verfolgen zu können. Von hellem Grün war die Wand aus Wasser, die sich vor seiner Höhle auftürmte, schaumgekrönt. Mythor konnte Lebewesen sehen, die sich mit dem Wasser bewegten, Fische, Pflanzen, aber auch jene Schreckensgestalten, mit denen er auf der Hängebrücke zu kämpfen gehabt hatte.
    Er streckte die Hand aus. Er wollte diese wässrige Wand berühren, aber dann zog er die Rechte wieder zurück. Vielleicht genügte eine solche Bewegung, das seltsam schaurig-schöne Schauspiel zu zerstören, die Wand zerfließen zu lassen.
    Auf der anderen Seite überfiel Mythor ein ausgesprochen unangenehmer Gedanke. Er kam sich plötzlich vor wie einer, der gemütlich über die herabgelassene Zugbrücke in eine Burg hineinspaziert war und nun hinter sich das Fallgitter hatte herabrasseln hören. Möglich, dass die Wasser Mythor vor den Cirymern und ihrer Wut schützten – wahrscheinlicher war, dass diese Wand aus Wasser ihn von dem Rest der Welt abschloss, ihn einsperrte und zum Gefangenen machte.
    Er zuckte mit den Achseln. Was konnte er nun daran ändern? Nichts, jedenfalls vorerst nicht. Wenn es eine Möglichkeit gab, dieser Falle zu entgehen, so war Mythor zuversichtlich, dass er diesen Weg würde finden können.
    »Cepran!« rief er. Höhnisch hallte der Name von den Wänden zurück, aber eine Antwort kam nicht.
    Mythor sah ein, dass er nichts gewann, wenn er an diesem Ort stehenblieb und auf Cepran und den anderen Coromanen wartete. Ob das Erscheinen der Wassersperre Zufall war, Einladung oder das Zuschnappen einer Falle, Mythor konnte vorerst daran nichts ändern.
    Er konnte nicht einmal sicher sein, dass die beiden Coromanen überhaupt noch lebten. Wer so furchterfüllt davonstob, büßte leicht Leib und Leben ein.
    Wenn er auch sonst nichts wusste von den Geheimnissen, die es unter der Oberfläche der Lichtsplitterinseln zu finden und vielleicht zu lösen gab, eines stand in jedem Fall fest: Der Tod war hier allgegenwärtig.
    *
    Mythor behielt das Schwert in der Faust. Es gab niemanden, gegen den er Alton hätte schwingen können oder müssen, aber er gedachte nicht, arglos in eine Falle zu tappen. Um ihn herum war Gefahr.
    Sie schwebte gleichsam in der Luft. Eine seltsame, beklemmende Stimmung lag über den Gefilden, die Mythor zu sehen bekam. Es war wirklich eine Welt inmitten der Welt, ein kleiner Kosmos unterhalb der Lichtsplitterinseln. Niemand vermochte zu sagen, wie diese Welt entstanden war, wer sie geschaffen hatte, wer sie jetzt noch am Leben hielt. Es gab sie, und das genügte.
    Pflanzen sah Mythor. Tausende von Pflanzen. Mythor war kein Heilkundiger, der sich mit Kräutern auskannte; es genügte ihm an Kenntnissen, was ein Krieger brauchte, um in der Wildnis überdauern zu können. Aber auch mit seinen mangelhaften Kenntnissen der Pflanzenwelt war Mythor sehr bald klargeworden, dass er niemals etwas Ähnliches gesehen hatte wie diese grüne Schattenwelt
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