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Mottentanz

Mottentanz

Titel: Mottentanz
Autoren: Lynn Weingarten
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und ich dachte, ist doch gut, dass er sein eigenes Ding durchzieht. Und um ganz ehrlich zu sein, anfangs hatte ich ihn wirklich gerne in meiner Nähe, es war schön, für jemanden die große Schwester sein zu können.« Nina legt den Kopf schief. »Ich habe dich damals vermisst, Belly. Aber du warst zu der Zeit immer so böse auf mich.«
    »Tut mir leid.« Ich nicke. »Ich glaube, ich habe mir damals total gewünscht, dass du mehr Zeit mit mir verbracht hättest, aber ich wusste einfach nicht, wie ich das ausdrücken sollte.«
    »Jetzt weiß ich das«, sagt Nina. »Was ich versuche zu sagen, ist, dass er für mich im Kopf wie ein kleiner Bruder war. Aber für ihn war das anders. Er war in mich verknallt. Ganz am Anfang dachte ich, es wäre einfach nur unschuldig und süß.« Nina holt tief Luft. »Es hat nicht lange gedauert, bis ich merkte, dass dem nicht so war.
    Er schrieb mir dann diese Briefe aus der Schule, richtig, richtig, richtig lange Briefe, der ganze Quatsch von wegen eines Tages würden wir zusammen sein, und dass wir Seelenverwandte wären und dass er mich so sehr liebte. Und ganz egal, was ich auch sagte oder tat, er konnte nicht vom Gegenteil überzeugt werden. Je mehr ich ihm erzählte, dass wir niemals zusammen sein würden, desto hartnäckiger versuchte
er, mich zu beeindrucken. Einmal kaufte er ein bisschen Heroin. Ich weiß noch nicht mal, wie er da rangekommen war, aber er hatte es dabei, als er für die Weihnachtsferien nach Hause am. Ich erinnere mich noch genau, wie er es mir zeigte, er war deswegen so aufgeregt, als wäre ich mit so was zu beeindrucken.« Nina schaut mich an und schüttelt den Kopf. »War ich nicht.«
    Ich spule vor zum nächsten Sommer, also vor zwei Sommern, direkt nachdem Jason und ich beide unseren Schulabschluss gemacht hatten. Max war in der Stadt und wohnte im Mothership, wo er immer wohnte, wenn er zu Besuch war, und deshalb machten wir eine kleine Geburtstagsparty für Jason. Nur ich und Jason und Max und ein paar andere Kids waren da. Ich hatte ein Snowboard für Jason besorgt, von dem ich wusste, dass er es super finden würde. Es war allerdings teuer, ich musste eine Kreditkarte erwerben, um es bezahlen zu können. Und ich wusste, dass er niemals ein derart teures Geschenk von mir annehmen würde, es sei denn, er hätte keine Wahl.« Nina lächelt. »Deshalb kritzelte ich es komplett voll, so dass er es nicht mehr umtauschen konnte. Und ich werde nie sein Gesicht vergessen, als es es öffnete. Seine Augen wurden einfach nur riesig. Er konnte nicht aufhören zu lächeln, und vor lauter Rührung war er sogar ein bisschen sprachlos, schließlich passierte das alles vor seinen Freunden und so.« Nina lächelt und presst die Lippen zusammen, so als versuche sie, nicht zu weinen. »Er sagte, es sei das beste Geschenk, das er je bekommen hätte, und fragte, ob ich zum Einjährigen eine kleine Reise mit ihm unternehmen wolle, einen Monat später, Ende Juli. Er meinte, wir
müssten nur seinen alten blauen Volvo bepacken und uns auf die Piste begeben, auf dem Weg könnten wir Freunde besuchen und dann im Haus seines Stiefvaters in Big Sur wohnen, und er würde mir beibringen, wie man Snowboard fährt, und wir könnten diesem Geschenk seine erste Reise den Berg hinunter zusammen schenken.«
    »Moment mal, Jason hatte einen blauen Volvo?« Ich lege den Kopf schief.
    »Jep«, sagt Nina. Und dann legt auch sie den Kopf schief. »Oh, Scheiße, das war das Auto, das Sean fuhr, als …« Unsere Blicke treffen sich und ich nicke. Nina seufzt und schüttelt den Kopf.
    »Rede weiter«, sage ich.
    Sie fährt fort. »Gegen halb vier Uhr morgens machten Jason und ich uns bereit, das Mothership zu verlassen, damit er mich nach Hause fahren könnte, aber wir ließen uns beide mächtig Zeit, ich glaube, weil keiner von uns wollte, dass die Nacht zu Ende ging. Ich meine, es war schlicht und ergreifend die wundervollste, perfekteste, großartigste Nacht gewesen. Und dann tauchte Sean auf und verhielt sich ziemlich locker, als wäre es die normalste Sache der Welt, dass er dort war. Dabei war das Mothership ungefähr zwanzig Meilen von ihrem Haus entfernt und Sean war zu Fuß dorthin gelaufen. Um mich zu sehen. Jason war nicht wütend oder so was, weil er niemals wirklich wütend wurde, er war nur besorgt um Sean und wollte nicht, dass er wegen seines Ausreißens Ärger bekommen würde, und wollte ihn so bald wie möglich zu Hause wissen. Zu diesem Zeitpunkt dachte ich, dass es
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