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Mr. Sex

Mr. Sex

Titel: Mr. Sex
Autoren: Carolin Mueller
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Haustür.
    Öko- Margot aus dem ersten Stock stand vor mir. Wie immer war sie praktisch angezogen: Bequeme Birkenstockschuhe, eine rote, ausgewaschene Hochwasser-Jeans aus den 80ern und ein viel zu großes Holzfällerhemd, welches sicherlich vor 20 Jahren sehr teuer und, da es schließlich noch gut erhalten war, selbstverständlich auch noch gerne getragen wurde.
    Margot war eine große, stämmige Frau mit Kurzhaarschnitt und natürlich ungeschminkt und ungefärbt.
    „Gud en Abend, Chris“, eröffnete sie das Gespräch, „alles klar bei dir?“
    „Ja, alles bestens“, antwortete ich und blickte fasziniert auf Margots stramme Waden, die sich durch die roten Hosen abzeichneten.
    „Bei euch beiden auch?“
    „Ja. Mir gehe e bissje weg heut Obend“ – mit diesen Klamotten? – „un do is mir uffgefalle, dass die Mülltonn noch enausgestellt werdde muss. Bitte vergess es nit widder!“
    Bums, da hatte ich wieder einen Rüffel weg.
    Wenn sie doch sieht, dass die se blöde Mülltonne noch auf die Straße geschoben werden muss, dann soll sie es doch machen! Nein, das geht aber nicht. Schließlich muss man seine Mitmenschen ständig erziehen und belehren. Sie sollte lieber mal an ihrem rhoihessische Dialekt arbeide , als ständig nach Fehlern  bei anderen zu suchen und den Wachhund zu spielen.
     
    Ich war ungerecht, und ich wusste es. Margot suchte nicht nach Fehlern. Nie. Sie hatte einfach nur keine Lust auf überquellende und stinkende Mülltonnen und auf Stress im Haus, den die strenge Hilde folglich machen würde. Es wäre nicht das erste Mal, dass Kemal und ich den Mülltonnen- und auch den Treppenhaus- und Straßenkehrdienst vergessen hätten. Wäre uns das noch nie passiert, müsste uns Margot nicht darauf aufmerksam machen!
     
    Margot ist wirklich lieb. Sie nervt eben manchmal, weil sie keine Ende beim Erzählen findet und mit ihrem Öko-Trip und Hauptsache „gesund“ und so, aber das ist eigentlich auch schon alles, was man an ihr aussetzen kann. Ansonsten ist sie absolut in Ordnung und ihr Mann, Albert, auch.
    Margot arbeitet im – wie sollte es auch anders sein - Bio laden um die Ecke und Albert ist Hautarzt und hat eine Praxis in unserer Stadt. Die beiden haben Kemal und mich schon öfters zu sich nach oben eingeladen und sie sind auch schon mehrmals bei uns gewesen. Die Abende waren immer schön. Margot kocht die tollsten Bio-Köstlichkeiten und Albert erzählt eine lustige Geschichte nach der anderen – wenn er nicht gerade von Tierversuchen berichtet.
     
    Als Reaktion auf ihren Anschiss sagte ich:
    „Klar, mach ich. Ich hätte die Mülltonne dieses Mal wirklich nicht vergessen, aber trotzdem lieb, dass du mich noch einmal daran erinnert hast.“
    Ich lächelte und dachte, dass ich natürlich nicht an die verdammte Mülltonne gedacht hätte.
    „Dann wünsch ich Euch viel Spaß! Grüß Albert von mir.“
    „Danke, mach isch. Un en scheene Obend. Tschüß.“
    „Tschüß, Margot.“
     
    Ich machte kehrt und ging zur Treppe.
    „Kemal!“ rief ich nach o ben, „du könntest auch mal an die verdammten Mülltonnen denken. Immer muss ich alles machen. Wir sind schon wieder dran und hätten es fast schon wieder vergessen. Margot hat mich daran erinnert!“
    Ich hatte jetzt einfach Lust, meinen Ärger an irgendjemandem auszulassen und da nur Kemal in der Nähe war, bekam er meinen Frust ab.
    Ich wartete auf seine Antwort. Sie kam nicht. So rief ich erneut: "Kemal. Hast Du gehört, was ich gesagt habe?"
    „Ach, Hummelchen", rief er gelassen zurück, "sei nix böse mit mir. Du weißt doch, ich hab nix gutes Gedächtnis. Du kannst Dir so Sachen merken viel besser als ich.“
    Das ist so typisch für ihn. Mit ein paar schmeichelnden Worten meint er immer, es wäre getan. Und letztendlich erreicht er ja auch immer sein Ziel. Wie sollte ich ihm auch böse sein?
    Kemal ist stinke -faul und vergesslich und seinen Mitmenschen bleibt gar nichts anderes übrig, als ständig für ihn mitzudenken.
     
    Also schnappte ich mir den Haustürschlüssel und ging - nicht wirklich besser angezogen als Margot - zur Mülltonne, um sie auf die Straße zu schieben. Meine fasst frisch gewaschenen Haare – das wollte ich später machen, bevor ich mich mit ein paar Freundinnen traf – hatte ich zu einem merkwürdigen Knoten zusammen gebunden. Mein T-Shirt war seit mindestens einem Jahrzehnt in meinem Besitz und meine viel zu kurzen Shorts schmeichelten meinen mittelschlanken, weißen Beinen auch nicht gerade.
    Die
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