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Mueller hoch Drei

Mueller hoch Drei

Titel: Mueller hoch Drei
Autoren: Burkhard Spinnen
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undurchführbar. Man geht nun einmal nicht in ein Spezialgeschäft und kauft sich das Bastelmaterial für eine nette Familie zusammen. Und erst recht nicht als Vierzehnjähriger, selbst wenn man es in Gestalt von Drillingen versucht. Mit vierzehn ist man, wie mein Vater sagen würde, ein »Spielball der Naturgewalten«. Man muss abwarten, was kommt, und froh sein, wenn es einem nicht auf den Kopf fällt.
    Ohne dass ich es wollte, begann die Hollywoodschaukel zu tun, was sie offenbar schlecht lassen konnte. Sie schaukelte. Und ich schäme mich kaum es zuzugeben: Sie schaukelte mich wieder zurück in den Schlaf. Vermutlich auch in einen Traum. Und es würde mich nicht wundern, wenn es ein besonders kitschiger Wunschtraum war, in dem die Müller-Drillinge unter der zurückhaltenden Begleitung irgendwelcher Erziehungsberechtigter nichts taten, als leichten Fußes über anmutige Frühlingswiesen zu hüpfen. So einer bin ich nun mal, jedenfalls im Traum, auch wenn ich im richtigen Leben allmählich einer wurde, der sich ganz gut durchschlagen kann.
    Apropos schlagen. Aus dem Traum, wenn ich ihn denn geträumt hatte, weckte mich ein synchrones Knuffen gegen meinen linken beziehungsweise rechten Oberarm. Dazu fielen leise gemurmelte Ausdrücke wie »Schlafmütze«, »Murmeltier« und »Traumtänzer«. Mit anderen Worten, rechts und links neben mir saßen meine Schwestern.
    »Neun Uhr«, sagte Paula. »Also wach auf, Nesthäkchen!«
    »Wir müssen los«, sagte Pauline leise. »Bevor deine Nachbarin auf die Idee kommt, meine Eltern zu wecken.«
    Ich streckte mich, was die Schaukel wieder zum Schaukeln brachte. »Adoptiveltern«, sagte ich. »Merk dir das mal endlich.«
    »Halt keine Ansprachen. Wir nehmen wieder den Weg durch den Garten.« Paula zeigte auf das Nachbargrundstück, das jetzt im Hellen aussah, als hätte man dort einen elektrischen Bock zum Gärtner gemacht.
    »Und wohin gehen, Pardon, fliehen wir jetzt?«, wollte ich wissen.
    »Natürlich zu deiner Tante. In dieses Café. Los jetzt, Hochschmidt und Pablo sind schon im Wagen.«
    »Das Café öffnet frühestens in einer halben Stunde.«
    »Mir egal«, sagte Paula. »Ich bin hungrig. Und dem nächsten Milchreis, den ich treffe, tu ich was an.« Dazu machte sie gewalttätige Gesten.
    »Aber da gibt’s nichts zu essen, sondern höchstens was zu atmen.«
    »Und wennschon. Ich wette, unser Mitbringsel macht uns zu Ehrengästen.«
    Ich konnte nicht anders und kostete die Lage noch ein wenig aus. »Ich will nicht wieder über Zäune klettern. Ich bin ein freier Drilling. Und das hier ist mein Haus, welches ich ausschließlich auf würdige Art und Weise verlasse. Das heißt: aufrecht durch die Vordertür.« Womit ich aufstand und tatsächlich äußerst würdig in Richtung Haustür ging. Die Mädchen folgten mir durchs Wohnzimmer in den Flur.
    »Bleib stehen!« Paula nahm meinen Arm, aber ich ließ mich nicht aufhalten.
    Pauline lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand. »Du machst alles kaputt! Du machst uns drei kaputt.«
    »Mache ich nicht.« Und damit öffnete ich die Haustür. Das Bild dahinter war ergreifend schön. Eine Wohnsiedlung in bester Lage und im Licht der Morgensonne. Und was das Bild besonders schön machte: Es war vollkommen benzfrei.
    »Wo sind sie?« Das kam zweistimmig.
    »Unterwegs nach Marseby. Ich habe zwei Wochen für uns herausgeschlagen. Die haben wir Zeit, uns eine neue Familie zu basteln.« Ich trat zu Pauline. »Wenn wir das nicht schaffen, holen sie dich wieder ab.« Und dann nahm ich ihre Hand. »Übrigens: Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!«
    Pauline ließ mir die eine Hand, die andere schlug sie sich vor den Mund.
    »Stimmt das wirklich?«, sagte Paula.
    »Das stimmt wirklich. Mein Geburtstagsgeschenk für uns drei.« Eine Sekunde später hing mir Paula um den Hals, und zwei Sekunden später tanzte sie mit Pauline durch unseren Flur, dabei sangen die beiden ein unsäglich peinliches Lied, dessen Text ich niemals wiedergeben werde. Ich durfte derweil die Lateindompteuse halten. Schließlich liefen die Mädchen hinaus, um Bruno die gute Nachricht mitzuteilen.
    Als ich ein paar Minuten später in den Vorgarten trat, öffnete sich die Tür des Nachbarhauses und Frau Glossbach erschien in einer Art Mischbekleidung aus Schlaf- und Taucheranzug. Sie hob eine Hand, ließ sie drohend in der Luft kreisen und zeigte dann auf mich. Anschließend sagte sie einen ziemlich langen Satz, in dem die Wörter »Gemeinheit«, »Schadenersatz« und
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