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Münsterland ist abgebrannt

Münsterland ist abgebrannt

Titel: Münsterland ist abgebrannt
Autoren: Jürgen Kehrer
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entschuldige. Ich vergaß dein Trauma.»
    «Ich hab kein Trauma.»
    «Nee, du gehst nur seit zwei Jahren zu unserer Psychologin.»
    «Vorschrift», brummte Bastian. «Ich bin dazu verdonnert worden.»
    «Die Hagemeister steht auf dich», wechselte Udo unvermittelt das Thema. Bastian erschien es allerdings nicht weniger heikel.
    «Tatsächlich?», fragte er.
    «Ja. Wie sie dich angeguckt hat. Ich kenn mich da aus, glaub mir.»
    Seit ihn seine langjährige Freundin Lisa verlassen hatte, trat Bastians Privatleben ebenso auf der Stelle wie seine Karriere. Doch auch das wollte er jetzt nicht mit Udo erörtern. «Hab ich nicht gemerkt.»
    «Deswegen sage ich es dir ja.»
    «Und wenn schon.
Don’t fuck in the factory
– weißt du doch.»
    |||||
    Um zehn vor zwölf schickten sie ihren Bericht ab. Kurz darauf klingelte das Telefon.
    «Glückwunsch», sagte Susanne Hagemeister. «Du bist Mitglied der Mordkommission. Ich habe mit deinem Kommissariatsleiter schon alles geklärt.»
    «Gibt es denn irgendwelche Zweifel?»
    «Erzähl ich dir unterwegs. Wir fahren zur Rechtsmedizin, um bei der Obduktion dabei zu sein. In fünf Minuten auf dem Hof.»
    «Ja!» Bastian knallte den Hörer auf die Halterung und sprang auf. «Ich bin in der MK .»
    «Mordkommission?», schnaubte Udo, dessen Schreibtisch gleich neben Bastians stand. «Wer hat sich denn diesen Schwachsinn ausgedacht?»
    «Keine Ahnung. Hauptsache, ich bin dabei.»
    |||||
    «Eigentlich ist das mehr Show als Notwendigkeit», erklärte Susanne Hagemeister, als sie vom Polizeipräsidium am Friesenring in Richtung Gievenbeck fuhren. «Vor der Presse kommt es einfach besser, wenn Willenhagen sagt, dass vierzig Beamte an den Ermittlungen beteiligt sind.»
    «Ihr geht also auch von Suizid aus?», fragte Bastian.
    «Es gibt bis jetzt nichts, was dagegenspricht. Aber wir müssen auch die Plausibilität klären: Steckte Mergentheims Bank in finanziellen Schwierigkeiten? Hatte er private Probleme? War er vielleicht depressiv oder todkrank? Brunkbäumer und Willenhagen möchten am liebsten bis siebzehn Uhr ein komplettes Ergebnis auf dem Tisch haben. Und damit sind vierzig Leute gut beschäftigt.» Susanne bog vor der Hautklinik in eine schmale Nebenstraße ab. Das Institut für Rechtsmedizin befand sich hinter dem Klinikkomplex.
    Susanne parkte vor dem Institutsgebäude und stöckelte auf hohen Absätzen zum Eingang. «Bin ich froh, dass Mergentheim noch halbwegs frisch ist. Ich hasse Gammelleichen. Den Geruch kriegt man nicht mehr aus der Kleidung.»
    Sie trug einen schwarzen Hosenanzug. Das sah auf den ersten Blick ziemlich seriös aus, auf den zweiten etwas tantenhaft. Nein, Bastian konnte sich nicht vorstellen, mit Susanne etwas anzufangen. Falls Udo recht hatte mit seiner Vermutung, dass Susanne es auf ihn abgesehen hatte, waren die Gefühle sehr einseitig verteilt.
    Drinnen wartete bereits das Obduktionsteam. Es bestand aus zwei Rechtsmedizinern und einem Sektionsassistenten. Der männliche Rechtsmediziner war groß und blond, seine Kollegin klein und zierlich. Auf ihren asiatischen Zügen lag ein Lächeln, so klar und rein wie eine Bergquelle im Himalaya.
    «Yasi Ana», sagte sie und reichte Bastian die Hand. «Ich freue mich.» Der kaum merkliche Akzent machte die Stimme noch attraktiver. Und ihre fast schwarzen Augen musterten ihn so offen, dass er schlucken musste. Zum letzten Mal war er so taxiert worden, als er versehentlich eine Schwulenbar betreten hatte. Bastian fragte sich, ob er ihren Blick persönlich nehmen durfte oder ob sie jeden Fremden so behandelte, als wäre er der potenzielle Vater ihrer Kinder.
    Die beiden Polizisten folgten dem Obduktionsteam durch verwinkelte Flure und einen Innenhof. Der Sektionssaal lag in der Nähe des Hintereingangs, so kamen die Leichen ohne großen Umweg auf den Metalltisch.
    Als die Rechtsmediziner mit ihrer Arbeit begonnen hatten und die Knochensäge kreischte, stellte Bastian die Frage aller Fragen: «Wer ist sie?»
    «Kommt aus China», sagte Susanne. «Hat in Deutschland studiert. Soll sehr begabt sein.» Bastian spürte den Blick der Hauptkommissarin. «Und sieht gut aus, findest du nicht?»
    «Nicht mein Typ», antwortete er eine Spur zu schnell.
    In den nächsten Stunden löste sich Mergentheims Leiche in ihre Einzelteile auf, Herz, Lunge, Leber, Nieren und Gehirn wurden fotografiert, gewogen und kleine Proben zu den Labors in den anderen Abteilungen des Instituts geschickt. Yasi Ana und der blonde Rechtsmediziner erklärten
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