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Muss ich denn schon wieder verreisen?

Muss ich denn schon wieder verreisen?

Titel: Muss ich denn schon wieder verreisen?
Autoren: Evelyn Sanders
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löffelt die gesamte Familie ihr Sonntagsei, sofern sie überhaupt schon aufgestanden ist, und Papa verbietet das Fernsehen, denn er will ja in aller Ruhe mit seiner Sippe frühstücken.«
    Sascha gab nicht auf. »Du mußt mal an die Kinder denken! Die drücken doch noch im Halbschlaf auf den Einschaltknopf.«
    »Nur dürften die sich mehr für Tom und Jerry interessieren als für Buchbesprechungen. Leider heiße ich nicht Mark Twain.
    »Der ist sowieso out!«
    Es half alles nichts, ich hatte zugesagt und konnte nicht mehr zurück. So quälten wir uns am Pfingstsonntag von einem Autobahnstau zum nächsten und schafften es tatsächlich, abends um sechs beim Sender zu sein. Dreimal waren wir daran vorbeigefahren, weil wir in diesem unauffälligen Haus mit dem mickrigen Seiteneingang niemals ein Fernsehstudio vermutet hätten. Es war aber doch eins, auch wenn es mehr auf Improvisation als auf Können angewiesen war. Inzwischen dürfte sich wohl einiges geändert haben.
    Ein Besprechungsraum im ersten Stock wurde uns als Wartezimmer zugewiesen, und als ich die verschiedenen Muster der überall herumstehenden benutzten Kaffeetassen hätte auswendig nachzeichnen können, erschien endlich ein langhaariger Twen. Entschuldigung, aber Herr XY, der morgen das Interview mit mir mache, sei im Moment nicht da, ich müsse also mit ihm vorliebnehmen. Mueller sei sein Name, mit ue. Leider habe er überhaupt keine Ahnung von Ikebana, und ob ich die zur Demonstration erforderlichen Blumen selber mitbringen würde. »Brauchen Sie eine Vase, oder haben Sie die dabei?«
    Offensichtlich lag hier ein Irrtum vor. »Ich schreibe Bücher«, bemerkte ich schüchtern.
    »Ach so.« Der Jüngling blätterte in den mitgebrachten Zetteln. Endlich hatte er den richtigen gefunden. »Dann sind Sie Frau Sauter?«
    »Sanders!« verbesserte Sascha zähneknirschend.
    »So? Tut mir leid, aber die Klaue hier kann kein Mensch lesen.« Mit einem Rotstift korrigierte er meinen Namen. »Sie sind um acht Uhr siebenunddreißig dran, gleich nach dem Wetterbericht. Vorgesehen sind maximal sechs Minuten. Bitte nichts Kleinkariertes anziehen, das flimmert auf dem Bildschirm, am besten etwas Einfarbiges, aber möglichst nichts in Weiß.« Er raffte seine Papiere zusammen und stand auf. »Haben Sie noch Fragen?«
    »Ja, zwei!« sagte Sascha. »Frage eins: In welchem Hotel übernachten wir? Und Frage zwei: Wann muß meine Mutter morgen auf der Matte stehen?«
    »Im Parkhotel, zweimal um die Ecke rum und dann auf der linken Seite, und was die zweite Frage betrifft: Um sechs Uhr.«
    »Wie bitte?« Da mußte ich mich wohl verhört haben. »Ich denke, das ist eine Vormittagssendung.«
    Herr Mueller mit ue sah mich mitleidig an. »Zuerst findet ein Vorgespräch mit Herrn XY statt (an seinen Namen kann ich mich beim besten Willen nicht mehr erinnern), dann müssen Sie in die Maske, und etwas essen sollten Sie vorher auch noch.«
    »Gibt’s denn im Hotel nichts?«
    »Doch, aber erst ab sieben. Wir improvisieren hier immer ein Frühstück.« Er reichte uns beiden die Hand. »Dann also bis morgen früh. Und fallen Sie nicht die Treppe runter, die ist frisch gebohnert.«
    »Hm«, meinte Sascha, als wir wieder draußen standen, »irgendwie hatte ich mir das anders vorgestellt. Und bilde dir bloß nicht ein, daß ich morgen um halb sechs aufstehe. Die paar Schritte kannst du ja wohl allein gehen.«
    Sicher hätte ich das gekonnt, doch letztendlich hatte er mich zu diesem Abenteuer überredet, und nun sollte er auch die Konsequenzen mittragen. »Entweder kommst du mit, oder du kannst dein Abendessen nachher selbst bezahlen.«
    Woraufhin er sich zum Mitkommen entschloß!
    Um halb elf, als ich gerade mein Buch zur Seite gelegt und das Licht ausgeknipst hatte, trabte Sascha in mein Zimmer. Das Abschließen hatte ich mal wieder vergessen. »Bei mir ist der Fernseher kaputt. Geht deiner?«
    »Keine Ahnung, ich habe ihn nicht ausprobiert.«
    Er fummelte an der Fernbedienung herum. »Mußt du denn jetzt unbedingt noch in die Röhre gucken? Geh lieber ins Bett.«
    »Will ich ja, aber ohne Fernseher ist das so langweilig.«
    »Du schläfst ja doch davor ein.«
    »Eben!« Und dann, etwas zögernd: »Würde es dir viel ausmachen, das Zimmer mit mir zu tauschen? Der Kasten hier ist nämlich in Ordnung.«
    Das allerdings war nicht zu überhören. Schüsse peitschten, Autoreifen quietschten auf einer Sanddüne, ohnehin ein akustisches Phänomen, ein Hubschrauber ratterte, und weil der Krach noch
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