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Mutter des Monats

Mutter des Monats

Titel: Mutter des Monats
Autoren: Gill Hornby
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Komitee es auch so sieht, aber so würde ich es ausdrücken. Ja, Mrs Mason.« Er verschluckte sich fast und schien ein wenig aus der Fassung. »Sie sind wichtiger als das Komitee.«
    Wollte er sich über sie lustig machen? Sie war nicht sicher, aber egal. Nachdem sie sich gegenseitig gedankt hatten, verließ Rachel das Büro. Diesmal konnte ihr der böse Blick der muffigen Sekretärin nichts anhaben.
    Sie rauschte den Gang entlang, verschloss die Nase vor dem Schulmief am Nachmittag und trat ins Tageslicht hinaus. Da stand Georgina, die Ärmel ihres Riesenpullovers über die Hände gezogen, die mageren gekreuzten Beinchen in viel zu weiten Jeans, und sah ihren Kindern und Poppy an den Kletterstangen zu. Rachel eilte auf sie zu, die Faust zu einer ironischen Triumphgeste in die Luft gereckt, und wollte gerade zu einem ironischen »Yessss!« ansetzen, als sie Georginas Gesichtsausdruck sah. Da war was im Busch.
    Bea hatte sich wieder unter dem Baum eingefunden, und heute war die Menge sogar noch größer: Mütter, Väter und viele ältere Kinder. Alle schwiegen.
    »Es geht um Laura«, flüsterte Georgina. »Du weißt schon, die Mutter der Zwillinge in der Dritten. Ist letzte Nacht gestorben. Brustkrebs. Bea hat es gerade erst erfahren. Dave hatte seinen gesamten Urlaub genommen, als sie krank wurde, der Arme, deshalb ist er jetzt richtig am Rotieren. Bea stellt einen Notfallplan für die nächsten Monate auf – Kinder zur Schule bringen und abholen, Essen kochen, zu den Pfadfindern bringen und abholen – solche Sachen.«
    Rachels Arm war noch immer erhoben, kurz vor dem Triumphschlag. Schnell zog sie ihn zurück und vergewisserte sich hektisch, dass es niemand bemerkt hatte. Nein. Sie schlang die Arme um den Körper. Keiner nahm Notiz von ihr. Alle waren in ihrer Trauer vereint und schauten zu Bea auf. Georgina legte Rachel den Arm um die Schulter und sagte sanft: »Komm.« Sie stützten sich gegenseitig, gingen Seite an Seite zum Baum und reihten sich in die trauernde Gemeinschaft ein.

Mittagessen bei Georgina
8.50 Uhr: Vor Schulbeginn
    Der Oktobermorgen war hell und frostig. Sie stiegen den Hügel hinauf, die Dosen für das Erntedankfest in den Taschen der Kinder klirrten, und die kalte Luft brachte ihre Gesichter zum Kribbeln. Rachel war noch ganz benommen vor Müdigkeit, doch sie raffte sich zu ein paar Worten auf. Das Schweigen machte sie fertig.
    »Alles paletti? Du bist so still heute.« Sie klopfte an den Kopf ihrer Tochter. »Jemand zu Hause?«
    »Ich habe gerade an Scarlett gedacht«, sagte Poppy.
    Ja, ganz bestimmt, dachte Rachel. »Scarlett? Was treibt die so? Seid ihr immer noch beste Freundinnen?«
    »Sie ist ein bisschen komisch. Wir haben zwei neue Jungs, und die kommandiert sie herum. Einen von ihnen mag sie besonders, deshalb darf nur sie mit ihm spielen. Den anderen mag sie überhaupt nicht, also dürfen wir mit dem auch nicht spielen. Sie nennt ihn Spacko.«
    »Na, na. Darf man denn Klassenkameraden so nennen? Ich glaube nicht.«
    »Habe ich ja auch nicht!« Poppys Pferdeschwanz wippte vor Empörung heftig auf und ab. »Ich habe gesagt, dass Scarlett ihn so genannt hat.«
    »Und was ist das für ein Junge? Wie ist er so?«
    »Er heißt Milo. Ja, gut, er …« Poppy nahm den Pferdeschwanz in den Mund. »Ein Spacko ist er nicht, aber … Er ist ein bisschen seltsam, Mami.«
    Rachel seufzte. Ging es hier um Scarlett oder um den seltsamen Jungen? Was beschäftigte Poppy wirklich? Oder ging es vielleicht sogar um Chris, den gestrigen Abend und all die anderen Sachen, über die man nicht so leicht sprechen konnte?
    Gestern Nachmittag, 15 Uhr: Chris kreuzte bei ihnen auf, verkündete, er habe zwei Karten fürs Fußballspiel am gleichen Abend geschenkt bekommen und werde Josh in einer halben Stunde abholen. Der ganze Abend war durcheinander, unbefriedigend und einfach nicht gut verlaufen. Josh hatte es offensichtlich aufgewühlt, plötzlich wieder den Abend mit seinem Vater zu verbringen, und Poppy hatte natürlich daran zu knabbern gehabt, dass er sie nicht mitgenommen hatte. Dann das bleierne Schweigen am Frühstückstisch. Es beherrschte neuerdings Rachels Alltag, stellte sich mindestens zweimal am Tag ein und war wirklich belastend. Sie wusste genau, womit sie es hier zu tun hatte: mit frustrierter Sprachlosigkeit, dem stummen Zorn eines gekränkten Teenagers. Vielen Dank auch, Christopher, dachte sie verbittert. Das war eine elterliche Meisterleistung.
    »Guten Morgen miteinander!«
    Puh. Da war
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