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Mr. Peregrines Geheimnis: Roman (German Edition)

Mr. Peregrines Geheimnis: Roman (German Edition)

Titel: Mr. Peregrines Geheimnis: Roman (German Edition)
Autoren: A.J. Hartley
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Wassers zurückkehrte und nun den Tee aufgoss.
    »Du fragst dich, warum die Uhr keine Ziffern hat«, stellte er fest, »und was die Zeichen bedeuten.«
    »Ich hatte vermutet, dass sie so eingestellt ist, um Tag und Nacht anzuzeigen«, meinte Darwen.
    »Kluger Junge«, sagte Mr. Peregrine und strahlte. »Um genau zu sein, Sonnenaufgang und Sonnenuntergang. Dahinter steckt ein erstaunlich komplizierter Mechanismus. Schließlich muss er sich den Jahreszeiten anpassen. Aber er liegt nie mehr als zwanzig Sekunden daneben, und das ist schon ziemlich genau, meinst du nicht?«
    »Ganz sicher«, sagte Darwen.
    »Sicher?«, wiederholte der Ladenbesitzer und beugte sich plötzlich zu ihm herüber. Sein Lächeln war verschwunden, und seine Augen hatten plötzlich einen drängenden, gehetzten Blick. »Sei dir solcher Dinge niemals sicher«, sagte er. »In zwanzig Sekunden kann viel passieren, Mr. Arkwright.«
    Darwen stellten sich die Nackenhaare auf. Er konnte sich nicht erinnern, dem Alten seinen Namen verraten zu haben.
    »Aber nun«, sagte Mr. Peregrine. »Tee?«
    »Eigentlich«, sagte Darwen gedehnt, »sollte ich jetzt besser gehen.«
    »Natürlich«, erwiderte Mr. Peregrine, goss dampfende Flüssigkeit in zwei Tassen und schob ihm eine herüber.
    »Tut mir leid, aber ich sollte wirklich …«
    »Gehen, ja«, stimmte ihm Mr. Peregrine zu, der seinen Tee schlürfte und lächelte. »Aber vielleicht möchtest du etwas mitnehmen. Ein kleines Erinnerungsstück vielleicht.«
    Während der Alte mit seiner freien Hand nach einem der vielen Spiegel griff, die hinter dem Ladentisch mit der großen Registrierkasse an der Wand hingen, probierte Darwen geistesabwesend seinen Tee. Er war hervorragend.
    Er sah, wie Mr. Peregrine einen der Spiegel abnahm. Er hatte einen Durchmesser von ungefähr vierzig Zentimetern, war ebenso angelaufen wie alle Spiegel in dem Laden, und sein Holzrahmen, der über die Jahre stark nachgedunkelt war, zeigte aufwendige Schnitzereien und sah beinahe so aus, als sei er einmal mit Goldfarbe bemalt gewesen, die inzwischen jedoch zum größten Teil abgeblättert war. Der Spiegel war auf seine ganz eigene Weise wunderschön.
    »Hier«, sagte der alte Mann. »Schau, ob du einen guten Platz dafür findest.«
    »Sie meinen, ich soll ihn mitnehmen?«, fragte Darwen. »Das geht doch nicht. Ich meine, das ist ein sehr nettes Angebot, Sir, und es ist ein sehr schöner Spiegel, aber …«
    »Das war kein Angebot«, sagte Mr. Peregrine und lächelte verschmitzt, als er den Spiegel über den Ladentisch zu Darwen hinüberschob. »Ich bestehe darauf.«
    »Aber ich habe kein Geld«, sagte Darwen.
    »Habe ich welches verlangt?«
    »Eigentlich sollte ich keine Geschenke von fremden Leuten annehmen«, sagte Darwen und wurde rot, weil er fürchtete, dass Mr. Peregrine diese Zurückweisung sehr unhöflich und beleidigend finden würde.
    »Fremde Leute, so?«, fragte der Ladenbesitzer. »Du meinst, ich sei ein Fremder?«
    Darwen wusste nicht, was er darauf antworten sollte. »Jemanden wie Sie habe ich noch nie getroffen«, sagte er schließlich.
    »Was so viel bedeutet wie, ja, du hältst mich für einen Fremden«, sagte Mr. Peregrine, als sei genau das zu erwarten gewesen. »Aber du weißt, wer ich bin. Mein Name steht schließlich auf dem Schild draußen vor der Tür. Und wenn dir der Spiegel nicht gefällt, dann kannst du ihn zurückbringen. Wenn es dir die Sache leichter macht, dann betrachte ihn als Leihgabe. Oder als Test.«
    »Als Test?«
    »Ich will sagen, dass du ihn eines Tages zurückbringen wirst. So wie man eine fertige Prüfungsaufgabe abgibt.«
    Darwen war sich nicht sicher, was der alte Mann damit meinte, aber er sah den Spiegel an, und obwohl er nicht erklären konnte, wieso es so war, merkte er nun, dass er ihn tatsächlich haben wollte. Er wirkte uralt, als ob er schon viele Hundert Jahre lang benutzt worden war, und plötzlich kam Darwen der Gedanke, dass der Spiegel sich irgendwie an die Menschen erinnerte, die ihn einmal besessen hatten. Er hatte keine Ahnung, woher dieser blöde Einfall auf einmal gekommen war, aber für einen kurzen Augenblick war es, als ob der Lauf der Zeit und die Gegenwart der früheren Benutzer wie warme Luft über dem Spiegel aufstiegen.
    Es war wie früher, wenn er zu Hause in England alte Burgen wie das Clitheroe Castle besichtigt hatte. Wenn er auf der Burgmauer stand, hatte er die Ritter und Bediensteten, die Lords und Ladys, die in all den Jahrhunderten dort gelebt hatten, beinahe
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