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Motiv Angst

Motiv Angst

Titel: Motiv Angst
Autoren: Antje Szillat
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sich die Tür geöffnet hatte.
    â€žWas ist denn
hier
los!“, rief sie mit einer Stimme, die allen die Lust nahm, weiter zu lachen oder zu reden. Direkt neben Frau Gehrmann stand Jans Mutter. Auf ihrem Gesicht spiegelte sich das pure Entsetzen wieder – Jan war sich nicht sicher, worüber sie am meisten entsetzt war; über die Tatsache, dass ihr Sohn sich verletzt hatte, oder über das Verhalten der 5a. Jan schnappte seine Schultasche und verließ – ohne die anderen Kinder auch nur noch eines Blickes zu würdigen – wortlos das Klassenzimmer. Gefolgt von seiner Mutter. Schweigend gingen sie nebeneinander den Gang entlang, durchquerten die Pausenhalle und anschließend den menschenleeren Schulhof. Als Jan sich im Auto seiner Mutter auf den Beifahrersitz plumpsen ließ, wusste er ganz genau, dass ihm das Schwerste noch bevorstand.
    Neulich habe ich beobachtet, wie drei Jungs einen anderen verprügelt haben. Echt fies – drei gegen einen, und die waren auch sicher viel älter
.
    Der Junge tat mir leid. Aber gemacht habe ich nichts. Sonst bin ich noch dran – dann doch lieber er. Ein paar andere Kinder sind dazugekommen und haben über den Typ am Boden gelacht. Einer hat mich angerempelt und da habe ich auch mit angefangen zu lachen
...
    Michel, 9 Jahre alt, Grundschüler

A NGST
    â€žUnd, erzählst du
mir
wenigstens, was passiert ist?“, beendete Jans Mutter das Schweigen.
    Inzwischen waren sie schon fast zu Hause angekommen.
    Jan hätte ihr gerne die Wahrheit gesagt, aber das ging nicht. Wirklich nicht.
    â€žIch bin gestolpert!“, log er deshalb.
    Jans Mutter zog scharf die Luft durch die Zähne ein.
    Jeden Moment explodiert sie, dachte Jan und war deshalb richtig verwundert, dass sie einfach nur nickte und schwieg. Er schaute sie kurz von der Seite an. Sie hielt den Blick stur geradeaus auf die Straße gerichtet. Doch ihre sich auf- und abbewegenden Wangenkno-chen verrieten, wie angespannt sie war. Zu Hause angekommen, rannte Jan sofort in sein Zimmer. Er legte sich auf sein Bett und guckte an die Decke. Komisch, so gar nichts zu tun zu haben, während die anderen noch in der Schule hocken müssen, schoss es ihm durch den Kopf. Er hörte, wie seine Mutter im Flur hin und her ging. Vor seiner Tür blieb sie stehen. Aber sie kam nicht herein. Jan konnte sie regelrecht vor sich sehen, wie sie da unschlüssig herumstand und auf ein Lebenszeichen von ihm hoffte. Nach einer Weile hielt er es nicht mehr aus und sprang auf. Er warf eine CD in den Player und drehte den Regler auf volle Lautstärke. Dann setzte er sich an seinen Schreibtisch und schaltete den Computer an. Er starrte auf den Bildschirm, als wäre er ein tiefer Abgrund, dessen Dunkelheit ihn jeden Moment verschlingen wollte. Jans Mutter riss die Tür auf und stürmte ins Zimmer.
    â€žSpinnst du jetzt total? Da fliegen einem ja die Ohren weg!“ Sie drehte an dem Regler, bis nur noch ein leises Gesäusel aus den Lautsprecherboxen zu hören war. Dann schob sie ein paar Zeitschriften, die wild verteilt auf Jans Schreibtisch herumlagen, zur Seite und setzte sich auf die Kante.
    â€žOkay, ich habe es begriffen. Irgendetwas läuft verdammt schief für dich, seitdem du auf diese Schule gehst.“
    Sie schaute Jan direkt in die Augen, doch der senkte den Blick und schwieg weiter.
    â€žJan, bitte, ich kann dir doch nur helfen, wenn du mir sagst, was dich bedrückt.“
    Genau die gleiche Leier wie bei Frau Gehrmann vorhin. Ob die beiden sich wohl abgesprochen haben?, fragt er sich. Irgendwie musste er bei dem Gedanken, dass die beiden sich tatsächlich abgesprochen haben könnten, grinsen. Frau Gehrmann, die ruhige, die selten die Fassung verliert, und seine Mutter, die kämpferische Rechtsanwältin, die immer gleich auf 180 war. Das würde allerdings auch ihr Schweigen vorhin in der Schule und im Auto erklären.
    â€žWas gibt es denn da zu grinsen?“ Ihre Stimme vibrierte. Jan spürte, wie sie sich anstrengte ruhig zu bleiben.
    â€žIch musste an ein Buch denken“, beeilte sich Jan deshalb zu antworten.
    â€žEin Buch?“
    â€žJa!“
    â€žAch so.“
    Schweigen.
    Nach einer Weile startete sie einen neuen Versuch.
    â€žIst dir ein Gespräch mit deinem Vater lieber ... so von Mann zu Mann, meine ich!“
    So ein Quatsch, dachte Jan.
    â€žNein!“, sagte er.
    â€žOkay, darf ich mir wenigstens deine Verletzung
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