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Mutter, wann stirbst du endlich?: Wenn die Pflege der kranken Eltern zur Zerreißprobe wird (German Edition)

Mutter, wann stirbst du endlich?: Wenn die Pflege der kranken Eltern zur Zerreißprobe wird (German Edition)

Titel: Mutter, wann stirbst du endlich?: Wenn die Pflege der kranken Eltern zur Zerreißprobe wird (German Edition)
Autoren: Martina Rosenberg
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schafft es meine Mutter mit meiner und der Hilfe meines Vaters wieder auf die Beine. Außer ein paar blauen Flecken hat sie keinen größeren Schaden erlitten.
    »Bist du sicher, dass du okay bist?«, frage ich besorgt.
    »Ja, ganz bestimmt«, gibt sie zurück und lächelt mich an.
    Während ihr die Situation sichtlich peinlich ist, mache ich mir Sorgen. Wieso ist sie einfach umgefallen? Ist sie wirklich nur umgeknickt, wie sie behauptet? Meine Mutter versucht, die Sache herunterzuspielen, und ich hake nicht weiter nach.
    »Komm, ich helfe dir noch ein wenig in der Küche«, schlage ich vor.
    Gemeinsam machen wir Ordnung, bevor ich wieder nach oben gehe.
    »Na, alles okay bei deinen Eltern?«, fragt mich Jens.
    »Ich weiß nicht. Es war ganz komisch. Mutter hatte wohl einen kleinen Ohnmachtsanfall«, antworte ich. »Sie sieht irgendwie verwirrt aus. Ich glaube, wir sollten heute lieber zu Hause bleiben.«
    Unsere Tochter verzieht sofort das Gesicht zum Weinen. »Ich hab mich schon so gefreut«, ruft sie und drückt die erste Träne raus. »Das ist gemein!«, empört sie sich.
    »Aber Mäuslein, der Oma geht es nicht so gut. Du willst doch auch nicht, dass ihr etwas passiert und wir nicht da sind, oder?«
    Das ist ein echtes Dilemma für unsere mittlerweile achtjährige Tochter. Nein, das will sie natürlich nicht, aber auf das Schwimmen verzichten will sie auch nicht.
    »Weißt du was?«, mischt sich mein Mann ein, »wir gehen einfach ohne Mama.«
    Lena zeigt sich begeistert von dieser Idee. Ich hingegen versuche, ein Lächeln hervorzubringen, um meine Enttäuschung zu verbergen. Doch ich sehe ein, dass dies die beste Lösung für alle ist, und stimme zu.
    An diesem Tag gibt es keine weiteren Vorfälle mehr.
    Am nächsten Tag klopfe ich kurz vor Mittag bei meinen Eltern an. Ich will sehen, wie es ihnen geht, da ich den Eindruck habe, dass die Stimmung bei ihnen nicht so gut ist.
    Meine Mutter streckt den Kopf aus der Küchentür und fragt mich sofort: »Hast du zufällig unseren Haustürschlüssel mitgenommen?«
    »Nein, ich habe doch meinen eigenen Schlüssel«, antworte ich.
    In letzter Zeit hat sie ihren Schlüssel öfter verlegt. Oder bilde ich mir das bloß ein? Passiert mir das nicht auch manchmal?
    Meine Mutter kann es nicht glauben: »Na ja, irgendwer muss ihn ja genommen haben, denn er ist nicht hier!«, erwidert sie gereizt.
    »Du fragst mich so, als ob du mir die Schuld geben willst«, erwidere ich.
    »Ich frag doch nur«, meint sie.
    Jetzt kommt mein Vater dazu und schimpft. »Den ganzen Tag suchen wir etwas. Ich werde noch wahnsinnig.«
    Damit die Situation nicht weiter eskaliert, beteilige ich mich an der Suche. Ich wühle in Taschen, Jacken und Schubladen. Irgendwann werde ich fündig. Der gesuchte Haustürschlüssel steckt im Schloss.
    »Wer macht denn so was?«, entfährt es meiner Mutter.
    Diese Frage will ich nicht weiter verfolgen, und so verabschiede ich mich höflich. Mein Vater brummelt etwas vor sich hin, das sich anhört wie: »Der Heilige Geist war’s wahrscheinlich«, während ich schnell die Tür hinter mir schließe. Puh! Schlechte Stimmung kann ich am Wochenende gar nicht brauchen.
    Die Vorfälle häufen sich. Mal sucht sie den Schlüssel, mal ihre Hausschuhe oder die Fernbedienung des Fernsehers. Immer wieder verlegt sie etwas, mehrmals am Tag sind sie und mein Vater auf der Suche nach irgendwelchen Dingen. Eine ungewöhnliche Situation für meine Mutter, die immer sehr großen Wert auf Ordnung gelegt hat.
    Ursprünglich hatte alles mal seinen Platz. Die Schlüssel lagen im Schlüsselkasten, der Geldbeutel war stets in der Handtasche, und der Regenschirm stand immer hinter der Tür. Es kostet mich Geduld auszuhalten, dass ich dauernd unter Verdacht stehe. Meine Mutter lässt es offen, ob sie mir glaubt oder nicht. »Na ja … wenn du meinst«, ist immer öfter ihr Kommentar. Schon ihre Stimme verrät, dass sie äußerst unsicher ist, ob ich nicht doch dies oder jenes in meiner Tasche habe. Sie kann sich nicht erklären, wo all die Dinge bleiben. Denn wer, wenn nicht ich, hat den Schlüssel, die Hausschuhe oder ihr Taschentuch benutzt?
    Abends erzähle ich Jens davon. »So langsam geht mir das auf die Nerven. Dauernd beschuldigt mich meine Mutter, irgendwelche Dinge verlegt oder genommen zu haben. Das ist doch nicht normal, oder?«, beschwere ich mich.
    »Ach, das darfst du nicht so ernst nehmen. Sie meint das bestimmt nicht so«, versucht er mich zu beruhigen. »Im Alter werden die
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