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Mr. Joenes wundersame Reise

Mr. Joenes wundersame Reise

Titel: Mr. Joenes wundersame Reise
Autoren: Robert Sheckley
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hübschen Gesicht und exzellenten Manieren. Er las mit großer Begeisterung und konnte sich reichlich aus der umfangreichen Bibliothek seines Vaters bedienen. Da er ein romantisch veranlagter Mensch war, wurde sein sensibler Geist durch die Lektü-
    re angeregt, über Wahrheit, Treue, Liebe, Pflicht, Schicksal, den Zufall und andere Abstraktionen zu meditieren. Dank seines Temperaments empfand Joenes die menschlichen Tugenden als Grundfor-derungen, und er liebte es, diese als ultimates Ziel des menschlichen Strebens zu deuten.
    Die Menschen von Manituatua, allesamt Polynesier von Tahiti, empfanden es als sehr schwierig, einen solchen Menschen zu verstehen. Bereitwillig bestätigten sie, daß Tugendhaftigkeit eine gute Sache sei, jedoch hielt sie dies nicht davon ab, sich des Betrugs oder gewisser Hinterhältigkeiten zu bedienen, wann immer es sich als zuträglich oder notwendig erwies. Obwohl Joenes ein solches Verhalten nicht gutheißen wollte, konnte er nicht umhin, von der Heiterkeit, Großzügigkeit und Gastlichkeit der Manituatuas beeindruckt zu sein. Wenn sie 12
    auch kaum über Sinn und Zweck der Tugend nachdachten und diese sogar noch seltener praktizier-ten, gelang es ihnen irgendwie, trotzdem ein angenehmes und ausgefülltes Leben zu führen.
    Dieses Beispiel führte nicht sofort dazu, daß Joenes seine Position neu überdachte, dafür war er von einer zu leidenschaftlichen Mentalität, als daß er zur Modifikation seiner Prinzipien fähig gewesen wäre. Allerdings ließ sich eine Wirkung auf seine Auffassungen nicht leugnen, und der Einfluß wurde im Laufe der Zeit immer stärker. Man sagt sogar, daß Joenes‘ Überleben erst durch das Beispiel der Manituatuas möglich wurde, deren Verhaltenswei-sen Joenes wenigstens teilweise übernahm.
    Doch über diese Einflüsse kann man nur Mutma-
    ßungen anstellen, niemals kann man deren Wirken im einzelnen nachweisen oder auch nur begreifen.
    Deshalb wenden wir uns jetzt dem großen Ereignis zu, das in Joenes‘ fünfundzwanzigstem Lebensjahr stattfand.
    *
    Dieses Ereignis begann im Direktionsbüro der Pa-cific Power Company, welche ihre Zentrale in San Franzisco an der Westküste Amerikas hat. Dort hatten sich schmerbäuchige Männer in Anzügen, Kra-watten, Hemden und Schuhen um einen kreisrun-den Tisch versammelt. Diese Männer vom Runden Tisch, wie sie genannt wurden, hielten einen gro-13
    ßen Teil des Schicksals der Menschheit in Händen.
    Vorsitzender dieser Versammlung war Arthur Pen-dragon, ein Mann, der sich diese Position verdient hatte, der jedoch gezwungen worden war, einen heftigen Grabenkampf auszufechten, ehe er diesen ihm angemessenen Platz einnehmen konnte.
    Sobald er auf seinem Posten bestätigt war, schmiß er den alten Aufsichtsrat hinaus und besetzte ihn mit seinen eigenen Männern. Anwesend waren Bill Launcelot, ein Mann von hoher finanzieller Potenz; Richard Galahad, berühmt für seine wohltätigen Aktivitäten; Austin Mordred, der im ganzen Land einige politische Beziehungen unterhielt, und noch eine ganze Reihe anderer Persönlichkeiten.
    Diese Männer, deren Finanzimperium in letzter Zeit ziemlich hart bedrängt wurde, stimmten für die Konsolidierung ihrer Macht und eine sofortige Veräußerung sämtlicher unprofitabler Zweitunter-nehmen. Diese Entscheidung, so einfach sie zum damaligen Zeitpunkt auch erschien, hatte weitrei-chende Konsequenzen.
    Im fernen Manituatua erhielt Joenes vom Aufsichtsrat die Weisung, sofort die Energiestation in Ost-Polynesien zu schließen.
    So war Joenes seine Stellung los, schlimmer noch, er ging damit seines Lebensstandards verlu-stig.
    Während der darauffolgenden Woche dachte Joenes intensiv über seine Zukunft nach. Seine poly-14
    nesischen Freunde drängten ihn, bei ihnen auf Manituatua zu bleiben, oder, wenn er es vorzog, auf eine der größeren Inseln wie Huahine, Bora Bora oder Tahiti zu ziehen.
    Joenes hörte sich die Vorschläge an und zog sich dann an einen abgeschiedenen Ort zurück, um sich das alles durch den Kopf gehen zu lassen. Nach drei Tagen verließ er diesen Ort und verkündete der wartenden Bevölkerung, daß er sich entschlossen habe, nach Amerika zu gehen, der Heimat seiner Eltern, um dort mit eigenen Augen die zahllosen Wunder zu schauen und herauszufinden, ob seine Bestimmung vielleicht dort läge; falls nicht, würde er wieder zu den Menschen von Polynesien zurückkehren, diesmal mit offenem Geist und reinem Herzen, und bereit sein, die Aufgaben zu übernehmen, welche man ihm
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