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Motiv Angst

Motiv Angst

Titel: Motiv Angst
Autoren: Antje Szillat
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es einfach geschehen – verhindern konnte er es wohl sowieso nicht mehr.
    Ich bin in der Grundschule immer geärgert worden, weil ich etwas dicker bin. Dann bin ich auf die Realschule gekommen und da war ein Junge in meiner Klasse, der war nicht nur richtig fett, sondern auch noch völlig blöd. Ich war richtig froh darüber, dass die anderen Kinder den immer geärgert und verprügelt haben. Ich habe auch manchmal mitgemacht
.
    Mich hat keiner mehr geärgert
.
    Sebastian, 11 Jahre alt, Realschüler

K EIN G ESPRÄCH
    Im Krankenzimmer der Gesamtschule trafen sie auf Jans Klassenlehrerin Frau Gehrmann. Jan kam es fast so vor, als hätte sie nur auf ihn gewartet. Frau Bender begann sofort damit, zu erklären, was ihrer Meinung nach geschehen war. Ihre Stimme hörte sich nach Wut, unterdrückten Tränen und nach Angst an.
    â€žEr hat einen Schock“, murmelte sie, „er hat einen Schock ...“
    Frau Gehrmann legte ihr beruhigend die Hand auf die Schulter und forderte sie auf sich erst einmal zu setzen. Dann wendete sie sich Jan zu.
    â€žSoll ich deine Eltern anrufen?“ Es klang so, als ob sie diese Frage ernst meinte.
    â€žNein, bitte nicht ...“, antwortete er leise.
    â€žGut“, erwiderte sie und begann damit, Jans Wunde zu versorgen.
    â€žEs sieht schlimmer aus, als es ist“, verkündete Frau Gehrmann, nachdem sie die Wunde gereinigt hatte und sich ein großes Pflaster direkt auf Jans Stirn befand.
    â€žMuss es nicht genäht werden?“, hörte Jan Frau Bender mit dünner Stimme fragen. Er hatte ganz vergessen, dass sie immer noch auf dem Stuhl in der Ecke saß. Frau Gehrmann war es wohl ähnlich ergangen.
    â€žAch, Frau Bender. Geht es wieder? Oder soll ich einen Kollegen bitten Sie in der 5a zu vertreten? Sie sind ja immer noch ganz weiß um die Nase herum.“
    Jan drehte sich zu Frau Bender um. Sie hockte auf ihrem Stuhl wie ein Häufchen Elend. Ihre Augen glänzten verdächtig. Sie tat Jan leid – sie tat Jan richtig leid.
    â€žNein, es geht schon wieder.“
    Frau Bender räusperte sich geräuschvoll, so als ob sich ein dicker Kloß in ihrer Kehle befände.
    â€žIn Ordnung. Ich habe eine Freistunde und bleibe noch ein bisschen mit Jan hier sitzen. Wir sprechen später, ja?“
    Frau Gehrmann nickte der jungen Lehrerin aufmunternd zu. Im Rausgehen blickte Frau Bender Jan einen Augenblick lang an. Der Blick traf ihn irgendwo tief innen. Warum tat sie ihm nur so entsetzlich leid? Er war doch der, der einem leid tun konnte, wunderte sich Jan über sich selbst. Jan senkte den Blick und im nächsten Moment hatte Frau Bender das Zimmer verlassen.
    â€žUnd, erzählst
du
mir nun was passiert ist?“ Frau Gehrmann hatte den Stuhl, auf dem zuvor Frau Bender gesessen hatte, direkt vor Jan gestellt und darauf Platz genommen. Sie lächelte – wie immer lächelte sie. Man konnte glauben, es gäbe nichts, was Frau Gehrmann aus der Fassung bringen könnte. Jan hätte gerne etwas gesagt, aber seine Kehle war wie zugeschnürt. Sein Kopf tat weh und in seinen Ohren klangen noch immer Marvins Worte. „Du kannst schon mal dein eigenes Grab schaufeln ...“
    â€žOkay, du musst mir nichts erzählen, wenn du nicht möchtest. Ich denke, ich weiß sowieso, was geschehen ist.“ Sie lächelte immer noch. Plötzlich packte ihn eine unheimliche Wut. Wie sie dasaß und lächelte und behauptete, sie würde wissen, was geschehen war. Nichts wusste sie – gar nichts! Sollte sie doch blöd vor sich hin lächeln – sie stand ja auch nicht auf Victors Prügelliste. Sie wollte er ja schließlich auch nicht alle machen. Da konnte man auch schön blöd vor sich hin lächeln. Jan machte die Augen zu. Bloß nicht mehr in ihr Gesicht blicken müssen.
    â€žIst dir schwindelig?“, hörte er sie fragen.
    Jan hörte, was sie sagte, aber es war ihm egal. Er musste sich andere Dinge überlegen, zum Beispiel, wie er es schaffen sollte, seinen Eltern so lange aus dem Weg zu gehen, bis die Wunde auf seiner Stirn verheilt war.
    â€žWürdest du mir bitte antworten?“ Ihre Stimme klang immer noch freundlich, doch sie packte sein Kinn und hob es hoch, sodass sein Gesicht in ihre Richtung zeigte. Jan dachte, es wäre besser, jetzt die Augen zu öffnen.
    â€žKann ich dem Rektor sagen, dass du lieber mit ihm sprechen möchtest?“ Plötzlich
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