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Mutter, wann stirbst du endlich?: Wenn die Pflege der kranken Eltern zur Zerreißprobe wird (German Edition)

Mutter, wann stirbst du endlich?: Wenn die Pflege der kranken Eltern zur Zerreißprobe wird (German Edition)

Titel: Mutter, wann stirbst du endlich?: Wenn die Pflege der kranken Eltern zur Zerreißprobe wird (German Edition)
Autoren: Martina Rosenberg
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meine Mutter die größte Entspannung und ein tägliches Highlight – mal abgesehen vom Krimiabend im Fernsehen. Sie liegt jeden Tag eine Stunde auf der Couch und vertieft sich in eines ihrer Bücher, während mein Vater nebenan ein kleines Mittagsschläfchen hält. Doch unsere Tochter hat ihre eigenen Ideen und macht gern, was sie will. Sie entwischt aus unserer Wohnung und schleicht auf Zehenspitzen nach unten zu ihren Großeltern. Leise öffnet sie die Tür.
    »Kuckuck! Oma, schläfst du?«, flüstert sie.
    Aber meine Mutter hat sie längst gehört und geht rasch zur Tür, damit mein Vater nicht aufwacht. »Na, du kleine Schalore«, begrüßt sie ihre Enkeltochter.
    Jetzt ist Lena sicher, dass sie gewonnen hat, denn »Schalore« sagt Oma nur, wenn sie nett zu ihr ist. Meine Mutter ist selten ungehalten mit Lena und hat immer ein offenes Ohr für sie. Andererseits achte ich sehr darauf, dass die Kleine ihre Großeltern nicht allzu sehr stresst. Die Nerven ihres Opas sind schon lange nicht mehr die besten, und er schafft es nie, uns zu sagen, wenn es ihm zu viel wird. Eine Eigenschaft, die der gesamten Familie immer wieder zu schaffen macht.
    Heute aber gelingt es der kleinen Lena mal wieder, ihre Großmutter um den Finger zu wickeln. So kommt es, dass meine Mutter ihr Buch weglegt und das dicke Märchenbuch holt, um ihr daraus vorzulesen. Es dauert nicht lange, bis die ungewöhnlichen Geräusche aus dem darunterliegenden Wohnzimmer bei mir in der Küche oben ankommen.
    Sogleich begreife ich, dass unsere Tochter nicht mehr im Kinderzimmer spielt. Schnell laufe ich nach unten und sehe, was ich schon ahnte. Verdammt, sie hat mich wieder reingelegt!
    Obwohl das Sofa sehr breit ist, sitzt Lena mit ihrer geliebten Oma am obersten Ende und kuschelt sich noch enger an sie, als sie mich sieht. Zu Recht fürchtet sie sich vor meinem Ärger. Ein gequältes Lächeln macht sich auf meinem Gesicht breit.
    »Tut mir leid, Mutti. Ich hab es gar nicht gehört, dass Lena ausgebüxt ist.«
    »Das ist schon in Ordnung«, sagt meine Mutter zu mir. »Ich hab das mit Lena schon geklärt. Nicht wahr, Lena?«
    »Ja. Ganz klar!«
    Eifrig nickt Lena in meine Richtung und grinst fast ein bisschen schadenfroh. Na, komm du mir nach Hause, denke ich. Ich schnappe, höflich grinsend in Richtung meiner Mutter, ihren Arm und drücke ein wenig fester zu.
    »Kommst du bitte mit?«, fletsche ich durch die Zähne.
    Sie verzieht das Gesicht zum Weinen, geht dann aber (fast) freiwillig mit.
    In unserer Wohnung angekommen, erkläre ich ihr, warum ich so gereizt bin: »Oma und Opa brauchen ihren Schlaf. Ich muss mich auf dich verlassen können«, schimpfe ich mit ihr. »Du musst lernen, Rücksicht zu nehmen. Wir wohnen in einem Haus zusammen und müssen einander respektieren.«
    Lena sieht mich geknickt an. »Ja, Mama! Ich mach das nicht mehr. Großes Indianerehrenwort!«
    Sie ist mittlerweile sieben Jahre alt und versteht schon sehr gut, warum Oma und Opa ihre Ruhezeiten brauchen. Ich mag diese Situation nicht, in der meine Tochter dafür sorgt, dass ich ein schlechtes Gewissen haben muss. Aber das kann sie nicht verstehen. Es erinnert mich an die Zeit, in der ich noch die zu erziehende Tochter war und meine Mutter mich oft maßregelte. Damals hatte ich das Gefühl, ich könne es ihr nie recht machen. Selbst heute, zwanzig Jahre später, taucht dieses Gefühl wieder auf, und es wird mein ständiger Begleiter bis zum Schluss bleiben. Ich will, dass sie mich trotz unserer Unterschiedlichkeit so akzeptiert, wie ich bin, und möchte ihr beweisen, dass ein Leben, wie ich es führe und geführt habe, für mich richtig ist. Dass es verschiedene Lebensmodelle gibt und nicht nur das eine, das meine Eltern kennen.
    Im Teenageralter hatte meine Mutter schon immer tolle Ratschläge für mich: »Liebe ist wichtig, aber Kind, du musst auch sehen, dass dein Mann regelmäßig Geld verdient.«
    Dieser Tipp kam genau zu dem Zeitpunkt, als ich mich Hals über Kopf in einen Surflehrer verliebt hatte. Meine Güte, das war damals völlig unwichtig für mich. Überhaupt dachte ich, dass ich selbst mein Geld würde verdienen können. Meine Mutter drängte mich auch dazu, einen sozialen Beruf zu erlernen. Büroarbeit fand sie immer sehr langweilig und trist. Interessanterweise entwickelte ich mich später genau in diese Richtung. Absicht oder Zufall? Angeblich wollen sich alle Kinder von ihren Eltern abheben. Dennoch bin ich überzeugt, dass meine Mutter und ich einfach total
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