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Mundtot nodrm

Mundtot nodrm

Titel: Mundtot nodrm
Autoren: Gmeiner-Verlag
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nicht beigebracht?«
    Katsche fühlte sich in der Ehre getroffen. »Zweifelst du an meinen Fähigkeiten?«
    Eddi schwieg. Er schwieg immer, wenn andere von ihm eine Antwort erhofften, aus der sie seine Einstellung zu ihnen ablesen könnten. Eddi, gerade 50 geworden, war es als gewiefter Kaufmann gewohnt, seine Partner zu verunsichern und aufs Eis zu führen. Nie ließ er sich in die Karten schauen. Davor hatte man Katsche zwar gewarnt, doch war der Auftrag zweifelsohne lukrativ. Wenngleich gefährlich.
    »Und wo ist nun das Loch?«, fragte er deshalb und war im nächsten Augenblick selbst über sich und sein Vorpreschen überrascht.
    »Keine Hektik, mein lieber Freund«, blieb Eddi ruhig. »Eine solche Art, an etwas heranzugehen, erweckt sehr schnell den Argwohn der anderen.«
    Katsche sah noch immer in Richtung Flughafen. Ihm war klar, dass alles, was er nun sagen würde, falsch wäre.
    »Wir sind zwei Männer, die hier oben noch ein bisschen frische Luft schnappen wollen. Nichts weiter«, mahnte ihn sein Auftraggeber ruhig und mit geradezu sanftem Ton. »Du hast doch selbst gesagt: Man weiß nie, wer sich hier sonst noch rumtreibt.« Er drehte sich unauffällig um, als wolle er die Aussicht genießen. Seine Augen hatten sich längst an die Dunkelheit gewöhnt, sodass er im fahlen Mondlicht das Hochplateau des Berges überblicken konnte. Die altehrwürdigen Bäume ragten wie schwarze Riesen in den Nachthimmel und das spärliche Gemäuer, mit dem vor Jahren der mögliche Grundriss der einstigen Burg nachempfunden worden war, war auf beiden Seiten der Hochfläche ebenfalls zu erkennen.
    Katsche lehnte sich lässig an den großen Holzblock, auf dem eine Metallplatte schimmerte, deren reliefartige Oberfläche vermutlich auf bestimmte Objekte verwies, die es von diesem Punkt aus zu sehen gab. »Hier oben wird der Kerl schon oft gewesen sein«, brummte er und tastete an den Brusttaschen seiner dicken Outdoorjacke prüfend nach dem Handy.
    Eddi zögerte. »Davon kannst du ausgehen. Er hat im Ort unten seine ganze Jugendzeit verbracht. Vielleicht hat ihn sogar die Nähe zu diesem historischen Berg geprägt. Politisch, meine ich.«
    Katsche winkte ab. »Von solcher Gefühlsduselei halte ich nichts. Geprägt wird man von was ganz anderem. Vom sozialen Umfeld, von Freunden, von der heutigen Gesellschaft.« Er dämpfte seine Stimme. »Aber nicht von der Geschichte eines Berges.«
    »Wer sich mit den Staufern ein bisschen auseinandersetzt, erkennt, dass es einige sehr clevere Burschen unter ihnen gab.«
    »Clevere Burschen«, wiederholte Katsche eher abwertend. »Wenn du die als clever bezeichnest, die blutrünstige Kreuzzüge unternommen haben und damit nur die eigene Macht ausweiten wollten, dann gebe ich dir recht.«
    Eddi konterte, ohne überheblich zu wirken. »Blutrünstige Kreuzzüge finden auch heute noch statt – und zwar in Form von Angriffen auf die globale Wirtschaft. Und Macht, mein lieber Katsche – um Macht geht es heute genauso wie damals.«
    »Aber …« Der junge Mann wusste, dass er sein Gegenüber nicht verärgern und schon gar nicht misstrauisch machen durfte. »Opfer werden auch heute ins Kalkül gezogen.«
    »Denk ans Schachspiel, mein lieber Freund. Wenn’s ums große Ganze geht, lassen sich ein paar Bauernopfer nicht vermeiden.« Er grinste, doch konnte dies Katsche in der Dunkelheit nicht sehen.
    »Diese Staufer – diese Staufer hier«, täuschte der junge Mann Interesse vor, ohne sich zu Eddi umzudrehen, »die haben ganz bestimmt nicht nur hehre Ziele verfolgt, wenn man überlegt, dass es im frühen Mittelalter wohl kaum zimperlich zugegangen ist.« Seine Ausdrucksweise und der Akzent hätten eine norddeutsche Herkunft vermuten lassen, wenn da nicht auch noch ein leichter osteuropäischer Unterton zu vernehmen gewesen wäre.
    »Die Geschichtsschreibung – da gebe ich dir recht – vergisst über den Schlachten und Feldzügen der Siegreichen meist die unschuldigen Opfer. Oft heißt es, der König oder Kaiser Soundso hat diese und jene Schlacht gewonnen. Fast so, als sei’s nur ein Spiel gewesen. In Wirklichkeit ging’s um tausendfachen Tod.«
    »Mord«, kam es dem jungen Mann allzu schnell über die Lippen. »Würden nicht die Juristen sagen, es seien niedrige Beweggründe? Töten um des eigenen Vorteils willen? Um sich zu bereichern, heimtückisch über andere herzufallen?«
    Eddi war für einen Augenblick irritiert. Angekündigt hatte man ihm einen entschlossenen jungen Mann – und nun
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