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Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert

Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert

Titel: Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert
Autoren: Uwe Hinrichs
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wichtigsten Kontaktzonen und die Konsequenzen dieser Kontakte an. Ein kurzgefasster Überblick über die Migration nach Deutschland führt zum neuen Phänomen der Mehrsprachigkeit von Migranten und Deutschen und der doppelten oder mehrfachen Anderssprachigkeit . Abschließend wird gezeigt, welchen großen Sprachfamilien und Sprachtypen die neuen Migrantensprachen angehören.
    Im zweiten Kapitel werden die wichtigsten Migrantensprachen Türkisch, Arabisch, Russisch, Jugoslavisch, Albanisch (und einige weitere) in einem knappen Portrait vorgestellt. Zur Einstimmung auf Laut- und Schriftbild wird ein kurzer Text in der Sprache vorangestellt, mit einer ‹normalen› und, wo es nötig erscheint, auch einer wortwörtlichen Übersetzung, die die Grammatik zeigt. Dann folgen Verbreitung, kultureller Hintergrund, grundständige Grammatik (immer mit Blick auf das aktuelle Deutsche), etwas Sprachgeschichte. Man muss wissen, womit man es zu tun hat: Niemals wird man die neudeutschen Veränderungen in ihrem Kern erfassen, wenn man dabei die grammatischen Grundzüge der Migrantensprachen und den kulturellen Hintergrund außer Acht lässt. Außerdem wäre es nicht sehr realistisch anzunehmen, dass tiefere Kenntnisse hierüber in der deutschen Bevölkerung ohne weiteres vorhanden wären. Die Abschnitte zu den einzelnen Sprachen können deshalb auch separat oder zwischendurch gelesen werden – sie bieten allgemeine, aber sehr notwendige Informationen zur jeweiligen Migrantensprache und ihrer Bedeutung für das Deutsche.
    Das dritte Kapitel befasst sich mit dem, was man heute über das Migrantendeutsch weiß, angefangen vom ‹Gastarbeiterdeutsch› der ersten Migranten über die vielen hybriden Sprachformen junger Türken, Russen und Jugoslaven bis hin zum ‹Kiezdeutsch›,dem Multi-Kulti-Slang von Jugendlichen mit vielfältigem Migrationshintergrund in Großstädten wie Berlin oder Hamburg. Hierzu gehören auch Grundinformationen zum typischen ‹Akzent› der Migranten im Deutschen. Akzent und ‹Ethnolekte›[ 6 ] sind wichtige Voraussetzungen für das Verständnis der aktuellen Veränderungen des gesprochenen Standard-Deutschen, die im vierten Kapitel durchdekliniert werden: Da sind die subtilen Verschiebungen der vier Fälle, die neue Rolle von Präpositionen, der Abbau der grammatischen Übereinstimmung der Endungen, Probleme mit dem Artikel. Zum Schluss geht es um neueste, noch ganz unbewusste Phänomene, die sich erst seit ganz kurzer Zeit im Kontext von Migration und Multikulturalität ergeben, wie z.B. Vereinfachungen in der Wurzel von Wörtern:
    â€“ Sie brachte später noch st a rkere Argumente. (statt: st ä rkere)
‹Clash of Languages›?
    Ein letztes, notwendiges Wort zum Reiz-Begriff des Clash of Languages , der an vielen Stellen im Buch auftaucht. Wir wollen beileibe keinen Linguisten-Streit vom Zaun brechen, etwa der Art, wie er sich in der Folge von Samuel Huntingtons bekanntem Buch ‹Kampf der Kulturen› (deutscher Titel; englisch: ‹Clash of Civilisations›) überall ergeben hatte. Auch wollen wir nicht das negativ besetzte Szenario ‹Sprache und Gewalt› an die Wand malen und jene Demokratisierungsprozesse gefährden, zu denen sich die Linguistik in den letzten Jahrzehnten Gott sei Dank endlich durchgerungen hat (Stichworte: Minderheitenlinguistik ; Migrationslinguistik ).
    Auch geht es nicht um die ‹Rettung› der Hochsprache oder darum, nationalsprachliche Mythen wieder aufleben zu lassen. Immer muss man sich bewusst sein, dass Deutschland ein multilinguales Land ist und seine neuen Sprachen mit dem Deutschen in unübersehbare Kontakte und Konflikte treten können. Deshalb wollen wir die Perspektive darauf richten, dass ‹Sprachkontakt› ein neutraler Begriff sein sollte, der nicht automatisch auf ‹gute› oder ‹schlechte› Kontakte abzielt.
    Sprachkontakt ist andererseits aber auch kein Vakuum, in dem sich Sprachen friedlich und demokratisch miteinander abgeben und sich alles Gute wünschen. Der Altmeister der Kontaktlinguistik,der Brüsseler Linguist Peter Nelde, prägte schon vor Jahrzehnten das Wort von «Sprachkontakt und Sprachkonflikt». Für ihn ist Sprache ein mächtiges «Sekundärsymbol für zugrundeliegende Konfliktursachen soziopolitischer, politischer, religiöser oder historischer
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