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Morgenrötes Krieger

Morgenrötes Krieger

Titel: Morgenrötes Krieger
Autoren: M.A. Foster
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Für die Außenverwandten jedoch, die später die Zweiteltern sind, gibt es nichts Dergleichen, nichts Kirchliches und auch nichts Gesetzliches. Man wird akzeptiert und tritt in die Webe ein. Sie müssen dich akzeptieren, und das ist für die Hierarchie Legitimation genug. Wenn wir alle untergebracht und verwoben sind, dann veranstalten wir ein Fest. Verwandte und Freunde werden eingeladen, und man redet, singt und tanzt die ganze Nacht.“ Dann wurde sie ernst. „Aber ihr wißt ja, daß ich ihn noch nie gesehen habe, jenen, mit dem ich mich verweben werde. Bis jetzt fehlt ihnen noch der Zweitvater. Doch dies ist alles, was ich brauche. Ich war zutiefst beunruhigt, dachte schon, daß niemand mich mehr will. Das ist etwas, was wir am meisten fürchten.“
    Han dachte kurz nach und fragte: „Magst du das Mä d chen, mit dem du dich getroffen hast? Glaubst du, daß du dort glücklich sein wirst?“
    „Nach all den Abenteuern und unglaublichen Dingen, die ich erlebt habe – nach all den Eiden, die ich gebr o chen habe? Nichts kann mehr so wie früher sein. Aber es sind gute Leute – tiefgründig, wie wir es nennen. Das wird mir helfen. Ich brauche Tiefe. Mit dem, was ich bisher von ihnen weiß, bin ich sehr zufrieden. Ich bin jetzt hier mit allem fertig. Kommt mit. Ihr sollt es auch sehen!“
    Han und Usteyin halfen ihr beim Tragen; zusammen verließen sie das Zimmer, gingen die Treppe hinunter und traten auf die Straße.
    „Es ist nicht weit, praktisch unter unserer Nase“, sagte Liszendir . Man spürte, daß sie sichtbar entspannter wu r de, dennoch zeigte sie eine gewisse Ängstlichkeit: die Furcht, in ihr neues Zuhause zu gehen. Alle drei standen im sanften Licht des Hoteleingangs und schauten sich gegenseitig an. Liszendir erkannte an ihren Gesichtern, daß sie verstanden, was sie selbst innerlich bewegte.
    Sie sagte mit warmer Stimme: „Ja, auch das ist wahr: Es wird nun mein Zuhause sein – für vierzig Standar d jahre, bis die Innenverwandten sich ihrerseits verweben. Genau hier in Plenkhander .“ Sie schaute durch das Dämmerlicht zu den Bäumen hinüber, von denen gli t zernde Regentropfen fielen. Der Geruch des Meeres fül l te die Luft, und vom Strand, nur ein paar Häuserzeilen weiter, tönte das regelmäßige Schlagen der Brandung, die auf den braunen Sand rollte.
    „Es ist schwer, sich das auszumalen“, sagte Han.
    „Für dich vielleicht – nicht für mich.“
    Sie wanderten ostwärts, überquerten die alte Steinbrücke und kamen nach ein paar hundert Metern an eine niedrige Mauer, die von wildem Wein überwuchert war. Der yos lag tief im Dunkel riesiger Bäume, erleuchtet von mehr e ren Laternen, die an der Eingangstür hingen. Als sie den Garten betraten, läutete Liszendir eine riesige Tonglocke, die einen weichen, tiefen Ton von sich gab. Gleich d a nach rannte ein kleines Kind aus dem yos, offensichtlich der ältere Außenverwandte, der nerh, doch welches G e schlecht er hatte, konnte man so nicht sehen. Er war nach Hans und Usteyins Schätzung ungefähr drei bis vier Ja h re alt. Hinter ihm tauchte eine Frau auf, die im Schein der Laternen stehenblieb und auf sie wartete. Sie war klein und dunkelhaarig, nett im Aussehen, aber keine Schö n heit. Als sie nähertraten, sah Han, daß sie vom vielen Waschen gerötete Hände hatte; es waren kräftige, gesu n de Hände, die zupacken konnten. Sie mochte vielleicht fünf Jahre älter als Liszendir sein.
    Während das Kind um sie herumlief und neugierig Usteyins Haare bestaunte, umarmte das Mädchen Li s zendir, drückte die Neue kurz an die Wange und wandte sich dann, schüchtern lächelnd, an die anderen. Han u n terdrückte ein Lachen; ihr fehlte ein Zahn. Aber dennoch bekam ihr Gesicht dadurch einen gewissen Charme, der durchaus nichts Lächerliches an sich hatte. Ihr Gesicht war ebenmäßig wie das von Liszendir, nur etwas schmaler und ovaler sowie mit etwas dunkleren Haaren. Sie hatte einen weichen, vollen Mund und klare, direktblickende Augen wie die Farbe des Regenwassers.
    Sie sagte: „Ich bin Hvethmerleyn. Es tut mir leid, daß ihr nicht den kadh, den Erstvater, antrefft, aber er ist noch immer auf dem Weingut und wird auch wahrschei n lich noch einige Tage fortbleiben.“ Sie hatte eine klare, reine Stimme, wobei sie das „ hv“ ihres Namens leicht aspirierte und so eine gewisse undefinierbare Anziehung und Attraktion erhielt. „Wollt ihr nicht über Nacht ble i ben? Dies ist ein besonderes Ereignis, und es wäre schön, wenn ihr
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