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Mr. Sex

Mr. Sex

Titel: Mr. Sex
Autoren: Carolin Mueller
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muss ich den Akku ja noch aufladen.“
    Immer schön ordentlich!
    Hilde ist eine große, dürre Frau mit spitzem Gesicht und chronisch mürrischem Gesichtsausdruck. Alles muss akkurat ablaufen. Es gibt nicht die kleinste Abweichung von dem, wie etwas richtig zu funktionieren hat. Die Grashalme haben nicht unterschiedlich schnell zu wachsen, der Regen nicht das frisch gewaschene Auto zu bespritzen, Kinder nicht in der Mittagsruhe zu lachen und Sonntags darf man nur im Flüsterton miteinander reden – denn wenigstens am Sonntag möchte man doch einmal seine Ruhe haben! Sie ist so neugierig, dass sie sogar nachts, wenn wir spät nach Hause kommen, hinter den Gardinen steht und aus dem Fenster schaut. Jede Bewegung, jede Veränderung im Garten oder an einem selbst wird registriert und meistens - ungefragt -negativ kommentiert.
    Und v on wegen Äpfelchen , mit ihrem immer unfreundlichen Gesichtsausdruck sieht sie eher aus, als hätte sie in eine saure Zitrone gebissen, weshalb Kemal und ich sie heimlich so nennen.
    „ Der Rasenkantenschneider liegt, wie immer, an seinem Platz, Bernd“, antwortete Zitronen-Hilde mit strenger Stimme. „Und würdest du ihn direkt nach dem Benutzen aufladen, könntest du ihn jederzeit einsetzen. Ich hab dir das schon hundert Mal gesagt. Du solltest auf mich hören, Bernd.“
    „Ja, Äpfelchen“, antwortete Bernd kleinlaut und suchte weiter. Nach einiger Zeit rief er stolz:
    „Ich hab ihn gefunden, Äpfelchen.“
    Na, dann hätten wir das ja auch geklärt.
     
    Bernd kam anschließend an den Zaun und sagte:
    „Grillt ihr?“
    Clever, Bernd, wirklich clever. Nein, wir spielen Strip-Poker. Wer verliert, muss sein ausgezogenes Kleidungsstück verbrennen.
    Ich kann es übrigens überhaupt nicht leiden, wenn irgendjemand einfach so seinen Kopf über unseren Gartenzaun steckt und herein schaut. Ich stecke meinen Kopf ja auch nicht einfach in das offene Fenster anderer Leute!
    „Ja, wir grille“, antwortete Kemal - wie immer höflich.
    Ihn störte das neugierige Verhalten unserer Nachbarn gar nicht und er konnte auch meine Aggression überhaupt nicht nachvollziehen – was mich nur noch mehr aufregte.
    „Willst Du auch ein Wurst haben?“
    Kemal konnte Bernds Gelüste nach allem Essbaren absolut nachvollziehen.
    „So ein Würstchen wäre nicht schlecht“, sagte Bernd mit vor Vorfreude funkelten Augen und wischte sich, wie so oft, zuerst über seine Glatze und dann über seine dicke Wampe. Kemal reichte ihm eines unserer Würstchen über den Zaun und Plauzen-Bernd stopfte es schnell in seinen Mund.
    Aber Hilde hatte alles gesehen.
    „Bernd“, schalt sie ihn und kam aus dem Haus geschossen wie eine Rakete und stellte sich stocksteif ebenfalls an den Gartenzaun. „Du sollst nicht so viel Fett essen. Denke an dein Cholesterin. Eine Bratwurst ist ungesund und es werden nur Abfälle in der Wurst verarbeitet. Weißt du, was da alles drin ist?“
    Hilde betonte jede einzelne Silbe:
    „ Gam-mel-fleisch! Außerdem ist der Rauch des Grills krebs-er-re-gend und setzt sich in deinen Lun-gen fest. Willst du irgendwann an Lun-gen-krebs sterben, Be-er-ernd?“
    Es fehlte nur noch, dass sie ihn wie ein kleines Kind am Ohr zog.
    „Es war doch nur eine einzige Wurst“, rechtfertigte sich Bernd kleinlaut und schaute betreten zu Boden.
    Man soll te nicht meinen, dass ein erwachsener Mann sich so etwas bieten lässt. Ich war sprachlos.
    „Und übrigens, Frau König und Herr Öztürk", sagte Hilde nun an uns gewandt, in vorwurfsvollem Ton, "dürfte ich sie bitten, den Grill das nächste Mal etwas weiter weg von unserer Grundstücksgrenze aufzustellen. Unser ganzes Haus riecht nach Grillanzünder und der Rauch ist auch durch alle Räume gezogen.“
    Hilde stand kerzengerade am Zaun und scannte mit ihrem Röntgenblick jedes Detail unseres Gartens , der Terrasse und unserer Teller und Getränke.
    „Und sie wissen ja, es gibt da ein Urteil, nach dem man n ur fünfmal im Jahr Grillen darf, wenn es die Nachbarn stören sollte. Aber wir haben ja eine gute Nachbarschaft und wir sind selbstverständlich nicht so kleinlich.“ Sie setzte ihr falsches Lächeln auf und meinte bestimmt, dass wir sie als gute und ehrliche, verständnisvolle Nachbarin schätzen würden.
    Ich sagte darauf nichts. Jede Antwort wäre jetzt falsch gewesen und hätte das „ach so gute nachbarschaftliche Verhältnis“ zerstört.
     
    „Ist die ätzend“, beschwerte ich mich bei Kemal, als wir wieder im Haus waren, „was für eine
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