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Mystic City 2. Tage des Verrats (German Edition)

Mystic City 2. Tage des Verrats (German Edition)

Titel: Mystic City 2. Tage des Verrats (German Edition)
Autoren: Theo Lawrence
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Kendostock fallen, hebt die Hände und ballt die Fäuste. Dann lässt sie die Arme bis knapp unters Kinn sinken. »Das ist die richtige Position.«
    Ich tue es ihr nach. »Okay.«
    »Stell dir vor, ich greife dich an und renne auf dich zu. Du kannst nicht fliehen, sondern musst dich verteidigen. Also nimmst du diese Haltung ein … und dann?«
    Nach kurzem Nachdenken antworte ich: »Ich schlage zu?«
    Shannon schüttelt den Kopf. Ihr roter Pferdeschwanz wippt hin und her. Sie scheint kaum zu schwitzen.
    »Warum nicht?«
    Ihre Augen blitzen auf. »Versuch mich zu schlagen.«
    Sie rennt auf mich zu. Ich lasse meine Faust vorschnellen, doch sie drückt meinen Arm einfach zur Seite und rammt mir ihr Knie in den Bauch. Ich klappe zusammen und falle wieder zu Boden.
    »Aua!« Ich halte mir den Bauch. »Spinnst du? Macht es dir etwa Spaß, anderen Leuten wehzutun?«
    Shannon grinst breit. »Genau das ist der Grund, weshalb du nicht zum Schlag gegen deinen Gegner ausholen solltest: Du bist zu schwach. Was bringen die euch da oben eigentlich bei? Kämpfen jedenfalls nicht.« Sie blickt hinauf in die Weite. Die Skyline können wir von hier aus natürlich nicht sehen, aber ich weiß, was sie meint.
    »Wir lernen schon zu kämpfen. Aber nicht mit Händen und Füßen.« Ich wälze mich herum, richte mich auf und wische mir über die Rückseite der Oberschenkel. Wenn Shannon wüsste, wie mein Leben bis vor ein paar Wochen ausgesehen hat: Shopping mit meinen Freundinnen Kiki und Bennie, Partys und Essen gehen, ständiges Bedientwerden. Dann würde sie mich nur noch mehr hassen.
    Shannon lacht. »Dass ihr nicht Mann gegen Mann kämpft, sieht man.« Sie streckt die Hand aus und zieht an meiner Halskette. Daran hängt das herzförmige Medaillon, das mir Patrick Benedict geschenkt hat. Auch er war ein Verbündeter, der im Kampf gefallen ist. »Ganz matt«, sagt sie und streicht über das angelaufene Silber. »Bei dir hätte ich was Schickeres erwartet.«
    »Tut mir leid, wenn ich dich enttäusche«, gebe ich zurück. Plötzlich bin ich müde. Alles tut mir weh: die Oberschenkel, der Rücken, jedes Glied meines Körpers. »Ich wusste gar nicht, dass wir hier in Wahrheit eine Modenschau veranstalten.«
    Mein Blick schweift hinüber zu dem dreistöckigen weißen Gebäude, das früher zu einer Farm gehörte. Niemand würde von hier aus vermuten, dass dort fünfzig Mystiker auf engstem Raum zusammenleben. Dies ist eines der Rebellenzentren außerhalb von New York. Wie auch die anderen Stützpunkte dient es den in der Stadt lebenden Mystikern als Zuflucht und Versorgungsbasis zugleich. In New York kämpfen Jung und Alt gegen die Horstbewohner und für ihre Rechte. Obwohl nur spärliche Informationen über den Aufstand zu uns dringen, eines wissen wir: dass es viele Opfer gab und die Quartiere in der Tiefe beinahe völlig zerstört sind. Manhattan, wie ich es kannte, existiert nicht mehr.
    »Sind wir fertig für heute?«
    »Noch lange nicht.« Shannon hebt ihren Kendostock so behände auf, als wäre er eine Feder. »Üben wir den Beinblock.«
    Ich will gar nicht wissen, was das ist.
    »Stell dir vor, ich greife an.« Shannon lehnt sich nach hinten und hebt den Stock über den Kopf. Das Sonnenlicht lässt ihre braunen Augen strahlen. Sie wirkt auf einmal beinahe freundlich. Doch der Schein trügt.
    »Wenn du meinen Schlag vorausahnst«, erläutert sie, »kannst du ihn parieren und meine Waffe abwehren. Versuchen wir es mal.«
    Ich hebe die Hand, um meine Augen vor der Sonne abzuschirmen. »Versuchen? Was?«
    Ohne zu antworten, zieht Shannon den Arm herunter und trifft mich am linken Schienbein.
    »Was zur Hölle …«
    »Schon wieder zu langsam.« Sie kneift die Augen zusammen. »Wenn ich richtig zugeschlagen hätte, wärst du gefallen, und das hätte für dich das Aus bedeutet.«
    Shannon legt den Kopf schief. Sie macht es einem wirklich leicht, sie zu hassen. Sie ist nicht nur unglaublich von sich eingenommen, sondern auch noch schön auf eine Art, wie ich es niemals sein werde: Sie wirkt hart, wo ich weich bin, dunkel, wo ich hell bin. Eigentlich weiß ich kaum etwas über sie: woher sie stammt, zu welcher Familie sie gehört, was ihre Vorlieben sind oder ob sie einen Freund hat. In all den Wochen, die ich zusammen mit ihr verbracht habe, hat sie es geschafft, nicht das Geringste über sich preiszugeben. Stattdessen verprügelt sie mich lieber – im Namen der »Revolution«.
    »Hunter hatte bestimmt was ganz anderes im Sinn, als er mich
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