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Moskito

Moskito

Titel: Moskito
Autoren: Nancy Kress
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beide angeht. Doch jetzt sind es Sie und Frau Doktor Anderson, die ihre Wahl treffen müssen: sich an die Presse wenden oder schweigen. Wenn Sie zur Presse gehen, passiert zweierlei: Erstens werden unsere Ermittlungen gefährdet, vielleicht so entscheidend, daß uns nichts anderes übrig bleibt, als sie einzustellen. Zweitens wird jedes Land auf der Welt wissen, daß die Malaria reading eine biologische Waffe ist und daß ein Gegenmittel existiert. Viele von ihnen werden sich sofort an die Arbeit machen, um das Gegenmittel zu kopieren. Und dadurch fühlen sich vielleicht die Urheber der Krankheit gezwungen, sie jetzt gleich, solange sie noch eine wirksame Waffe darstellt, für ihre eigenen politischen Zwecke einzusetzen. Tausende könnten sterben. Oder Millionen. Möglicherweise Dutzende Millionen, sofern Afrika wiederum das Zielgebiet ist.«
    »Aber ich weiß doch nicht einmal, ob die Geschichte, die Sie uns da erzählen, wahr ist!« rief Melanie.
    »Sie wissen alles, was ich Ihnen sagen kann«, fuhr Broylin fort. »Das muß Ihnen reichen, um Ihre Wahl zu treffen. Im Hinblick auf die Erfordernisse und die innere Sicherheit Ihres Landes muß es Ihnen beiden reichen.«
    Das war auf ihn gemünzt, wußte Cavanaugh, obwohl Broylin fortfuhr, Melanie anzusehen. Also hatte Broylin doch nicht jeden Winkel abgedeckt: er hatte Cavanaugh falsch eingeschätzt. Er war der Meinung gewesen, daß Agent Cavanaughs Patriotismus sein Schweigen sichern würde, nachdem man ihm die Gefahr für sein Land vor Augen geführt hatte. Patriotismus, Loyalität, nationale Sicherheit.
    Aber Broylin irrte sich. Der Direktor gehörte einer anderen Generation an. Er hatte Vietnam, Watergate und Nixon hinter sich; Patriotismus war keine Selbstverständlichkeit für diese Generation: man mußte sie durch logische Argumente von seiner Sinnhaftigkeit überzeugen. Vielleicht galt das sogar für Melanie.
    Aber Cavanaugh war zweiunddreißig. Die Vereinigten Staaten von Amerika mußten sich seine Loyalität nicht erst verdienen. Er wollte loyal sein, wollte glauben … an etwas. Um Robert Cavanaugh zu halten, mußten die Vereinigten Staaten von Amerika nichts anderes tun als ihn davon zu überzeugen, daß sein Land kein Monster war.
    Und das war es auch nicht. Die Vereinigten Staaten hatten die Malaria reading nicht geschaffen; sie hatten für das Gegenmittel gesorgt. Und sie hatten dieses Gegenmittel freigegeben, um im Kongo Leben zu retten.
    »Agent Cavanaugh?« Broylin drückte ein zweites Mal auf den Knopf, und die Weltkarte verschwand.
    Aber … Broylin war ein irischer Name.
    Nein. Nein. Soviel Paranoia war nicht gerechtfertigt, durfte nicht geduldet werden. Wenigstens nicht bei ihm selbst.
    Aber … er hatte keinerlei wirkliche Beweise für eine gemeinsame amerikanisch-irisch-britische Untersuchung, wenn man von den CIA-Dokumenten in der grünen Mappe absah, und darin waren so viele Schlüsselstellen unleserlich gemacht, daß sie sich – rein theoretisch – auf eine ganz andere Situation beziehen konnten.
    Nein. Nicht schon wieder diese Paranoia!
    Aber … ein weiteres Jahr würde Zeit geben für eine Weiterentwicklung und Erprobung des tödlichen Parasiten …
    Nein. Alles, was Broylin bisher gesagt hatte, paßte zu den Informationen, auf die Cavanaugh und Melanie gestoßen waren. Broylins Erklärungen schienen handfest und aufrichtig.
    Aber … wie hatte Michael Sean Donohue einen Lügendetektortest des FBI bestehen können, wenn er von der Malaria reading gewußt hatte?
    Eine Sekunde lang drehte sich das Zimmer und stürzte fast auf Cavanaugh herein.
    Nein, das war erklärbar: Donohue verfügte tatsächlich über Verbindungen zur IRA, doch das bedeutete nicht, daß er über jede einzelne Operation Bescheid wußte, die von der IRA gerade geplant oder durchgeführt wurde. Wie die CIA hielt sich auch die IRA an den Grundsatz, daß jeder nur das wissen sollte, was unbedingt nötig war. Donohues vorgetäuschte Festnahme konnte ein Ablenkungsmanöver des FBI gewesen sein – ein durchaus glaubhafter Verdächtiger, den man in Haft nahm, um sowohl eine verängstigte Öffentlichkeit zu beschwichtigen, als auch die IRA glauben zu machen, daß FBI und CIA weniger wußten, als tatsächlich der Fall war. Und wenn Donohue vor dem Tag des Lügendetektortests nichts über die Malaria reading gewußt hatte, dann war sein Bestehen des Tests erklärlich.
    Broylin sah ihn nach wie vor unverwandt an. Cavanaugh mußte seine Wahl treffen. Auf der Grundlage
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