Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition)

Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition)

Titel: Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition)
Autoren: Edward Kelsey Moore
Vom Netzwerk:
hatte. Aber Richmond grinste bloß und sagte: »Was soll ich sagen? Meine Frau will mich eben lebendig.«
    Clarice und Richmond waren anscheinend zu einer Übereinkunft gekommen. Clarice machte sich keine Sorgen mehr in der Hölle zu landen, weil sie Liebe ohne Leiden für sich beanspruchte. Richmond kämpfte nicht mehr dafür, dass sie zu dem Leben zurückkehrten, das sie geführt hatten, bevor sie ihn verlassen hatte. Ich freute mich darüber. Meine Freundin Clarice liebte ich natürlich, aber Richmond Baker war auch ganz okay.
    Der Hauptgrund, warum ich Richmond ausgesucht hatte, um mich zu meiner Platane zu bringen, war, dass er die körperlich stärkste Person war, die ich kannte. Mit seinen siebenundfünfzig Jahren war er noch immer ein wahres Muskelpaket. Außerdem hatte sich Richmond als derjenige meiner Freunde erwiesen, der am ehesten bereit war Dinge zu tun, die andere Leute für falsch hielten. Aber es stellte sich heraus, dass er noch weitere nützliche Eigenschaften hatte. Erstens hatten Jahre der Heimlichkeiten es Richmond gelehrt, wie man die Klappe hielt. Wir hatten es ins Krankenhaus geschafft, bevor die anderen zurück waren. Ich entschuldigte mich bei meinem Arzt, und Richmond bezirzte die Krankenschwestern. Und als James, die Supremes, mein Bruder und die Kinder zurückkamen, war mit dem Krankenhauspersonal bereits eine Übereinkunft getroffen worden, dass wir so tun würden, als habe meine Flucht aus der Klinik nie stattgefunden.
    Ich überlegte James zu erzählen, was ich getan hatte. Aber ich beschloss, dass es besser für alle Beteiligten wäre, besonders für mich, wenn ich es ließe. Meiner Ansicht nach hatte James schon genug um die Ohren. Er war ein guter Ehemann, dessen Frau Krebs hatte. Er war ein Gesetzeshüter, der weiterhin so tun musste – zumindest noch ein bisschen länger –, als ob er nicht mitbekam, dass ich jeden Tag Marihuana rauchte. Und jetzt musste er auch noch damit klarkommen, dass eine ganze Truppe toter Leute durch sein Leben tanzte. Nein, die ganze Sache mit meiner Flucht nach Leaning Tree war etwas, was ich und mein neuer Kumpel Richmond lieber für uns behalten würden.
    »Da ist Miss Minnie«, rief jemand, und Clarice verlor jedes Interesse an Richmonds Diät, Barbara Jean hörte auf, Chick anzuhimmeln, und ich vergaß, über meine eigenen kleinen Geheimnisse nachzugrübeln. Zusammen mit allen anderen in Earl’s Diner starrten wir durchs Fenster hinüber zum Haus auf der anderen Straßenseite.
    Ich suchte die Vorderseite von Minnies Haus mit den Augen ab, konnte jedoch nichts sehen. »Wo ist sie?«, fragte ich.
    »Schau hoch«, sagte Barbara Jean. »Sie ist auf dem Dach.«
    Eindeutig, da war Minnie. Sie kletterte gerade rückwärts aus einem der oberen Fenster und dann auf das Stück Dach über der Veranda.
    »Was um Gottes willen macht sie da?«, fragte Clarice, während wir zusahen, wie Minnie auf den schrägen Schindeln Halt fand. Dort oben zu balancieren musste ganz schön schwierig sein, denn zu ihrem lilafarbenen Wahrsagergewand mit dem Sternzeichenmuster und dem weißen Turban trug sie außerdem ihre orientalischen Satinschuhe mit den Schnabelspitzen.
    »Ich glaube, sie will runterspringen«, sagte ich.
    »Das ist aber ein ganz schön umständlicher Weg, um eine Prophezeiung wahrzumachen«, meinte Barbara Jean. »Wenn sie das durchzieht, dann muss man sie wirklich für ihre Arbeitsmoral bewundern.«
    Clarice verdrehte die Augen. »Oh bitte, die springt doch niemals! Ihr wisst genauso gut wie ich, dass Minnie McIntyre nicht sterben wird, bevor sie sich nicht irgendeine geheimnisvolle, schleichende Krankheit holt, über die sie dann Jahrzehnte lang jammern kann. Bis irgendjemand ausrastet, weil er ihr Gequatsche nicht mehr ertragen kann, und sie mit einem Kissen erstickt.« Sie schnappte sich ein Chickennugget von meinem Teller und biss hinein.
    »Klingt so, als hättest du schon darüber nachgedacht, Clarice«, sagte ich. »Was ist denn mit dem neuen wohlwollenden Blick aufs Leben, den dir die Unitarier angeblich verschaffen?«
    »So lang bin ich ja noch keine Unitarierin«, erwiderte sie und gestikulierte mit dem Rest des Chickennuggets. »Ich muss noch an mir arbeiten.«
    Barbara Jean, wie immer die edelmütigste der Supremes, sagte: »Es sollte wirklich jemand rübergehen und sie überreden, runterzukommen.«
    Aber niemand rührte sich. Sicher war Barbara Jean schon als sie es sagte, klar, dass sie Mühe hätte, auch nur eine Menschenseele in dieser
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher