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Mr. Joenes wundersame Reise

Mr. Joenes wundersame Reise

Titel: Mr. Joenes wundersame Reise
Autoren: Robert Sheckley
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sollte man keine Sperenzchen machen. Aber ich hatte nicht bedacht, wie high unsere kleine Deirdre wirklich war.
    Wir marschierten los, und die Bullen kamen vorbei und schauten uns so komisch an, wie Bullen eben, und wir zogen weiter, und die Blauen fingen an, Bemerkungen über Penner und fehlende Moral und so zu machen. Ich bemühte mich, unsere Truppe in Gang zu halten, doch Deirdre schien taub zu sein. Sie drehte sich zu den Bullen um und 25
    sagte ihnen, was sie von ihnen hielt, was besonders dann unklug ist, wenn man über das Vokabu-lar und die Phantasie Deirdres verfügt.
    Der Oberbulle, ein Sergeant, machte es kurz:
    »Okay, Schwester, dann komm mal mit. Du gehst in den Bau, klar?«
    Und obwohl sie sich wehrte und wie wild um sich trat, schleppten sie Deirdre ins Bullenauto.
    Ich bekam mit, wie Joenes‘ Gesicht erst einen nach-denklichen Ausdruck annahm und sich dann die ersten Linien Bullenhaß in die braune Haut kerb-ten, und ich hatte eine verrückte Angst, denn einerseits war der Typ bis obenhin voll mit Peyote, und dann liebte er Deirdre und überhaupt jeden außer natürlich die Bullen.
    Ich raunte ihm zu: »Mann, halt dich zurück, die hauen gleich ab, und wenn Deirdre nicht hö-
    ren will, dann will sie eben nicht. Die hat sich mit den Bullen angelegt, seit sie aus New York herkam, um Zen zu studieren, und sie wird alle nasenlang eingelocht, und das macht überhaupt nichts, weil ihr Vater Sean Feinstein ist, dem nahezu alles ge-hört, was einem in fünf Sekunden einfallen mag.
    Die Cops sorgen nur dafür, daß sie wieder nüchtern wird und lassen sie dann laufen. Also dreh dich nicht um, Freund, halt die Pfoten bei dir, riskier noch nicht mal einen Blick, denn dein Vater ist nicht der alte Feinstein oder sonst jemand, von dem ich jemals gehört habe.«
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    So versuchte ich, den Typen zu beruhigen und auf andere Gedanken zu bringen, doch Joenes blieb stehen, eine heroische Gestalt im Licht der Straßenlaternen, seine Fäuste umklammerten die Gitarre, die Knöchel traten weiß hervor, und in seinen allwissenden und allen-verzeihenden Augen spiegelte sich nur ein Wille wider – mit den Bullen abzurechnen. Und er drehte sich tatsächlich um!
    Der erste Cop meinte: »Was willste, Kleiner?«
    Und Joenes erwiderte: »Lassen Sie sofort die junge Dame los!«
    Der Bulle schüttelte den Kopf. »Diese Drogen-süchtige, die sie als junge Dame titulieren, verletzt soeben den Paragraphen 431.3 der Stadtverord-nung von San Francisco. Ich rate dir, dich um deine eigenen Angelegenheiten zu kümmern, Freund-chen, und spiel auf der Straße nach zwölf Uhr ja nicht auf deiner Holzkiste.«
    Ich finde, er war auf seine Art ganz nett.
    Doch Joenes ließ dann eine Rede vom Stapel, welche einfach makellos schön war, und ich kann mich nicht mehr Wort für Wort daran erinnern, aber die Grundidee war wohl, daß Gesetze von Menschen gemacht werden und daher auch die Handschrift des dem Menschen innewohnenden Bösen tragen und daß die wahre Moral, die wahre Sittlichkeit erst gefunden wird, wenn man dem Weg folgt, den einem die erleuchtete Seele weist.
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    »Ein Roter, häh?« meinte der Anführerbulle.
    Und in Nullkommanichts oder sogar noch schneller schleiften sie Joenes ebenfalls in den Bullen-wagen.
    Nun ja, Deirdre wurde natürlich am nächsten Morgen freigelassen, entweder wegen ihres Vaters oder wegen ihrer ganz besonderen persönlichen Art, für die sie in San Francisco berühmt und be-rüchtigt ist. Doch obwohl wir überall nachschau-ten und sogar bis nach Berkeley rauffuhren, fanden wir von Joenes keine Spur.
    Keine Spur, sage ich euch! Was war mit diesem blonden Minnesänger mit den sonnengebleichten Haaren und einem Herzen so groß wie die Welt, wenn richtig erleuchtet, geschehen? Wohin war er verschwunden, mit meiner Gitarre (einer echten Tatay) und meinem zweitbesten Paar Sandalen?
    Ich nehme an, das wissen nur die Bullen, und die sagen keinen Ton. Doch ich werde immer an ihn denken, sehe ihn vor mir, Joenes, den Sänger mit der mächtigen Stimme, der sich am Tor zur Hölle umwandte, um seine Eurydice anzuschauen und schließlich das Schicksal des Orpheus mit der goldenen Stimme teilte. Ich meine, es war zwar ein bißchen anders, doch es war alles da, und wer weiß schon, in welchem fernen Land Joenes und meine Gitarre im Augenblick unterwegs sind?
    III
    DIE KONGRESSKOMMISSION
    Erzählt von Ma‘aoa von Samoa Joenes konnte nicht wissen, daß eine Kommission des amerikanischen Senats sich gerade in San Francisco
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