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Mr Nanny

Mr Nanny

Titel: Mr Nanny
Autoren: Holly Peterson
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Kein Wunder, dass er am Wochenende nicht auf meine Anrufe reagiert hat.« Ich schob einen Stapel Kassetten beiseite, um mir ein wenig Platz zu schaffen, und sie ergossen sich prompt wie eine Schlammlawine auf den Boden.
    »Ich dachte, du hättest das Interview in der Tasche«, sagte Abby. »Wirklich, ich war sicher, du hast es. Besonders nach deiner letzten Charme-Offensive. Goodman wird in spätestens einer Viertelstunde hier sein. Hör lieber zuerst deine Nachrichten ab, damit es wenigstens so aussieht, als wärst du am Ball, obwohl...«
    »Obwohl was?« Obwohl ich den Knaller des Jahres an eine kecke Blondine verloren hatte: Kathy Seebright, Amerikas offizieller Darling.Wir Insider wussten natürlich, was sich in Wahrheit hinter ihrem zuckersüßen Lächeln verbarg: eine knallharte Frau, die einem Mann notfalls die Eier abbeißen und ins Gesicht spucken würde. »Warum hab ich Goodman am Freitag bloß gesagt, die Sache wäre unter Dach und Fach?«, stöhnte ich. »Ich hätte wissen müssen, dass der Deal erst perfekt ist, wenn die Kamera läuft.« Nicht einmal Abby wusste, dass ich das Büro am Freitag eher verlassen hatte, um meine Tochter zum Ballett zu bringen. Die nahmen sicher an, ich sei in Sachen Deal-Betonierung unterwegs gewesen.
    Manchmal stellen sich erotische Frauen absichtlich dumm, um zu erreichen, was sie wollen. Theresa Boudreaux gehörte zu dieser Sorte: eine vollbusige Waffle-House-Kellnerin mit geradezu teuflischen Charakterzügen. Leider hatte ein hochrangiger Politiker das Pech gehabt, an eine Frau zu geraten, die schlau genug gewesen war, zu einem Fachgeschäft zu laufen und sich ein Neun-Dollar-Tonbandgerät zu kaufen. Damit hatte sie die meisten ihrer schmutzigen Telefonflüstereien mit dem Kongressabgeordneten Huey Hartley aufgenommen, einem mächtigen, scheinheiligen, seit mindestens hundert Jahren verheirateten Politiker aus dem erzkonservativen Staat Mississippi. Wenn bekannten Nachrichtenmoderatoren ein solches Interview durch die Lappen geht, werden sie richtig fies. Deshalb nennen wir Produzenten diese Leute auch »Anchor-Monster«, weil sie Monster sind, ob sie nun ein Interview verlieren oder nicht. Sie sind beängstigend, sogar wenn sie versuchen, freundlich zu sein. Aber zu mir würde an diesem Tag ganz sicher keiner freundlich sein.
    Einen Moment lang dachte ich, jetzt werden sie mich sicher feuern. Zu meiner Verteidigung muss ich sagen, dass ich mir wirklich sicher gewesen war, den Zuschlag für das Interview bekommen zu haben. Ich griff nach meinem Handy.
    Nachricht Nummer vier stammte tatsächlich von Theresa Boudreauxs Anwalt, der um zweiundzwanzig Uhr gestern Abend angerufen hatte. Was für ein schmieriger Typ! Erst als der Seebright-Deal unter Dach und Fach war, geruhte er mir mitzuteilen, dass sich die Dinge geändert hätten.
    »Jamie. Leon Rosenberg hier. Nochmals danke für die Blumen, die Sie am Freitag geschickt haben. Meine Frau war ganz begeistert. Äh, ja, wir sollten ein paar Änderungen diskutieren, die sich ergeben haben. Rufen Sie mich heute noch zurück. Sie haben ja alle meine Nummern.«
    Blind vorWut wählte ich Leons Büro an. Natürlich war seine persönliche Assistentin, Sunny, am Apparat, eine nervtötende Person, die nie wusste, wo er sich gerade aufhielt oder wie er zu erreichen war. Trotzdem ließ sie mich immer eine Zeitlang warten, um »kurz zu schauen«. Ich wartete geschlagene zwei Minuten.
    »Tut mir leid, Mrs. Whitfield. Ich weiß nicht, wo er im Moment ist, und kann Sie deshalb auch leider nicht durchstellen. Soll ich ihm etwas ausrichten?«
    »Oh ja. Richten Sie ihm Folgendes bitte wortwörtlich aus: ›Hab von Seebright erfahren. Fuck you very much. Jamie Whitfield.‹«
    »Ich glaube nicht, dass ich eine solche Nachricht weitergeben sollte.«
    »Mr. Rosenberg wird nicht überrascht sein. Er wird es angesichts der Situation für durchaus angebracht halten. Bitte richten Sie es also aus.« Ich legte auf.
    »Das wird ihm einen Tritt in den Hintern versetzen.« Charles Worthington nickte mir anerkennend zu, während er in mein Büro marschierte, sich einen Platz auf meiner Couch suchte und nach einer Zeitung griff. Charles war ebenfalls Produzent, erledigte jedoch ausschließlich investigative Aufgaben. Er war ein fünfunddreißigjähriger, hellhäutiger Afroamerikaner und entstammte der kreolischen Elite von Louisiana. Klein, zierlich und immer makellos angezogen, besaß Charles eine kultivierte, beruhigende Stimme mit einem ganz leichten
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