Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mundtot nodrm

Mundtot nodrm

Titel: Mundtot nodrm
Autoren: Gmeiner-Verlag
Vom Netzwerk:
hatte sie noch kein Gespräch begonnen. »Hör mir bitte nur gut zu und stell mir keine Fragen«, fuhr sie fort. »Wir müssen unsere Kontakte vorläufig abbrechen. Ruf mich bitte nicht mehr an und schick mir keine Mails und keine SMS. Hast du mich verstanden?« Es klang geradezu beschwörend und verzweifelt, fand er und schluckte.
    Er spürte, wie ihm die Kehle trocken wurde. »Ich …«, wollte er etwas erwidern, doch die Frau fiel ihm mit der Verzögerung der Satellitenverbindung aufgeregt ins Wort: »Keine Fragen bitte. Es ist wichtig. Es geht um meinen Job, verstehst du? Und …« Sie schien nach passenden Worten zu suchen. »Und es kann gefährlich sein. Sehr gefährlich. Max, bitte tu, was ich dir sage. Kein Wort, zu niemandem. Verstehst du? Sonst könnte es sein …« Wieder eine kurze Pause. »Sonst könnte es sein, du siehst mich nie mehr wieder … lebendig.« Sie wartete keine Antwort ab, sondern legte auf. Maximilian Greenman fühlte sich wie vom Blitz getroffen.
     
    Viele Tausend Kilometer entfernt, ebenfalls an einem dieser tristen Spätherbsttage, auf der winterlichen Nordhalbkugel. »Ist das nicht traumhaft?« Er sprach mit gedämpfter Stimme, beinahe ehrfurchtsvoll, als befände er sich an einem heiligen Ort. Der Mann, der seine kräftige Figur in eine Windjacke gezwängt hatte, deutete mit einer weit ausladenden Armbewegung auf die unzähligen Lichter, die in dieser kühlen Novembernacht von überallher zu ihnen herauffunkelten. »Und hier, mein lieber Katsche, stehst du sozusagen an der Wiege eines großen Herrschergeschlechts, dessen Einfluss damals bis nach Süditalien gereicht hat«, schwärmte der Mann. Sein wesentlich jüngerer Begleiter, der von allen nur Katsche genannt wurde und eigentlich Marek hieß, nickte stumm und ließ diesen Ausblick auf sich wirken. Der noch fast volle Mond war gerade erst über den Hängen der Schwäbischen Alb aufgegangen, deren Konturen sich wie eine schwarze Wand am fernen Horizont abzeichneten. »Die Jungs in früheren Zeiten hatten auch schon eine Vorliebe für einen Wohnsitz mit toller Aussicht«, bemerkte der Mann, der seine Hände tief in den Taschen seiner Windjacke vergraben hatte. Sein Gesicht war in der Dunkelheit kaum zu erkennen.
    »Sieht ganz danach aus«, erwiderte Katsche, dem jetzt, kurz vor Mitternacht, der Sinn nicht nach einer touristischen Führung stand. Denn dass sie zu so ungewöhnlicher Zeit auf den Hohenstaufen gestiegen waren, jenen kegelförmigen Berg knapp 40 Kilometer südöstlich von Stuttgart, der als Stammsitz der Staufer galt, hatte ganz andere Gründe. Die Gelassenheit seines älteren Begleiters ging ihm bereits mächtig auf die Nerven. Warum sollten sie sich denn, verdammt noch mal, mit einer albernen Geschichtsduselei aufhalten? Katsche entschied, seine Ungeduld nicht länger zu verbergen.
    »Dort unten, all diese Lichter, sind die Ortschaften entlang der Hauptverbindung zwischen Stuttgart und Ulm. Da vorne liegt Göppingen«, fuhr der Ältere fort, »Göppingen kennst du. ›Frisch Auf‹-Handballer und so. Oder Märklin, die Modelleisenbahn.«
    »Mensch, Eddi«, entfuhr es Katsche jetzt, »Zeit, sich aufs Wichtige zu konzentrieren.« Er drehte sich zu seinem Begleiter und flüsterte: »Wer weiß, wer sich in so einer Nacht noch hier oben rumtreibt.«
    »Nervös?«, fragte Eddi ruhig zurück. »Bist du nervös? So hat man dich mir nicht beschrieben.« Ihm war der junge Mann als ehrgeizig und furchtlos geschildert worden. Und die dies gesagt hatten, galten als verlässlich.
    »Nicht nervös«, log Katsche und spuckte seinen Kaugummi aus. »Quatsch, doch nicht nervös«, wiederholte er, als müsse er sich diese Feststellung selbst einreden.
    »Man muss immer auch das Umfeld kennen«, erklärte Eddi, ohne den Blick von den Lichtern im Tal zu wenden. »Wir stehen hier auch dicht an der Einflugschneise zum Stuttgarter Flughafen.« Er deutete Richtung Nordwesten, wo weit entfernt das Drehlicht des Towers durch die Nacht pflügte.
    »Und? Ist das wichtig?«, staunte Katsche und richtete seinen Blick ebenfalls dorthin. Er wohnte erst seit Kurzem in Neu-Ulm. Angeblich war er zuvor irgendwo im Nahen Osten für eine Baufirma tätig gewesen. Jetzt hatte er in Memmingen bei einer Spedition einen Job als Kraftfahrer gefunden. So hieß es jedenfalls.
    »Alles ist wichtig, wenn du strategisch vorgehen willst«, erwiderte Eddi auf die Frage, ob der Flughafen wichtig sei. Er überlegte kurz und hakte leicht verstimmt nach: »Hat man dir das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher