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Mundtot nodrm

Mundtot nodrm

Titel: Mundtot nodrm
Autoren: Gmeiner-Verlag
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allzu ernst. Doch war es gerade diese Einstellung, verbunden mit Humor und gesunder Eigenkritik, die ihr Tür und Tor öffnete – und die ihr stets neue Kontakte bescherte, bisweilen auch zu Gegnern ihrer Arbeit. Sie vermied es, ein Thema voreingenommen und verbissen anzugehen. Immer locker bleiben, schien ihre Devise zu sein.
    »Trotz allem«, wollte sie jetzt die Euphorie ihrer Kolleginnen vorsichtig dämpfen, »müssen wir das politische Umfeld sehr genau beobachten.« Sie legte ihre Stirn in Falten. »Im gleichen Maße, wie uns die Sympathie der Menschen zufliegt, wird auf der anderen Seite aufgerüstet.«
    »Hast du einen begründeten Verdacht?«, wurde auch eine der beiden anderen Frauen ernst.
    »Ja«, entgegnete Iris knapp. »Und ich sag euch, da haben uns einige bereits voll im Visier ihrer Zielfernrohre.« Sie verzog das Gesicht wieder zu einem Lächeln. Aber es wirkte verkrampft, wie die beiden anderen bemerkten.

9
     
    Steffen Bleibach hatte lange geschlafen, viel zu lange. Doch er spürte, wie ihm die Kundgebungen, die er seit einigen Wochen nahezu täglich abhielt, immer mehr Energie entzogen. Er wäre nach der heißen Dusche und einem Handy-Gespräch mit Evelyn am liebsten auf dem Forstweg zur Spitze des Hohenstaufens gejoggt, was er oft tat, um sich fit zu halten, doch der Besuch des Göppinger Kriminalkommissars August Häberle hatte seine Pläne für diesen Mittag durchkreuzt. Dass es seit Monaten Anfeindungen und vielerlei Versuche gab, sein Ansehen zu schädigen, war ihm bewusst. Doch nun schien es erstmals konkrete Hinweise zu geben, die auf eine echte Bedrohung schließen ließen. Das Schreiben, das ihm Häberle in Kopie gezeigt hatte, entsprang keiner spontanen Idee. Sowohl die Formulierungen als auch der Inhalt und die Art und Weise, wo und wie es unter die Leute gebracht worden war, deutete keinesfalls auf geistig minderbemittelte Verfasser hin.
    Bleibach war mit Häberle übereingekommen, nichts davon an die Öffentlichkeit gelangen zu lassen. Mehr Personenschutz, als ihm bei Großveranstaltungen inzwischen zustand, lehnte er ab. »Ich hab meine eigenen Bodyguards«, hatte er dem Kommissar versichert, obwohl es ihm nicht gerade wohl war bei dem Gedanken, dass es bei den Kundgebungen niemals einen absoluten Schutz geben konnte.
    Er sah durch die große Fensterscheibe seines Wohnzimmers in den neblig-tristen Tag hinaus. Wo er bei Sonnenschein über das weite Waldgebiet bis nach Göppingen hinüber blicken konnte und links in der Ferne die Nordkante der Schwäbischen Alb wie eine Barriere in der Landschaft aufragen sah, verlor sich heute der Blick in einem weiß-grauen Schleier. Dass sich Miriam Treiber gleich nach seinem Anruf auf den Weg zu ihm gemacht hatte, empfand er wieder einmal als besonderes Zeichen freundschaftlicher Verbundenheit. Seit sie sich zusammengefunden hatten, waren sie ein eingeschworenes Team. Als Rechtsanwältin stand sie ihm bei allen juristischen Fragen zur Seite und außerdem beherrschte sie perfekt die modernen elektronischen Kommunikationsmittel. Twitter, Facebook und eine Vielzahl anderer Netzwerke waren heutzutage unabdingbar, um Informationen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dass auch Lars Konarek mitgekommen war, ließ in Bleibach ein gewisses Gefühl der Sicherheit aufkommen. Konarek, ein drahtiger, sportlicher Typ Anfang 30, gehörte seit Kurzem auch zum harten Kern des Wahlkampfteams. Er war im Nahkampf erprobt, hatte in seinen jungen Jahren bei diversen Spezialeinheiten der Bundeswehr gedient, war anschließend für die US-Streitkräfte tätig gewesen und bildete heute in seiner Privatschule in Ulm Bodyguards aus. Wer wollte, konnte sich bei ihm auch mit den Erfordernissen der Selbstverteidigung vertraut machen oder an mehrtägigen Überlebenskursen in unwegsamem Gelände teilnehmen. Er selbst plante fürs zeitige Frühjahr ein Experiment, bei dem er an die Grenze seiner Leistungsfähigkeit gehen würde. Um anderen glaubwürdig demonstrieren zu können, wie man scheinbar ausweglose Situationen bewältigte – etwa als Überlebender eines Flugzeugabsturzes fernab der Zivilisation –, wollte er selbst testen, was sich an Möglichkeiten und Hilfsmitteln, vor allem aber an Nahrung, bot.
    Miriam und Lars hatten Bleibachs Schilderungen aufmerksam verfolgt. Sie saßen in den weit ausladenden Ledersesseln und warteten gespannt auf das Resümee, das der Mann ziehen würde, den inzwischen ganz Deutschland als agilen, rhetorisch perfekten Redner
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