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Moskito

Moskito

Titel: Moskito
Autoren: Nancy Kress
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gentechnisch so verändert hatte, aber lange nicht so sehr wie die Enträtselung der DNA-Manipulation, die dazu nötig war. Ohne Melanies Ansporn hätte er den Verursacher-Aspekt gänzlich fallengelassen – was er fast getan hatte, bevor sie, frisch zurückgekehrt aus Afrika, sich wieder auf ihn gestürzt hatte. Joe interessierte es weitaus mehr, wie eine Krankheit arbeitete, und weitaus weniger, warum. Und jetzt konnte sie ihm nicht sagen, daß das Plasmodium reading immer noch da draußen war. Irgendwo. Bereit, nach irgend jemandes Lust und Laune eingesetzt zu werden. Eingesetzt, zweifellos, gegen weitere unschuldige Menschen.
    »Und gar nichts«, seufzte Joe und faltete die Zeitung zusammen. »Wir haben um zehn eine Besprechung. Hat man es Ihnen schon gesagt?«
    »Uns Heimkehrern aus dem Exil wird überhaupt nichts gesagt. Was für eine Besprechung?«
    »Mit Farlows Nachfolger. Wahrscheinlich bloß ein kleines Schwätzchen zum Kennenlernen.«
    »Ich kann’s kaum erwarten.«
    »Dann sehe ich Sie dort«, sagte Joe, ehe er durch die Tür ging. »Und … ääh … Mel – trinken Sie den Kaffee nicht. Ihre Laune bringt den Becher zum Platzen.«
    »Hahaha. Sie hätten Komiker werden sollen.«
    »Das sagt meine Mutter auch immer.«
    Und sie selbst, sann Melanie, hätte unter die Klempner gehen sollen. Dort hatte man es mit harten, kalten Rohren zu tun, die der Menschheit Wasser brachten, statt mit harten, kalten Leuten, die der Menschheit Krankheiten brachten, um an die Macht zu kommen oder sie sich zu erhalten.
    Sie schloß die Tür und stützte den Kopf in die Hände. Ich kann das nicht tun. Ich kann nicht planlos und müßig in meinem Büro herumtrödeln, ich kann nicht wieder einmal zu irgendeiner sinnlosen Besprechung gehen, ich kann nicht Malariastatistiken studieren, wenn ich weiß, daß jede einzelne davon unerkannte Malaria reading betreffen könnte. Ich kann nicht …
    Wenn ich das nicht tun kann, was dann? Was kann ich …?
    Plötzlich war Joe wieder da, platzte zur Tür herein ohne auch nur zu klopfen. »Mel! Mel! Die Besprechung ist verschoben!«
    »Und das reicht schon als Grund für Ihren unzivilisierten Überschwang, Doktor Krovetz?«
    »Nicht das, Sie Schafskopf! Wir haben einen Ausbruch von Dengue-Fieber in Gabun!«
    »Dengue-Fieber?«
    »Einen massiven Ausbruch. Muß per Schiff oder infizierter Person eingeschleppt worden sein. Und die ersten Teams für Dengue werden bereits in Manila und in Brasilia zusammengestellt. Der Chef ersucht um Freiwillige, möglichst um Leute mit Erfahrung in der Vor-Ort-Bekämpfung von Malaria.«
    Beide von Mücken übertragen. Aber Malaria von der Anophelesmücke und Dengue-Fieber von Aedes. Dennoch lag auf der Hand, daß Erfahrung von Nutzen war. Und Gabun … Sie sprach sowohl Bantu als auch Französisch, und sie schnappte lokale Dialekte leicht auf. Das Dengue-Fieber wurde von einem faszinierenden Virus verursacht, das in mehreren Varianten vorkam …
    »Dengue oder Dengue-hämorrhagisch?« fragte sie.
    »Hämorrhagisch. Wie es klingt, sogar gelegentlicher septischer Schock.«
    »Aedes aegypti oder Aedes albopictus?«
    »Unbekannt. Aber nach der Aggressivität zu schließen, würde ich auf albopictus tippen.«
    Das asiatische Tigermoskito. Das hieß, daß der Parasit eine ganze Reihe von warmblütigen Wirten haben konnte, einschließlich Ratten. Im Jahr 1981 hatte von A. albopictus übertragenes Dengue-Fieber ein Zehntel der Bevölkerung von Havana umgebracht.
    Joe sagte: »Ich werde bitten und betteln und argumentieren und nicht lockerlassen, solange, bis ich den Chef davon überzeugt habe, daß ich nach Gabun gehen sollte. Bei Ihnen ist das anders. Um Sie hat man sich geradezu gerissen.«
    »Um mich? Wer hat sich um mich gerissen?«
    »Keine Ahnung. Aber Sie sind im Team, wenn Sie wollen. Wollen Sie? Blöde Frage, man braucht sich nur anzusehen, wie Sie lächeln.«
    »Ich lächle nicht. Ich frage mich nur, wieso ich ganz plötzlich wieder Liebkind bin.«
    Joe sah sie scharf an. »Und Sie sind sicher, daß Sie das nicht wissen? Egal. Aber wo Sie nun einmal schon dieses neue Ansehen genießen, würden Sie es dann auch ein wenig für mich einsetzen?«
    »Natürlich! Glauben Sie, ich würde ohne Sie nach Gabun gehen?«
    »Na, dann wollen wir doch mal dem Chef klarmachen, wie unentbehrlich ich bin.«
    »Wissen Sie was?« sagte Melanie unvermittelt. »Wir sind makabre Subjekte. Genau wie … genau wie so viele andere. Wir sind angewiesen auf Krankheiten.«
    »Stimmt«,
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