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Morland 02 - Die Blume des Bösen

Titel: Morland 02 - Die Blume des Bösen
Autoren: Peter Schwindt
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Armee der Morgenröte in Kontakt treten können«, sagte Tess.
    »Die Armee der Morgenröte?« Lennart verzog verächtlich das Gesicht. »Sei mir nicht böse, aber ich denke, ich wende mich an jemanden, der mir vertrauenswürdiger erscheint.«
    Tess zuckte mit den Schultern. »Natürlich. Man sollte ohnehin nicht alle Eier in einen Korb legen. Also werden wir uns in Lorick trennen.« Es war keine Frage, sondern eine Feststellung.
    Lennart sah erst so aus, als wollte er widersprechen, nickte dann aber. »Ich glaube, von uns beiden bist du diejenige, die am besten alleine zurechtkommt. Du hast Kräfte, von denen ich nur träumen kann.«
    »Und was haben sie uns genützt, diese Kräfte?«, sagte Tess niedergeschlagen. »Ihre Frau ist tot, Ihre Kinder wurden entführt ...«
    »Wir alle hätten das nicht überlebt, wenn ihr euch nicht gegen Swann und Egmont gestellt hättet«, sagte Lennart, doch es klang wie eine Deutung der Ereignisse, an die er selbst nicht ganz glaubte. »Die Dinge haben sich geändert. Die Welt, wie wir sie kennen, wird sehr bald nicht mehr existieren. Wenn du wissen willst, was uns erwartet, dann lies einmal in den alten Legenden nach. Die Eskatay haben vor vielen Tausend Jahren schon einmal versucht, die Macht an sich zu reißen. Damals ist es ihnen nicht gelungen, aber der Preis, den wir alle dafür bezahlen mussten, war gewaltig. Es hat beinahe den Untergang der Menschheit bedeutet. Wie hoch wird er sein, wenn der Krieg erneut ausbricht? Was wird mit uns Menschen geschehen, wenn die Magischbegabten diesmal gewinnen?« Seine Stimme war vor Aufregung immer lauter geworden und Tess bemerkte, wie sich einige der Dorfbewohner nach ihnen umsahen. Sie warf Lennart einen warnenden Blick zu und wisperte aufgebracht: »Das ist der Grund, warum wir Ihnen helfen möchten. Wir Gist haben denselben Feind, die Eskatay. Begarell macht Jagd auf uns und wenn er uns findet, wird er uns vermutlich umbringen!«
    »Du verstehst mich nicht«, sagte Lennart beharrlich. »Natürlich sind die Eskatay eine tödliche Bedrohung. Aber was ist mit dir und deinesgleichen? Noch steht ihr auf unserer Seite. Wer garantiert uns, dass eure exklusive Gemeinschaft es sich nicht irgendwann anders überlegt und zu dem Schluss kommt, dass nicht die unterschiedlichen magischen Begabungen das Problem sind, sondern die Menschen, die über keine verfügen. Und das vielleicht auch gar nicht wollen.«
    Tess war wie vor den Kopf geschlagen. »Wenn Sie sich diese Frage allen Ernstes stellen, haben die Eskatay schon gewonnen. Genau diese Zweifel werden zu unserem Untergang führen. Wir müssen einig sein. Und Sie müssen Vertrauen haben. Ohne Vertrauen gibt es keine Hoffnung. Und ohne Hoffnung ist alles verloren.«
    Lennart rieb sich die Augen, dann wurde sein Gesicht wieder zu einer undurchdringlichen Maske, die keinerlei Gefühl ausdrückte. »Hör zu. Vermutlich war es ein Fehler, ausgerechnet jetzt diese Diskussion mit dir zu führen. Ich bin müde. Und ich habe Angst um meine Kinder. Ich will einfach nicht an die Zukunft denken, verstehst du?«
    Tess nickte stumm. Sie spürte beinahe körperlich die Abneigung, die Lennart ihr gegenüber empfand. Ihr war klar, dass er sie nur als Leibwache mitgenommen hatte, weil ihre Kräfte ihm auf dem gefahrvollen Weg nach Lorick nützten.
    Lennart bezahlte das Essen und sie bezogen das einzige Gästezimmer, das der Wirt zu bieten hatte. Es war eine kleine Kammer mit zwei Betten, die nicht frisch bezogen waren. Es gab eine Frisierkommode, eine Waschschüssel und zwei Nachtschränke, die wie die beiden Petroleumlampen nicht zueinanderpassten. Über den Betten hingen vergilbte Drucke mit kitschigen Schäferszenen.
    Nachdem der Wirt gegangen war, schob Tess die beiden Betten auseinander, öffnete das kleine Fenster und starrte eine Weile in die Dunkelheit hinaus. Hagen Lennart hatte sich in der Zeit gewaschen und seine Kleidung fein säuberlich über einen Stuhl gelegt. Nun saß er auf der Kante des einen Bettes und zog seine Taschenuhr auf.
    »Gute Nacht«, sagte er schließlich und blies sein Licht aus. Er drehte sich auf die Seite und wandte Tess den Rücken zu.
    »Gute Nacht«, erwiderte Tess genauso knapp. Sie ließ die Stiefel auf den Boden poltern, warf die Hose achtlos in die Ecke und warf sich so, wie sie war, einfach auf das andere Bett. Dann löschte auch sie das Licht und verschränkte wütend die Hände hinter dem Kopf. Sie wusste, diese Nacht würde sie kein Auge zumachen.
    Und so war es auch.
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