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Mundtot nodrm

Mundtot nodrm

Titel: Mundtot nodrm
Autoren: Gmeiner-Verlag
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kannte – von den einen heiß verehrt, von den anderen oft schon abwertend als ›Rattenfänger‹ bezeichnet. »Damit mussten wir rechnen«, sagte er entschlossen und drehte sich zu seinen beiden engsten Vertrauten um. »Wenn mir eines im vergangenen Jahr klar geworden ist, dann dieses: Obwohl wir zu keiner Sekunde extremistische Parolen verbreitet haben, obwohl wir nur den Menschen mehr Verantwortung und Mitbestimmung geben wollen – wir also auf der Seite des ganz normalen Bürgers stehen –, bläst uns immer kräftiger der Gegenwind entgegen.« Er sprach, als müsse er einige Tausend Zuhörer überzeugen. Miriam und Lars nickten und ließen ihn gewähren. Sie kannten ihn lange genug, um zu wissen, dass er sich auf diese Weise den Frust von der Seele redete. »Doch«, so fuhr er fort, »es sind nur Minderheiten, die sich uns in den Weg stellen. Minderheiten, die ihres Geldes wegen glauben, die anderen knebeln und kleinhalten zu können. Aber glaubt mir, liebe Freunde, diese Zeiten sind vorbei. Wir haben die Hemmschwelle überwunden, die Staumauern brechen. Niemand wird die Macht des Volkes mehr aufhalten können. Niemand. Und wer es versuchen sollte, riskiert einen Bürgerkrieg.«
    Eigentlich hatte er dieses Wort nicht benutzen wollen, doch es war ihm jetzt ungewollt über die Lippen gegangen. Zum Glück nur hier, im engsten Kreis. Öffentlich würde er nicht riskieren, es auszusprechen. Die Medien würden sofort über ihn herfallen und ihm unterstellen, zu Gewalt aufrufen zu wollen. Wie überhaupt die Journaille nur darauf lauerte, dass er einen Fehler machte. Schon einige Male war versucht worden, ihn in eine extreme politische Ecke zu drängen. Doch hatten sich all die Kommentatoren, die ihm mit allerlei Winkelzügen etwas andichten wollten, hoffnungslos verrannt und in Wortklaubereien verstrickt. Vermutlich war das Volk in den vergangenen Monaten sogar selbstbewusster und kritischer geworden. Die Mehrheit hatte das Spiel der allgegenwärtigen Talkshow-Schwätzer durchschaut, die jahrelang damit beschäftigt waren, die Meinung des Volkes zu manipulieren, weil in ihrem arroganten Selbstverständnis doch der Normalbürger viel zu dumm war, den Führungsgedanken der studierten Elite zu folgen.
    »Und was sagt Enduro dazu?«, fragte Lars, um die entstandene Stille zu unterbrechen.
    »Enduro?«, echote Bleibach und fühlte sich aus den Gedanken gerissen. »Enduro? Ach ja, ich hab ihn noch nicht angerufen.« Enduro Ollerich galt offiziell als sein engster Vertrauter, doch heimlich musste er sich eingestehen, dass ihm an Miriam weitaus mehr lag, was er aber auch auf deren weibliche Reize zurückführte. Ollerich war der Manager im Hintergrund, der sich auf Marketing und Effekthascherei verstand, während Miriam ihn wieder aufrichten konnte, wenn ihn Selbstzweifel beschlichen oder ein schlechtes Gewissen plagte. Es gab durchaus Momente, in denen er sich fragte, ob er seine politischen Gegner nicht doch allzu hart angefasst hatte. Das Geschäft wurde von Tag zu Tag gnadenloser, und was jetzt geschehen war, erschien ihm wie ein Vulkan, durch den sich die immer hitziger geführte Diskussion um seine Person erstmals explosionsartig entladen hatte.
    »Du solltest aber Enduro informieren«, riss ihn die Stimme Miriams wieder in die Realität zurück. »Wenn erst mal die Medien Wind davon bekommen, brauchst du ihn als Pressesprecher.«
    Bleibach nickte langsam und schloss für einen kurzen Moment die Augen, um die entstandene Situation sachlich einschätzen zu können.
    Miriam holte ihn erneut aus seinen Gedanken zurück: »Wieso eigentlich Barbarossa?« Sie zögerte. »Er meint doch Kaiser Barbarossa – nicht wahr?«
    »Barbarossa?«, wiederholte Bleibach wie in Trance. »Da muss man schon ein bisschen die Geschichte kennen.« Er verzog sein Gesicht zu einem müden Lächeln. »Dieser angeblich rotbärtige König und spätere Kaiser hat versucht, seinen Einfluss und sein Herrschaftsgebiet weiter auszudehnen.« Er sah seine Gesprächspartner nacheinander an. »Das war zu diesem Zeitpunkt nichts Außergewöhnliches, damals im zwölften Jahrhundert.«
    »Du meinst, das ist eine Anspielung auf dich?«, fragte Lars vorsichtig.
    »Auf mich, ja …, wahrscheinlich. Könnte aber auch auf die Gegenseite zutreffen. Aber vergesst nicht, es hat in unserer jüngsten unseligen deutschen Vergangenheit schon mal eine Aktion Barbarossa gegeben.«
    »Hitler«, stellte Miriam kurz und knapp fest.
    Wieder nickte Bleibach. »Seinen Angriff
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