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München - 2030

München - 2030

Titel: München - 2030
Autoren: Alexander Golfidis
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entziffern. HAUS SONNENSCHEIN AUFGEFLOGEN. Susann griff sich ihre Lesebrille.
    Die Unterüberschrift lautete: MORPHONISCHE STATION in Haus Sonnenschein entdeckt.
    Dann war zu lesen, dass Haus Sonnenschein eine geheime Wachkomastation betrieben hatte, Die MORPHONISCHE STATION. Und dass die dortigen Patienten von einer Maschine, die DER EWIGE ATEM hieß, in eine Art Tiefschlaf versetzt worden waren. Diese Teufelsmaschine betonte der Redakteur, war in der Lage, die Atemfrequenz soweit herunterzusenken, dass die Menschen die damit beatmet wurden, bis zu hundertfünfzig Jahre alt wurden. So alt war nämlich der älteste Patient, der in Haus Sonnenschein gefunden wurde. Man hatte ihm 1978 ein neues Hüftgelenk eingesetzt und seither galt er als vermisst. Jetzt war er wieder aufgetaucht – hundertfünfzigjährig – in Haus Sonnenschein. Die Zeitung schrieb, dass es wohl mehrere Saboteure gegeben haben musste, da die gesamte Belegschaft der Haustechnik (zwei Angestellte) sowie die der Rollatorwerkstatt (drei Angestellte), also insgesamt fünf Personen, seither spurlos verschwunden waren. Auch war es zunächst ein Rätsel, wie sie es geschafft hatten, unbemerkt an der Wachstation vorbeizukommen. Haus Sonnenschein verfügte über eine auf dem neuesten Stand ausgestattete Überwachungsanlage. An dieser Stelle verwies der Redakteur auf eine unbestätigte Quelle aus Polizeikreisen, laut dieser Information, habe der wachhabende Beamte unter einer schlimmen Art der Narkolepsie gelitten und die Ereignisse sozusagen verschlafen.
    So konnten die Saboteure ungestört die Maschine DER EWIGE ATEM lahmlegen. Die Mitarbeiter von Haus Sonnenschein hatten vergeblich versucht, die Sache wieder in den Griff zu bekommen. Die Saboteure hatten ganze Arbeit geleistet. Es waren so viele Schläuche, Leitungen und Kabel durchtrennt, dass die Maschine nicht mehr zu reparieren war. Und schließlich, nachdem der Blasebalg heiß gelaufen war, einen Totalausfall hatte.
    In der Folge waren 1789 Patienten aus ihrem Koma erwacht. Die Mitarbeiter von Haus Sonnenschein hatten noch versucht sie zu beruhigen. Doch zuletzt waren sie gezwungen, vor ihnen zu fliehen. Die Alten begannen zu randalieren und schlugen ganz Haus Sonnenschein kurz und klein – sie machten es in ihrer Wut beinahe dem Erdboden gleich.
    Aufgrund der Geschehnisse in Haus Sonnenschein, hatte sich nun sogar die Regierung eingeschaltet. Sie versprachen die Verantwortlichen vor Gericht zu stellen und eine neue Gesetzesgrundlage zu erschaffen, damit so etwas zukünftig nie wieder geschehen konnte. Zugleich kündigten sie neue Lebensmittellieferungen für den Süden an. Es war von 500.000 Tonnen Kidneybohnen die Rede.
     
    Unterhalb des Berichtes, war noch eine Pressemeldung der Firma Monsanto zu lesen. Darin gab Monsanto bekannt: Die Firma habe sich die Patente an der Maschine DER EWIGE ATEM gesichert. Und beabsichtige in Kürze ein tragbares Gerät zum Gebrauch für die Nacht anzubieten mit dessen Hilfe sich die Lebenserwartung, bis zu einem Alter von hundertvierzig Jahren, erhöhen lasse. Und das bei bester Gesundheit, wie Monsanto betonte.
     
    Was Victor jedoch noch nicht gelesen hatte, war ein kleiner Artikel, der auf der nächsten Seite stand und indem von einem Randalierer am Flughafen berichtet wurde. Es war bis zum Redaktionsende noch nicht geklärt, ob der Mann zu Randalieren begann weil man ihm mit seinem Rollator den Zutritt verwehrt hatte, oder ob er aus anderen Gründen mit dem Schalterbeamten in Streit geraten war. Auf alle Fälle war man gezwungen gewesen ihn in Gewahrsam zu nehmen. Und bei der Überprüfung der Personalien stellte sich heraus, dass er einen gefälschten Ausweis vorgelegt hatte. Ein darauf angeordneter Genabgleich brachte schließlich zutage, dass es sich bei dem Randalierer – ein achtundneunzigjähriger alter Mann – um einen schon lange gesuchten Verbrecher handelte, dem neben zahlreichen anderen Delikten, der illegale Verkauf von Sterbehilfepräparaten sowie Menschenhandel angelastet wurde. Fernerhin werde noch geprüft, ob er mit dem Massenselbstmord einer Sekte im Stadtteil Milbertshofen in Verbindung stehen könnte – wobei nach dem Sektenführer, einem gewissen Pillen-Ede, noch mit Hochdruck gefahndet werde.
    Der Beschuldigte wurde noch am gleichen Tag nach Stadelheim verbracht.
     
     
     
    Ende

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    Texte: © Copyright by Alexander Golfidis, [email protected]
    Bildmaterialien: © Copyright by Alexander Golfidis

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