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Morgenroetes Krieger

Morgenroetes Krieger

Titel: Morgenroetes Krieger
Autoren: Michael Anthony Foster
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sie damit noch immer gewisse Schwierigkeiten hatte, wozu auch ihr starker Widerwillen gegen Unterwäsche gehörte, war sie dazu übergegangen, sich nach Ler-Brauch in schlichten, handgewebten G e wändern zu kleiden, die ihren gesamten Körper bedec k ten. Einmal jedoch, in ihrem Zimmer, hatte sie ihre kös t liche, leicht getönte Schulter entblößt und ausgerufen:
    „Einhundertundzwanzig Generationen, um eine solche Hauttönung zu erreichen!“ Sie hob den Saum ihres Kle i des, als verberge sie darunter ein Geheimnis, und zeigte ihre kupferfarben behaarten Unterschenkel. „Und dann das hier! Alles eingepackt – nur weil Konvention und Wetter es so wollen!“ Gleichzeitig aber entdeckte sie das weite Feld der Mode mit der gleichen unschuldigen Freude wie Kinder in einem Palast voller Spielzeuge, und trotz ihrer Beteuerungen, daß sie viel lieber unbekleidet gehe, trug sie ihre neuen Errungenschaften mit Stolz und Sinn für Effekte. Liszendir war ganz mit der Wahl ihrer Sachen einverstanden, doch mußte sie zugeben, daß Usteyin sich schnell und problemlos anpaßte. Der einzige Unterschied bestand in der bemerkenswerten Farbe ihrer Haare sowie in ihrem extrem zierlichen Körperbau. Selbst nach menschlichen Maßstäben war sie fast mä d chenhaft in ihrer Erscheinung.
    Han, der immer noch an die Klesh und ihr zukünftiges Leben dachte, sagte: „Ich vermute, daß sie am Anfang verschiedene Stämme bilden, sich aber später miteina n der vermischen – zuerst nur selten, doch später mehr und mehr. Es wird viel Leid, Kampf und Ungerechtigkeit g e ben. Hetrus meinte jedoch, daß sie ein paar Leute der Randzone hinschicken werden, die eine gewisse Ordnung aufrechterhalten sollen – zumindest beschränkt auf ein bestimmtes Gebiet. Keiner aber wird sie daran hindern, zurück in die Wildnis zu gehen.“
    „Ja, sie werden kämpfen. Die Männer werden die Frauen unterdrücken – und umgekehrt. Wäre ich noch wie früher, ich täte das gleiche – in einigen Fällen vie l leicht sogar heute noch.“ Sie hob nachdenklich die A u genbrauen.
    Dann sprachen sie über Liszendir; sie hatte in der Tat die größten Schwierigkeiten, eine passende Webe zu fi n den, und war nun ständig in den verschiedensten Dörfern der Umgebung auf der Suche. Die Situation entsprach ungefähr jener der Menschen während ihrer vorehelichen Zeit. In ihrem eigenen Dorf, wo sie jeder kannte, wäre es für die Innenverwandten ein leichtes gewesen, ihr die entsprechenden Verbindungen und Möglichkeiten zu schaffen. Aber da sie allein war, mußte sie, wie bei Fremden üblich, in der lokalen Presse annoncieren. Han fand diesen Brauch ziemlich merkwürdig und in gewisser Weise erniedrigend, doch Liszendir sah die Sache mit völlig anderen Augen. So war sie nun die meiste Zeit mit Reisen und Besuchen beschäftigt.
    Ein Ler-Sprichwort – eines von vielen in ihrer Kultur – la utete: Nichts ist schwerer, als einen Innenverwandten zufriedenzustellen! Kein Wunder: Sie waren die Bewa h rer und Erhalter der nichtgenetischen Familienlinie, des Weiterbestehens ihrer Webe, der Aufrechterhaltung ihrer gesellschaftlichen Struktur. Die innenverwandten Frauen wählten für ihre eigenen Innenverwandten außenve r wandte Partnerinnen, die Männer hingegen suchten wi e derum andere Partner, wobei sie geschickt Furcht und Eifersucht der Neulinge ausbalancierten und den Bedür f nissen der Webe-Gemeinschaft als Ganzem und denen der einzelnen Individuen anzupassen vermochten. Es war in der Tat eine schwere Aufgabe, zumal die Innenve r wandten untereinander nicht blutsverwandt waren, auch wenn sie wie Bruder und Schwester zusammen aufwuc h sen und starke Rivalitäten und Spannungen nicht ung e wöhnlich waren. Somit bedeutete die Zeit der Abspr a chen vor der Verwebung eine große Belastung für alle Parteien, so daß viele von ihnen gerade dann empfindlich und leicht erregbar wurden.
    Usteyin war über die Verwebungsbräuche der Ler bei weitem erstaunter und verwunderter als Han selbst. Sie meinte dazu: „Ich sehe keinen großen Unterschied zw i schen dem, was wir auf Morgenröte machten, und der Art, wie es die Menschen in zivilisierteren Gegenden praktizieren. Es gibt da eine gewisse Beziehung, eine Brücke, so fremdartig es auch zu Anfang ausgesehen h a ben mag. Liszendirs Volk jedoch ist noch einen Schritt weiter gegangen. Sie haben die Familie zu einer rein g e sellschaftlichen Sache gemacht: nicht teils sozial, teils biologisch. Dadurch hat sich für sie das
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