Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Morland 02 - Die Blume des Bösen

Titel: Morland 02 - Die Blume des Bösen
Autoren: Peter Schwindt
Vom Netzwerk:
entferntes Dröhnen, das die Luft erfüllte. Ein schriller Pfiff ertönte, ausgestoßen von dem Dicken, der nun seine Zigarre fortgeworfen hatte. Die Kinder hielten augenblicklichmit dem Spielen inne und rannten so schnell wie möglich in ihre Häuser. Türen wurden zugeschlagen, dann war außer dem anschwellenden Brummen nichts zu hören. Nur der Hund stand etwas verloren herum.
    Auch Hagen Lennart hatte das bedrohliche Geräusch wahrgenommen, doch anstatt fortzulaufen, blieb er wie angewurzelt stehen. Grau angestrichene Lastwagen bogen um die Ecken und blockierten von beiden Seiten die Straße. Ein Kommando ertönte und die Planen wurden zurückgeschlagen. Tess konnte nicht zählen, wie viele Soldaten von der Ladefläche sprangen, aber es waren auf den ersten Blick mehr als fünfzig. Lennart hatte jedenfalls keine Möglichkeit zur Flucht. Er steckte seine Hände in die Hosentasche, schaute der Razzia betont unbeteiligt zu und versuchte, einfach weiterzuschlendern. Beinahe wäre ihm das auch gelungen, denn die Soldaten waren zu sehr damit beschäftigt, mit ihren Gewehrkolben Türen aufzubrechen, die man ihnen nicht augenblicklich öffnete. Lennart war schon fast an einem der Lastwagen vorbei, als dessen Fahrer einen der Uniformierten auf ihn aufmerksam machte. Lennart lief augenblicklich los. Der Soldat gab einen Schuss in die Luft ab, der so laut war, dass Tess zusammenzuckte. Der ehemalige Polizist blieb stehen und hob langsam die Hände. Dann drehte er sich um und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Während ihm einer der Soldaten den Lauf seines Gewehres gegen die Schläfe drückte, durchsuchte ihn ein zweiter Uniformierter mit einigen geübten Handgriffen.
    Es dauerte nicht lange und er fand die Pistole im Hosenbund. Tess konnte nicht verstehen, was der Soldat rief, aberLennart machte keine Anstalten, aufzusehen oder ihm gar eine Antwort zu geben. Plötzlich sauste ein Gewehrkolben auf ihn nieder. Es gab einen Schlag, den Tess selbst auf diese Entfernung hören konnte. Lennart brach nicht zusammen, sondern hielt sich taumelnd den Kopf, bis ihn ein zweiter Schlag endgültig zu Boden schleuderte.
    Tess sprang auf und lief über die Straße. Das konnte sie nicht zulassen. Hakon hatte sein Versprechen nicht halten können, aber sie konnte eingreifen! Ihre Kräfte reichten aus, um mit fünfzig, nein sogar hundert bewaffneten Soldaten fertig zu werden. Sie brauchte nur zuschlagen, und keiner von ihnen würde jemals wieder aufstehen!
    Sie spürte eine Hand auf der Schulter. »He, Kleiner! Was ist mit dir? Du hast wohl kein Zuhause?«, wisperte eine Stimme hinter ihr.
    Tess wirbelte herum und ballte drohend die Faust, als sie den Dicken erkannte, der kurz zuvor noch mit seiner Zigarre im Türrahmen gestanden hatte. Im letzten Moment versuchte sie innezuhalten, konnte aber nicht mehr verhindern, dass sie den bierbäuchigen Kerl in der Magengrube traf. Mit Augen, die fast aus den Höhlen quollen, klappte er zusammen, das Gesicht hochrot.
    »Oh verdammt«, flüsterte Tess erschrocken und fing den Mann auf, bevor er zu Boden ging. »Das war nicht meine Absicht! Bitte, das müssen Sie mir glauben!«
    Der Mann gurgelte eine unverständliche Antwort. Tess schaute hastig über ihre Schulter und konnte gerade noch sehen, wie ein lebloser Hagen Lennart auf die Ladefläche eines der Lastwagen geworfen wurde. Dann legte sie sich denArm des Dicken um ihre Schulter und schleppte ihn durch die geöffnete Haustür.
    In der Diele setzte sie ihn ab. Eine Frau kam aus der Küche gerannt, am Rocksaum zwei kleine Kinder, die verängstigt in der Nähe ihrer Mutter bleiben wollten.
    »Um Himmels willen!«, rief sie und schlug die Hand vor den Mund. »Hektor, was ist geschehen?«
    Tess schloss eilig die Haustür. »Verzeihen Sie mir, das war ein Missverständnis. Ihr Mann wollte mich von der Straße holen, und da habe ich wohl etwas fest zugeschlagen.«
    Die Frau schaute Tess an, als wäre sie nicht mehr ganz richtig im Kopf.
    »Lass gut sein, Eleonore«, keuchte der Mann und rieb sich mit schmerzverzerrtem Gesicht die Magengrube. Er schien nicht wütend zu sein, sondern blickte Tess nur ungläubig an. »Du bist ganz schön kräftig für dein Alter.«
    »Das liegt daran, dass ich mit vier großen Brüdern aufgewachsen bin«, log Tess. »Was geht da draußen vor?«
    »Das Militär macht Hausdurchsuchungen. Wie es heißt, sind sie auf der Suche nach umstürzlerischen Elementen.« Der Mann stand stöhnend auf und atmete noch einmal tief
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher