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Mürrische Monster

Mürrische Monster

Titel: Mürrische Monster
Autoren: Royce Buckingham
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Hafenviertel brachte das erste Tageslicht kein Glück. Die Taverne war morgens geschlossen, und normalerweise konnten die kleinen wurmartigen Geschöpfe nach Lust und Laune in den halbvollen Biergläsern planschen, die noch überall herumstanden, und sich auf den klebrigen, abgewetzten Tischen austoben, bis die Putzkolonne erschien und sie sich wieder in die Bierfässer hineinquetschen mussten, die ihnen als Unterschlupf dienten.
    Die winzigen Kerle waren keine bösartigen Dämonen, sondern alberne Kobolde, die abends, wenn der Pub voll war und es hoch herging, in den Bierkrügen schwammen, die Kehlen der feiernden Gäste hinabrutschten und zum Hirn aufstiegen, um sich dort für einige Stunden nach Herzenslust auszutoben. Es war eine Art Sport für sie. Irgendwann verschwanden sie wieder ebenso unbemerkt, wie sie gekommen waren, und ließen ihre menschlichen Wirte nicht mitgenommener zurück, als sie es ohnehin gewesen wären. Aber es war auch möglich, dass ein besonders trinkfreudiger Gast am nächsten Tag schlimme Kopfschmerzen hatte, weil zu viele der lustigen Winzlinge seinen Kopf durcheinandergewirbelt hatten.
    Das sorglose Treiben der Mini-Dämonen fand an diesem Morgen jedoch schon vor Ankunft der Putzkolonne ein jähes Ende. Ein seltsamer Schatten erschien am Fenster, während über der Bucht die Sonne aufging. Sekunden später barst die Glasscheibe nach innen und zerstörte das vergnügte Treiben.
    Kichernd krabbelten sie auf die Bierfässer zu, die ihnen Sicherheit versprachen. Aber es waren langsame Geschöpfe, und der Eindringling war schnell. Er schlüpfte durch die geborstene Fensterscheibe und schnitt ihnen den Weg ab, so dass sie ihm schutzlos ausgeliefert waren.
    Es war kein Dämon, denn er verströmte kein Chaos, sondern stellte den kleinen Possenreißern ganz systematisch nach, trieb sie zusammen wie ein Hund eine Schafherde. Es war auch kein Mensch, denn offenkundig konnte er die Dämonen sehen. Er war etwas anderes.
    Die Bierwürmer waren eine schlichte Form des Chaos und nicht besonders klug. Sie scharten sich am Tresenende zusammen und stapelten sich zu einem verschlungenen Haufen, um Schutz in der Gruppe zu finden – ein Fehler. Der Schatten baute sich über ihnen auf, stieß einen spitzen Scherenarm in den Haufen und hielt sich einen von ihnen vor das aufgerissene Maul. Der unglückliche Dämon, den er herausgepickt hatte, quiekte, als der Angreifer ihn zerquetschte. Man hörte ein hohles Knacken, dann spritzte das flüssige Chaos, das dem zuckenden Bierdämon Leben verlieh, aus seinem Kopf und hinein in den offenen Schlund des Eindringlings. Er schnippte den Kadaver von sich wie eine leere Erdnussschale und stieß den grauenvollen Scherenarm dann erneut hinab, um den nächsten armen Wurm herauszuklauben. Da sie alle auf einem Haufen lagen, konnte der Dämonenfresser gar nicht danebengreifen.
    Er saß am Tresen und verschlang die wimmernden kleinen Wesen, verärgert darüber, dass ihm der riesige, köstlich duftende Troll entkommen war, während er noch dabei gewesen war, eine passende Gestalt anzunehmen, um die riesige Figur hinunterwürgen zu können. Aber in dieser Stadt namens Seattle wimmelte es von Dämonen, und einige prächtige Exemplare lebten sogar völlig arglos im Freien; er brauchte sie nur aufzuspüren und zu verschlingen. Außerdem spürte er, dass sich eine große Zahl von Dämonen an demselben Ort aufhielt – diesen Ort galt es nur noch zu finden.

4. Kapitel
    Gartenarbeit mit
Hindernissen
    Richie verließ den Tumult, den die Dämonen drinnen veranstalteten, und ging hinaus in den wild wuchernden Garten. Das Haus steckte voller unberechenbarer Wesen, und Nate hatte sie alle ins Herz geschlossen, selbst die schlimmsten unter ihnen. Er erinnerte Richie immer wieder an seine Aufgabe als Dämonenhüter-Lehrling, den Geschöpfen einen sicheren Ort zum Leben zu geben und dass es ihre heilige Pflicht sei, das über Generationen zusammengetragene Werk ihrer Dämonenhüter-Vorgänger zu bewahren. Aber es war schwer, wenn sich ihre Schutzbefohlenen wie eine Schulklasse voller arroganter frecher Kinder benahmen. Technisch betrachtet, war Nate volljährig, aber Richie fühlte sich noch nicht alt genug, um sich schon wie ein verantwortungsvoller Erwachsener zu verhalten, deshalb hörte er jedes Mal zu und nickte brav, aber mit den Einzelheiten des Dämonenhütens nahm er es längst nicht so genau wie sein Mentor. Solange die Dämonen nicht umkamen oder entwischten, leistete er für
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