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Mutter des Monats

Mutter des Monats

Titel: Mutter des Monats
Autoren: Gill Hornby
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netter Mensch, vermutlich hatte er sie aus eigener Tasche bezahlt.
    Gleich ist es so weit, dachte sie. Mein großer Augenblick. O weh. Das geht bestimmt schief.
    »… und nächstes Jahr wird Sie ein neues freundliches Gesicht im Büro begrüßen.«
    Heather hatte heute Morgen noch schnell in der Serenity Wellness- und Schönheitsoase vorbeigeschaut und sich einer Komplettbehandlung unterzogen: Sie war gezupft, gewachst, gebräunt. Aber immer noch nervös. Was, wenn keiner sie wollte? Oder ihr jemand die Show stahl?
    »Aus zahlreichen Bewerbern haben wir uns …«
    Das passierte ihr doch ständig – dass jemand ihr die Show stahl.
    »… nach eingehender Prüfung …«
    Heather hatte keine Minute ihres Lebens im Rampenlicht gestanden, immer hatte sie jemand beiseitegedrängt. Guy, neben ihr, tastete nach ihrer Hand und drückte sie.
    »Ich bin hocherfreut, dass Heather Carpenter unser Angebot angenommen hat und in Kürze bei uns anfangen wird.«
    Auf einmal klatschten alle. Rachel jubelte sogar. Joanna pfiff. Georgina lachte verblüfft. Ihres Wissens hatte Heather es noch nie geschafft, Georgina zu verblüffen – zumindest nicht auf positive Weise. Sie sah, dass Maisie strahlend und stolz unter ihren Mitschülern stand, die ihr anerkennend auf die Schulter klopften. Und da merkte sie plötzlich, dass die ganze Schule sie anlächelte. Endlich. Es war passiert. Genau in diesem Moment, hier vor der versammelten Schule, im Sonnenlicht: ihre Show. Und sie war noch nicht zu Ende.
    »Sehr gute Neuigkeiten, wie ich finde.« Mr Orchard war wieder vors Mikro getreten. »Eine letzte Ankündigung habe ich noch für Sie. Heute Morgen hat sich das Kollegium zusammengefunden, bevor ihr noch zum Unterricht erschienen seid, ihr faulen Socken!« Die Kinder kicherten. »Keine Sorge, ich weiß genau, wo ihr wart: bei SpongeBob Schwammkopf in Bikini Bottom.« Alle lachten aus vollem Hals. »Jedenfalls haben wir uns darüber beraten, wer im kommenden Jahr Schulsprecher und Schulsprecherin sein sollte.«
    Heather klinkte sich aus. Guy hielt sie immer noch an der Hand, er hatte sie nicht losgelassen. Wenn er sie festhielt und sie mitten unter ihren Freundinnen stand, fühlte sie sich ganz sicher. Mensch, dachte sie, zum ersten Mal seit Jahren, vielleicht sogar im Leben: Ich bin glücklich.
    »… deshalb möchten wir Felix Spencer als Schulsprecher vorschlagen …«
    Aha! Felix, Melissas Sohn. Eine gute Entscheidung, fand Heather. Netter Kerl. Ein gutes Gegengewicht zu Scarlett, die vielleicht Ärger machte.
    »… und Maisie Carpenter als Schulsprecherin.«
    Maisie Carpenter? Gab es hier noch eine Maisie Carpenter? Unsere Maisie Carpenter? Alle bejubelten Maisie, alle Eltern schauten wieder zu Heather. Und zu Guy. Zu Guy, Heather und Maisie. Sie drei standen plötzlich im Mittelpunkt der ganzen Schule.
    »… bevor Reverend Debbie die neue Bibliothek eröffnet, möchte ich mit Ihnen das Lied ›Komm, lass los‹ anstimmen.«
    O je, dachte Heather panisch. Typisch. Dann erklangen die ersten Takte des Lieds von einem elektrischen Keyboard, die Kinder erhoben sich und sahen zu zweit in ihre Gesangbücher. Maisie blickte ihr direkt ins Gesicht und grinste, dann fing sie an zu singen. Da merkte Heather, dass es ihr nichts mehr ausmachte.
    »Das Leben ist Veränderung
von Anfang an,
Das Leben ist ein Kreislauf,
der nicht stillstehen kann«
    Sie sah sich um, betrachtete die Familien, mit denen sie es von nun an jeden Tag zu tun haben, und die Kollegen, mit denen sie in Zukunft arbeiten würde. Dachte an die Briefe, die sie schreiben, an die Zeugnisse, die sie ausstellen würde. Ha-Ho. Ihr Herz hüpfte vor Freude. Zeugnisse. Würde sie vorher einen schnellen Blick darauf werfen können? Sie dachte an die vielen Kleinen, die ihren ersten Schultag noch vor sich hatten. Die vielleicht gerade noch im Planschbecken herumspritzten oder zum Mittagsschlaf gebettet wurden, im September jedoch ihre kratzigen Uniformen und harten neuen Schuhe anziehen und zu ihnen kommen würden. Sie alle, ob groß oder klein, würden irgendwann Heathers Hilfe brauchen.
    »Was einst angefangen,
nimmt seinen Lauf,
und eh Du Dich versiehst,
hört es schon wieder auf.«
    Ja, dachte sie, als alle erneut den Refrain anstimmten. Alles nimmt seinen Lauf. Singt nur. Ich kann das aushalten. Es tut mir nicht mehr so weh.
    »Schau nach vorn
und schau nicht mehr zurück,
damit Dein Leben gelingt!«
    Also waren die Bekanntmachungen von Mr Orchard doch ziemlich bedeutsam gewesen. Man
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