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München - 2030

München - 2030

Titel: München - 2030 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Golfidis
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verhangen. Die Wartenden hatten sich in ihre Mäntel und Schals gehüllt und trotzten der eisigen Temperatur. Endlich fuhr ein paar Minuten darauf der Bus heran, doch als er sich zum Einsteigen senkte und die Türen öffnete, gab es sofort ein unbeschreibliches Gedränge auf die noch freien Sitzplätze. Eine Alte, die zuvor noch ganz friedlich dagestanden hatte, prügelte mit ihrem Stock einen Mann mit Gehwagen zur Seite. Ein buckliger Opa, vermutlich unter Alkohol stehend, nutzte seinen Rollator als Rammbock und fuhr damit erfolgreich ein altes Mütterchen nieder, über welche er dann auch noch mit seinem Gefährt hinwegstieg.
    Einige beleidigten sich und bedrohten einander, dass man Angst bekam sie würden noch vor dem Losfahren des Busses einen Herzanfall erleiden. Eine bösartige Greisin sprach Flüche aus, mit der sie eine andere Alte bedachte. Und ein Mann schlug einem Anderen seinen Stock auf die Nase. Nach Minuten war endlich Ruhe eingekehrt und die Passagiere hatten jeder einen mehr oder weniger guten Platz gefunden.
    Victor konnte diesmal von Glück sprechen, er hatte sich am Ende zu einem Stehplatz durchgerungen und dabei nur einen Stockhieb kassiert.
    An den anderen Haltestellen wiederholten sich die Szenen und Victor war froh, als er endlich am Hauptbahnhof aussteigen konnte. 

Kapitel 3
     
    Pillen-Ede
     
    Kaum war er am Bahnhof ein wenig herumgelaufen und hatte sich die Beine vertreten, stach ihm in einiger Entfernung ein Typ mit Rollator ins Auge. (Victor hatte inzwischen einen berufsmäßig geschulten Blick, was teure Rollatoren anbelangte). Der Typ war ein etwa achtzigjähriger Alter, der einen dicken Pelzmantel trug. Er war umgeben von einer Traube, bestehend aus buckligen und gebrechlichen Alten, die ihn wie vom Licht angezogene Insekten umschwirrten. Die Situation hätte nicht grotesker erscheinen können. Der Alte mit dem Rollator wirkte trotz seiner Bejahrtheit gepflegt. Seine Haare waren tiefschwarz und mit Gel nach hinten gestrichen (vermutlich waren sie gefärbt oder es handelte sich um ein Haarteil), die Hände schienen manikürt und an den Fingern trug er dicke Goldringe. Die Alten die ihn umrundeten sahen dagegen kränklich, heruntergekommen und verwahrlost aus.
    Der ganze Pulk bewegte sich langsam auf Victor zu. Victor war nicht entgangen, dass jener in einen Pelzmantel gehüllte Fremde, den selben Rollator vor sich herschob, den Victor kürzlich in der Werbeanzeige gesehen hatte.
    Es war der ferarrirote Rollator mit GPS-System, Touch-Bildschirm und der Funktion »MediMemorie«, sowie dem am Griff befestigten Multifunktionsschlagstock mit integrierten 500.000-Volt-Teaser und Pfefferspray. Victors Herz schlug einen Tick schneller.
    Jetzt war der Alte mit dem Rollator nur noch etwa zehn Meter von ihm entfernt. Einer der Greise die ihn belagerten, ein sichtlich hinfälliger uralter Mann, der offenbar an Alzheimer litt, schien am aufdringlichsten zu sein.
                »Ga-ga-ga-ga-ga-ga-ga-ga – gib mir Pille – ga-ga-ga-ga«, stotterte der Greis unablässig – wobei er immer wieder seinen zahnlosen Mund aufriss, als wäre er ein an Land gestrandeter Fisch und mit dem Daumen in seinen Rachen zeigte.
    Nun hörte Victor den Alten im Pelzmantel ein paar Wörter mit gedämpfter Stimme sprechen.
    Nachdem er noch einige Meter herangekommen war, schnappte er ein paar Wortfetzten davon auf.
                »Nirwana-Pillen – die besten die es gibt.«
     
    Jetzt wusste Victor Bescheid: Der Alte mit dem Luxus-Rollator war ein Nirwana-Pillen-Andreher. Ein Dealer. Einer von jenen skrupellosen Scheusalen, die mit dem Tod ihrer Mitmenschen noch einen Reibach machten.
     
    Die originalen Nirwana-Pillen bestanden aus einem Mix von zwei Wirkstoffen:
    Ecstasy (MDMA), auch als Liebespille bezeichnet, zählte zur Gruppe der Amphetamine. Die Droge die Anfang der 80er und 90er Jahre in der Raver- und Technoszene konsumiert wurde, fand sich nun vorwiegend in den als Nirwana-Pillen bezeichneten Selbstmord-Präparaten.
    Pentobarbital war eine Substanz, die früher zur Sterbehilfe oder auch als Mittel zur Vollstreckung der Todesstrafe in den USA Verwendung fand. Aber auch in der Tiermedizin wurde es zum Einschläfern von Groß- und Kleintieren eingesetzt.
     
    Besonders skrupellose Nirwana-Pillen-Dealer verkauften jedoch auch gefakte und täuschend echt aussehende Nirwana-Pillen. Häufig bestanden diese aus reinem und zu Tabletten gepressten Arsen oder Rizin – was neben Krämpfen,

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