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Morgengrauen

Morgengrauen

Titel: Morgengrauen
Autoren: Stefan Ummenhofer , Alexander Rieckhoff
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Sie hörten, wie knarzend gemeldet wurde, dass zwei Streifenwagen »mit Sondersignal« zur Welvert-Kaserne in der Kirnacher Straße unterwegs seien. Sicher würde auch Kommissar Müller hier auftauchen.
    »Als ich das mit den Fußspuren gemerkt habe, habe ich einen Schrei losgelassen. Das war nicht klug – ich brauche wirklich noch einige Übungen, bis ich genügend Selbstbeherrschung habe«, meinte Elke zerknirscht.
    »Und dann wurde Schulz misstrauisch?«
    »Richtig misstrauisch wurde er, als ich mich am Hotel Auerhahn entschuldigte und sagte, ich müsse zur Toilette. Ich bin aber hinters Haus gelaufen und habe versucht, dich anzurufen. Was ich nicht gemerkt habe, ist, dass Herbert mir gefolgt war. Und als er hörte, dass ich mit dir zu sprechen versuchte, wurde ihm wohl endgültig klar, dass ich Bescheid wusste … Er hat mir das Handy aus der Hand geschlagen und zertreten.« Elke unterdrückte die Tränen.
    »O je«, sagte Hubertus und erinnerte sich an den bruchstückhaften Anruf.
    »Dann habe ich erst gemerkt, wie unausgeglichen Herbert tatsächlich ist«, berichtete Elke weiter. »Er hat mich mit einem Messer bedroht, und dann sind wir zurück zum Taxi gegangen, das noch am Weg gewartet hat. Die ganze Zeit hat er mir das Ding an die Rippen gepresst und das Taxi nach Villingen dirigiert. Der Fahrer hat wohl nichts gemerkt.«
    »Schwein«, schimpfte Hubertus auf den am Boden Liegenden. »Du warst die längste Zeit im Gemeinderat – und deine Apotheke kannst du auch dichtmachen!«
    »Schließlich hat Herbert mich übers Kasernengelände geschleift. Ich habe mich zu wehren versucht – du weißt schon, Hubertus: mein Selbstverteidigungskurs –, aber er war stärker und hat mir beim Kampf meine Bluse zerrissen. Auch sein Hemd hat etwas abbekommen – ich habe zwei Knöpfe abgerissen. So hab ich gesehen, dass er Kratzspuren am Oberkörper hat – also bestand definitiv kein Zweifel mehr. Wenigstens habe ich es geschafft, unseren Ehering abzustreifen, weil ich gehofft habe, dass irgendjemand ihn findet – am besten ihr.«
    Hubertus nickte. Das hatten sie auch zum Glück.
    »Hier hat mich Herbert dann gefesselt zurückgelassen. Er sagte, er müsse noch etwas holen.«
    »Aha, und was, du Schwein?«, wandte sich Hubertus nochmals an Schulz. Am liebsten hätte er das Funkgerät noch einmal auf den Stadtrat geschleudert – nicht nur aus Rache für die Angst, die er am heutigen Tag hatte ausstehen müssen, sondern auch für letzte Weihnachten, als der Stadtrat schon einmal versucht hatte, mit Elke anzubandeln.
    Gerade als er Schulz so richtig in die Mangel nehmen wollte, ertönte ein Martinshorn. Auf dem noch kurz zuvor verlassen daliegenden Areal breitete sich in Sekundenschnelle hektische Betriebsamkeit aus. Die Blaulichter der immerhin drei Polizeifahrzeuge sowie des Rettungswagens 1/83/1, der bald darauf Schulz und auch Elke versorgte, spiegelte sich in den Pfützen der Kasernenbrache.
    Es regnete noch immer.
    Kommissar Müller besuche gerade ein klassisches Konzert im Franziskaner. Er werde nachkommen, sobald man ihn erreicht habe, gab Kollege Winterhalter bereitwillig Auskunft.
    »Und ich war halt bei mir im Stall – da hät mer scho eher des Handy dabei als im Konzert«, erklärte Winterhalter.
    Er schien Müller nicht übermäßig zu vermissen und begann mit der Vernehmung von Schulz, sobald dieser notdürftig versorgt war.
    »Ich wollte Elke doch gar nichts tun«, beteuerte er zunächst. »Sie war es, die mich getäuscht und belogen hat.«
    Zwei Minuten später wusste er jedoch, dass das Spiel endgültig aus war. Schulz pochte noch nicht einmal darauf, dass er seinen Anwalt sprechen wolle.
    Klaus, der wie immer auch hier recht ungeniert umherschnüffelte, hatte nämlich in dem von Schulz gemieteten Verschlag unter dem Sperrmüll zwei Briefe gefunden, die zweifelsohne von ihm stammten und die an eine »Liebste Verena« gerichtet waren. Offenbar Indizien aus der intimeren Phase der Beziehung zwischen den beiden. Auch das Handy, das sich ebenfalls unter dem Müll fand, stammte wohl aus dem Besitz einer der Ermordeten.
    Ja, er habe mehrfach Kontaktanzeigen beantwortet, weil er in seiner Ehe nicht mehr glücklich gewesen sei, sagte Schulz nun. Anonym selbstverständlich und wegen seiner »gehobenen gesellschaftlichen Stellung« auch außerordentlich diskret. »Das ist schließlich nicht strafbar.«
    Der Verletzte wurde nun gesprächiger. Einerseits war es nervig, denn auch der Gemeinderatsberichterstattung im
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