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Music from Big Pink: Roman (German Edition)

Music from Big Pink: Roman (German Edition)

Titel: Music from Big Pink: Roman (German Edition)
Autoren: John Niven
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Greyhound-Bus nach New York genommen. Dort stiefelte ich am Busbahnhof sofort ins nächstbeste Diner und verspeiste dort drei riesige, fetttriefende Cheeseburger, einen Teller Chili-Pommes, eine Portion Zwiebelringe und zwei dicke Stücke Cheesecake. Ich trank einen halben Liter brühend heißen Kaffee und genauso viel eiskalten Orangensaft. Ich lehnte mich zurück, öffnete meinen Gürtel und zündete mir eine Zigarette an. Kurz danach hatte ich mir in der Gasse hinter dem Laden die Seele aus dem Leib gekotzt.
    Es war immer noch seltsam, ein freier Mensch zu sein, tun und lassen zu können, was man wollte. Ich fühlte mich wieder wie sechzehn, als hätte ich gerade den Führerschein in der Tasche und zum ersten Mal ein eigenes Auto zur Verfügung – so voller Vorfreude und zugleich ängstlich und unsicher. Als ob man lieber nicht alleine fahren, sondern erst mal einen Erwachsenen dabeihaben sollte.
    Eine extralange Limousine, weiß wie ein Kühlschrank, rollte gerade vorbei, aus einem der Fenster ragte eine Hand – goldener Armreif, lange, lackierte Nägel, eine Zigarette zwischen den Fingern –, als Alex sich winkend zwischen den Tischen hindurchschob. Dabei ignorierte er zwei junge Frauen, die versuchten, seine Aufmerksamkeit zu erregen. Er setzte sich und klopfte eine Lucky Strike aus seiner Packung. »Tut mir leid, Mann«, sagte er und steckte sich die Kippe an.
    »Schon okay. Du hast viel um die Ohren.«
    Nachdem ich heute Morgen um sieben nach mehrtägiger Busfahrt bei ihm in Brentwood aufgeschlagen war, hatten wir uns auf der Treppe zu seiner Bude bereits gegenseitig auf den neuesten Stand gebracht. Alex ließ mich ein paar Tage auf seiner Couch pennen, wodurch ich ein bisschen Knete sparte.
    »Hast du die Nummer?«, fragte ich.
    Er schüttelte den Kopf. »Immerhin hab ich die Adresse bekommen.« Er gab mir einen Zettel, darauf stand: 300065 MORNING VIEW DRIVE, ZUMA BEACH.
    »Danke, Mann.«
    »Kein Problem. Das ist hinter Santa Monica. Nimm den Pacific Coast Highway Richtung Norden, durch Malibu.«
    »Alles klar.« Ich trank das Bier aus und kramte in meiner Tasche.
    »Hey, lass stecken, Alter. Ich übernehme das«, sagte Alex.
    »Bist du sicher?«
    »Klar. Geht eh auf meinen Deckel.«
    »Danke, Alex. Ich schätze, wir sehen uns dann heute Abend.« Ich stand auf und nahm meine Jeansjacke von der Stuhllehne.
    »Hör mal, tut mir leid wegen deiner Gitarre, Mann.«
    »Mach dir deshalb keinen Kopf. Ich hab ohnehin seit Jahren nicht mehr gespielt.«
    »Hör zu, Greg«, er stand ebenfalls auf und legte seine Hand auf meine Schulter, »erwarte nicht zu viel. Sie sind jetzt große Stars. Das ist dir doch klar, oder?«
    »Ja, ich weiß. Ich wollte nur kurz Hallo sagen.«
    »Okay, Mann. Dann bis später.«
    Alex drehte sich um, griff nach einem Tablett und belud es mit Gläsern und Tellern. Ich schätze, ich hätte wohl sauer auf ihn sein müssen, weil er meine Gitarre verkauft hatte, um irgendeinen Dealer zu bezahlen, aber das war ich nicht. Es war bloß Holz und Stahl. Ich konnte mir eine neue kaufen.
    Wegen des Geldes machte ich mir keine großen Sorgen. Mein Vater war vor ein paar Jahren gestorben. Er war fünfundsechzig und seit einundzwanzig Jahren ein Junkie gewesen. Nach der Beerdigung meiner Mutter hatte ich ihn nicht mehr wiedergesehen. Sein Anwalt hatte mir einen Brief geschickt, in dem stand, dass er mir das Haus, ein paar Ersparnisse sowie einige Wertpapiere hinterlassen hatte. Alles in allem rund zwanzigtausend kanadische Dollar. Also brauchte ich mich eine Weile um nichts zu kümmern und konnte in Ruhe entscheiden, was ich tun würde.
    Eine Frau winkte Alex zu. Er setzte das Tablett ab und ging zu ihr rüber, wo er Stift und Block aus der Tasche zog, um ihre Bestellung aufzunehmen. Sie wusste, was sie wollte. Während sie die Gerichte herunterpredigte, zählte sie mit den Fingern mit, wobei sie ihm vermutlich diktierte, welche Beilagen er weglassen und welchen Scheiß er ihr stattdessen bringen sollte, wie diese Tussen es immer tun. Es war verdammt merkwürdig mitanzusehen, wie Alex Leute bediente. Rollen seien schwer zu kriegen, sagte er.
    * * *
    Alex hatte mir sein Auto geliehen, einen rostigen alten Pinto. Er bat mich, vorsichtig zu fahren – die Kupplung war wohl so gut wie hinüber –, aber das tat ich sowieso. Ich bremste beim leisesten Hauch von Gelb, wartete endlos, bevor ich auf einer stark befahrenen Straße links abbog, fuhr betont langsam an, setzte immer den Blinker und achtete auf
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