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Mutter, wann stirbst du endlich?: Wenn die Pflege der kranken Eltern zur Zerreißprobe wird (German Edition)

Mutter, wann stirbst du endlich?: Wenn die Pflege der kranken Eltern zur Zerreißprobe wird (German Edition)

Titel: Mutter, wann stirbst du endlich?: Wenn die Pflege der kranken Eltern zur Zerreißprobe wird (German Edition)
Autoren: Martina Rosenberg
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ausstößt. Mach dir keine Sorgen.«
    So schnell sie sich aufregt, beruhigt sie sich auch wieder. Später schläft sie vor Erschöpfung auf zwei zusammengestellten Stühlen ein.
    Hinter uns liegen zwölf Jahre Kreta. Die finanzielle Stabilität, die ein Paar, besonders wenn das erste Kind da ist, braucht, kann Griechenland uns nicht mehr bieten. Die letzten Jahre waren turbulent. Wir wussten nie, ob wir am kommenden Tag vielleicht pleite sein würden und unsere Rechnungen nicht mehr zahlen könnten. Damit wird jetzt Schluss sein. Jens und ich wollen zurück nach Deutschland und eine stabile Zukunft für unsere kleine Familie aufbauen.
    Die Entscheidung
    Im Winter zuvor war die Entscheidung gefallen. Wir saßen mit meinen Eltern bei einem Glas Wein in deren Wohnzimmer und erzählten Geschichten aus Kreta. Auch, dass wir einen Umzug nach Süddeutschland planen.
    »Na dann«, meinte meine Mutter. »Wenn ihr möchtet, könnt ihr in die Wohnung in den ersten Stock ziehen. Dein Bruder will ausziehen, er hat vor zu bauen.«
    Verschmitzt schaute sie zu meinem Vater hinüber, der wie unbeteiligt in sein Weinglas grinste. Jens und ich waren überrascht. Die Wohnung würde frei! Was für ein Zufall.
    »Wie hoch soll denn die Miete sein?«, wagte ich zu fragen.
    »Nun, wir finden eine faire Lösung«, sagte meine Mutter.
    Später am Abend, wir saßen allein in der Dachgeschosswohnung, diskutierten wir das Angebot. Ich schaute durch die Balkontür auf die Lichter am gegenüberliegenden Ufer des Sees. Sollten wir tatsächlich in das Haus einziehen, in dem ich groß geworden war?
    »Ich bin mir nicht sicher, ob es klappen wird mit meinen Eltern«, begann ich.
    »Ich habe meinerseits keine Bedenken«, konterte Jens. »Aber letztendlich bist du diejenige, die entscheiden muss, ob sie hier langfristig wieder wohnen will.«
    Die ganze Nacht lag ich wach, und meine Gedanken kreisten um diese eine Sache. Meine Freiheit in Kreta habe ich genossen, dennoch haben mich die Großfamilien in Kreta beeindruckt. Ich dachte an meine griechischen Freunde. Viele von ihnen wohnten mit den Eltern, Großeltern und Kindern in einem Haus. Das Modell des Mehrgenerationenhaushalts unter einem Dach funktionierte gut in Griechenland. Jede fünfte Familie lebte dort mit mindestens zwei Generationen unter einem Dach.
    Beim Frühstück konfrontierte ich Jens mit meinen Überlegungen: »Eine Zweckgemeinschaft mit meinen Eltern kann ich mir schon vorstellen. Wir helfen uns gegenseitig und profitieren beide davon. Das könnte mir gefallen. Ich denke, wir werden uns vertragen.«
    Er strich gerade das Marmeladenbrötchen für Lena, die ihn dabei aufmerksam beobachtete.
    »Wir übernehmen die Wohnung und sehen dann, ob es uns gefällt und ob wir mit der Situation zurechtkommen«, sagte Jens. »Es muss ja nicht für immer sein.«
    Selbstverständlich musste nichts für die Ewigkeit sein. Da waren wir uns schon immer einig gewesen. Und eine Großfamilie könnte auch in Deutschland funktionieren. Bisher lebte hier nur etwa eine von hundert Familien auf diese Art zusammen, wir waren uns schnell einig, dass wir diese Quote erhöhen wollten. Noch am Frühstückstisch trafen wir unsere Entscheidung gemeinsam mit unserer Tochter, die wie erwartet begeistert auf die Nachricht reagierte, obwohl sie in ihrem Alter die Tragweite kaum begreifen konnte. Im November war Ende der Saison in Griechenland, die meisten Hotels schlossen, und wir könnten zurück nach Deutschland und die Wohnung übernehmen.
    Hastig trank ich meinen Kaffee aus, ich wollte nicht mehr warten, es meinen Eltern mitzuteilen.
    »Ich geh mal runter und sag ihnen Bescheid«, rief ich Jens zu und war schon weg.
    »Das ist ja prima!« Meine Mutter wirkte erleichtert. »Da freue ich mich wirklich.«
    Plötzlich ging mir ein Gedanke durch den Kopf: Was wäre gewesen, wenn wir Nein gesagt hätten? Hätte ich das überhaupt gewagt? Ein Mieter wäre laut meiner Eltern überhaupt nicht infrage gekommen!
    »Was hättet ihr denn eigentlich gemacht, wenn wir die Wohnung nicht übernommen hätten?«, fragte ich dann doch.
    »Och«, gab meine Mutter zurück, »da will ich gar nicht drüber nachdenken.« Geschäftig bearbeitete sie mit dem Trockentuch das Geschirr.
    »Wir hätten das Haus verkauft!«, rief mein Vater und grinste mal wieder.
    Er saß im Esszimmer und las Zeitung. Ich habe immer den Eindruck, er hört gar nicht zu, aber völlig unerwartet kommt dann ein bissiger Kommentar von ihm.
    »Das wäre tatsächlich auch
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