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Muss Lurion sterben

Muss Lurion sterben

Titel: Muss Lurion sterben
Autoren: Robert Silverberg
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Nase war geändert, das Kinn hatte ein Grübchen, der Mund war breiter. Es war das Gesicht eines Fremden. Und dennoch hatte er das Gefühl, daß es sein eigenes Gesicht wäre, das er im Spiegel sah.
    „Es ist zehn Uhr früh“, fuhr Hollis fort. „Ich habe die ganze Nacht gebraucht. Sehen Sie sich Ihre Narbe an!“
    Gardner hob den Arm. Die lange Narbe an seinem Oberarm, ein Andenken an einen Unfall auf dem Sportplatz, war nicht mehr zu sehen. Sogar die Härchen, die an ihrer Stelle wuchsen, sahen genauso wie die übrigen aus.
    „Ich habe Ihre Zellen behandelt, so daß Ihr Körperhaar jetzt rot wachsen wird. Nach einem Jahr wird es langsam in seiner alten Farbe nachwachsen. Dann müssen Sie sich eine plausible Erklärung für Ihre Nachbarn zurechtlegen. Aber bis dahin haben Sie ja noch viel Zeit.“
    Hollis griff in seine Tasche und holte ein Bündel Papiere hervor.
    „Und hier ist alles Weitere, was Sie brauchen. Sie heißen jetzt Gregory Stone. Sie können wieder sprechen. Ich schätze, die Wunden haben genug Zeit gehabt, zu heilen.“
    Vorsichtig setzte sich Gardner auf und sah an sich herunter. „Sie haben mich, ja ganz schön dick gemacht“, sagte er.
    „Ich habe Ihnen zwanzig Pfund synthetischen Fleischs um die Hüften mitgegeben. Es zehrt sich schnell genug auf, aber im Moment verändert es Ihre Figur doch erheblich.“
    „Sie sind ein Zauberkünstler, Hollis!“
    Der alte Mann wehrte bescheiden das Lob ab.
    „Wann werde ich ganz geheilt sein?“
    „Seien Sie einen Tag vorsichtig. Rasieren Sie sich nicht und unternehmen Sie nichts Anstrengendes. Übermorgen ist alles in Ordnung.“
    Als Gardner ihn fragte, wie hoch die Kosten für die Operation seien, wollte Hollis nichts davon hören. „Sie brauchen Ihr Geld dringend selbst, Gardner. Und vergessen Sie nicht, daß ich Ihnen aus Dankbarkeit geholfen habe. Gehn Sie jetzt. Ich wünsche Ihnen viel Glück! Und, Sie wissen ja: Ihr neuer Name ist Gregory Stone!“
    Gregory Stone hatte keine Schwierigkeiten, als er seine Papiere beim Auswanderungsamt einreichte. Er erkundigte sich nach dem nächsten Schiff zum, ,Herschel’ und erfuhr, daß es in fünf Tagen abging. Die Reise dauerte nur sechs Wochen. Es gab noch Plätze an Bord, und gegen einen Scheck, der mit Gregory Stone unterzeichnet war, händigte der Beamte Gardner eine Fahrkarte aus.
     
16. Kapitel
     
    Die Saat sproß aus dem Boden. Es war ein wunderbares Gefühl, hier zu stehen und das frische Grün im warmen Sonnenlicht zu betrachten. Gardner und Lori hatten nur soviel Land bearbeitet, daß sie in ihrem ersten Jahr auf ,Herschel’ leben konnten. Später, wenn ihnen vier oder fünf Kinder zur Hand gehen würden, konnten sie die ganzen dreihundert Morgen bestellen. Und vielleicht noch Land dazukaufen. Sie hatten genug Platz, sich auszubreiten. Ihr nächster Nachbar wohnte zwölf Meilen östlich von ihnen.
    „Wie gut die Luft ist“, sagte Lori. „So sauber und so rein.“
    „Wie Wein.“
    „Ja, wie Wein.“
    Gardner lächelte. Sie waren jetzt zehn Monate auf Herschel, aber es erschien ihm, als seien es erst wenige Wochen. Er dachte an die letzten hektischen Tage auf der Erde zurück, als er sich in seinem Hotel aus Furcht vor Karnes versteckt gehalten hatte und sich Gedanken um Lori gemacht hatte.
    Aber auch jene Zeit war zu Ende gegangen. Als Gregory Stone war er ohne Schwierigkeiten an Bord des Raumschiffes gegangen. Und nach drei Tagen hatte er eine hübsche, junge, alleinstehende Frau entdeckt, mit der er über eine Stunde geflirtet hatte, bevor er sich ihr zu erkennen gab. Lori war dann schamrot geworden.
    Darüber würde er sich immer freuen, dachte Gardner: Lori, die blutrot geworden war, als er sie in die Falle gelockt hatte, mit ihm zu scherzen, ohne daß sie ihn erkannte.
    Noch auf dem Schiff hatte die Trauung stattgefunden. Und dann kam der Tag, an dem ,Herschel’ im All auftauchte, ihr neuer Planet, ganz in grüne, goldene, blaue und braune Farben getaucht.
    Es war ein gutes Leben, dachte Gardner. Voll harter Arbeit in frischer Luft und Freiheit. Das Erlebte lag wie ein Alptraum hinter ihm.
    Gardner versuchte, die Erde und den Stern Lurion zu vergessen. Aber immer wartete er noch auf die Nachricht von dem Unheil und überlegte, ob die Katastrophe erfolgt sei, ohne daß er es bemerkt hatte. Doch Erde und Lurion hatten keine Wirklichkeit mehr für ihn – sie waren beide so weit entfernt und unsichtbar, und nur der strahlende Himmel des neuen Planeten bedeutete jetzt seine
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