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Mr Nanny

Mr Nanny

Titel: Mr Nanny
Autoren: Holly Peterson
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Südstaatenakzent. Wir arbeiteten schon seit zehn Jahren zusammen, waren in dem Job sozusagen groß geworden. Ich bezeichnete ihn oft als meinen Büro-Ehemann, obwohl er schwul war.
    Dreißig Sekunden später klingelte das Telefon.
    »Ja, Leon.«
    »Jamie. Also wirklich. Musste das sein? So unhöflich? Sie ist doch nur meine Sekretärin, und jetzt ist sie den Tränen nahe.«
    » Unhöflich ? Wie wär’s mit unethisch? Unprofessionell? Betrügerisch?« Charles sprang vom Sofa und reckte stumm jubelnd die Faust in die Luft. »Sie haben mir fest versichert, dass der Deal perfekt ist. Wie viele Briefe habe ich Ihrer Klientin eigentlich geschrieben? Wie oft habe ich unseren Star-Anchorman ins Waffle-House geführt, damit er ihre matschigen Pancakes probiert? Wie kommen Sie eigentlich dazu, Kathy Seebright von ABS das Interview zuzuschustern? Und wieso hat sie sich jetzt überhaupt von einer Frau interviewen lassen? Das passt doch gar nicht zu ihr.« Sexkätzchen wie Theresa suchen sich immer männliche Interviewpartner, weil die angesichts der Beule in ihrer Hose vergessen, dort nachzuhaken, wo man nachhaken sollte.
    »Jamie, so beruhigen Sie sich doch. Es ist schließlich bloß Fernsehen.Theresa hat nun mal in letzter Minute entschieden, dass Kathy ihr die Sache leichter machen würde. Sie hat Schiss vor eurem Jungen gekriegt. Er steht ja auch in dem Ruf, unangenehme Fragen zu stellen.«
    »Und natürlich war das alles ausschließlich Theresas Idee, Leon. Sie hatten absolut nichts mit dieser Entscheidung zu tun.« Ich warf Abby und Charles einen Blick zu und verdrehte die Augen.
    »Passen Sie auf«, sagte Leon, »ich verspreche Ihnen, dass ich das wiedergutmachen werde. Ich hätte da noch ein paar versiegelte Gerichtsakten über O.J. Simpson, die würden bei Ihrem kleinen Sender mächtig einschlagen, und ich bin sicher, ich kann...«
    Ich legte auf.
    »Was war seine Entschuldigung?«, erkundigte sich Charles.
    »Das Gleiche wie jedes Mal, wenn wir jemanden an die Seebright verlieren: ›Sie ist so viel netter als Joe Goodman.‹«
    Wie hatte mir dieses Interview nur durch die Lappen gehen können? Wo ich es doch schon fest in der Tasche gehabt hatte? Warum hatte ich nicht weitere Schritte unternommen, um es uns zu sichern? Und warum wollten wir das Interview überhaupt so unbedingt haben? Weil Hartley ein umstrittener Pro-Familie-Politiker mit vier Kindern war? Rechtfertigte sein lüsternes Verhalten überhaupt den ganzen Hype? Absolut.
    Hartley war kein tiefreligiöser christlicher Konservativer, gehörte jedoch zu jenen Südstaatenpolitikern, die ihre extremen Ansichten in Bezug auf Homosexuelle und Abtreibung am lautesten kundtaten. Mit seinen vierzig Kilo Übergewicht und seiner stattlichen Größe von eins fünfundneunzig stellte er sich bei Reden meist direkt an den Rand des Podiums, von wo aus er seine Zuhörer besser überblicken konnte, und schüttelte die Faust, dass seine Hängebacken nur so wackelten. Sein grauer Schnurrbart und das Ziegenbärtchen unterstrichen seinen riesigen Mund und die vorstehende Unterlippe. Er hatte kristallklare blaue Augen und eine kahle Stelle auf dem Kopf, die allzeit vor Schweiß glänzte und das Scheinwerferlicht reflektierte. Er hatte geholfen, die Wahlen von 2004 für Mississippi und das Weiße Haus zu sichern, indem er sich vehement dafür einsetzte, dass das Referendum gegen eine Ehe von Homosexuellen in vierundzwanzig Staaten auf dem Stimmzettel landete. Diese Strategie der Regierung führte dazu, dass die konservative Landbevölkerung in den sogenannten Bibelgürtel-Staaten in Scharen in die Greyhound-Busse stieg, um zu den Wahllokalen zu fahren. Diese Strategie war ein wichtiger Faktor beim Sieg der Republikaner. Und jetzt war er bereits auf den Zug für die Wahlen 2008 aufgesprungen und setzte sich dafür ein, dass diesmal die alten Anti-Sodomie-Gesetze in den vielleicht dreißig Staaten, in denen sie noch nicht galten, ebenfalls auf die Stimmzettel kamen.
     
    Ich versuchte, mir das Ausmaß meines Fehlschlags noch einmal deutlich zu machen, bevor ich wenig später das Büro von Erik James betrat, des leitenden Produzenten. Auf diese Weise würde ich wenigstens nicht versuchen zu widersprechen. Widersprechen war keine gute Idee, wenn Erik wütend war. Er saß hinterm Schreibtisch und telefonierte, als mich seine Assistentin hereinführte. Ich starrte die zahlreichen Emmy Awards an, die auf dem obersten Regalbrett aufgereiht standen. Er arbeitete schon seit fast zwanzig
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