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Morgengrauen

Morgengrauen

Titel: Morgengrauen
Autoren: Stefan Ummenhofer , Alexander Rieckhoff
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Doppelstadt die personifizierte Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Journalismus.
    Heute würden sich Bernds Engagement und sein Hintergrundwissen hoffentlich lohnen – wenigstens für Klaus.
    Zehn Minuten später hatte er sich mit dem Kollegen ebenfalls zu einem Kaffee verabredet – und zwar zur gleichen Zeit und natürlich ebenfalls in der Bürk-Villa, die unweit der Schwenninger Kurier -Redaktion lag.
    Kerstin würde Augen machen. Wie er ihr das jedoch erklären sollte, fragte er sich erst gar nicht.
    Klaus gab seiner Freundin fünf Minuten Vorsprung. In dieser Zeit rief er Hubertus, der gerade auf einem Ausflug mit Elke im Elsass war, auf dessen Handy an und überredete diesen, am nächsten Morgen nochmals mit ihm zum Frühschwimmen zu gehen.
    Seit Elke wieder bei Hubertus eingezogen war, schien dessen Flexibilität in puncto Unternehmungen etwas nachgelassen zu haben.
    Na ja, überlegte sich Klaus, sein Freund hatte eben Angst, seine Liebste noch einmal zu verlieren. Das könnte ihm natürlich nicht passieren, redete sich Riesle ein. Klar war Kerstin manchmal über die unregelmäßigen Arbeitszeiten und sein journalistisches und kriminalistisches Engagement nicht gerade glücklich. Aber insgeheim bewunderte sie ihn doch dafür – glaubte er jedenfalls.
    Um kurz nach dreizehn Uhr lief Klaus die Bürkstraße entlang, die wie die Villa nach dem Schwenninger Inhaber der württembergischen Uhrenfabrik benannt war.
    Vor gut hundert Jahren war das großbürgerliche elegante Haus im Stadtzentrum erbaut worden. Im Untergeschoss der zweistöckigen Villa befanden sich nun ein Friseur und ein Café. Letzteres war so überschaubar, dass Kerstin Klaus auf jeden Fall sehen würde. Als er ankam, saß sie schon mit Claudia an einem der Tische auf der Sonnenterrasse, von der aus man den sorgfältig gepflegten Park und die fast vollständig von Rankpflanzen bewachsene Gartenmansarde im Hintergrund überblicken konnte. Kerstin hatte einen Tisch direkt am Teich gewählt, in dem riesige gelbe und orangefarbene Zuchtkarpfen stoisch ihre Runden drehten.
    Glücklicherweise kam Bernd fast gleichzeitig an – wie aus dem Ei gepellt. Trotz der Hitze trug der große rotblonde Mittvierziger ein Sakko mit Krawatte, eine Weste und eine Bundfaltenhose. Typisch – aber so machte er eben Eindruck beim Wirtschaftsförderer der Stadt, den Koryphäen der FH und nicht zuletzt auch bei den Studierenden. Klaus war so nicht einmal gekleidet, wenn er ins Casino ging.
    Mit klammheimlicher Freude vermerkte Riesle allerdings, dass Bieralfs zugeknöpfte Weste eine Wölbung auf Bauchhöhe aufwies. Die zahlreichen Eröffnungen und Vorträge nebst anschließendem Essen, an denen er teilnehmen musste, forderten allmählich ihren Tribut. Gerade als er Bernd darüber eine kleine Boshaftigkeit zuwerfen wollte, entdeckte Kerstin die beiden.
    »Also, das ist ja wohl …«, zischte sie. »Claudia, lass uns irgendwo anders hingehen.«
    Doch Klaus hatte Glück: Claudia kannte Bernd. Und obwohl sie unter dem Tod ihrer Freundin Verena sichtlich zu leiden schien, reichte es noch zur Aufforderung, sich doch mit an den Tisch zu setzen. Bingo!
    Kerstins blaue Augen blitzten wieder, diesmal zwar gefährlich, doch widersprechen mochte sie wohl mit Rücksicht auf Bernd und Claudia nicht.
    Der schien es wirklich nicht gut zu gehen. Sie fuhr mit den Fingern immerfort über die braune Kurzhaarfrisur und zupfte dann wieder geistesabwesend an ihrem schicken Hosenanzug herum. Ihre müden und geröteten Augen offenbarten ihren Zustand am deutlichsten. Sie hatte geweint. Und zwar mehrfach, wie Klaus vermutete.
    »Verena war immer pünktlich – und heute Morgen hätte sie um acht Uhr da sein müssen, weil sie noch Details einer Vorlesung mit mir durchsprechen wollte«, erklärte Claudia mit leiser Stimme. »Wir hätten den Vortrag zusammen halten sollen. Wirtschaftssystem Indonesiens, du weißt schon, Bernd.«
    Sie selbst sei um fünf nach acht gekommen und habe sich schon bald Sorgen gemacht, berichtete Claudia. »Gegen halb neun habe ich dann auf Verenas Handy angerufen – das war ausgeschaltet. Dann habe ich es bei ihr zu Hause versucht – da ging nicht mal der Anrufbeantworter an.«
    »Kein AB?«, schaltete sich Klaus ein. Er hatte sich ein »Bären-Bier« bestellt, was Kerstins Laune auch nicht gerade steigerte.
    Claudia schüttelte den Kopf. »Nein. Um neun wäre der Vortrag gewesen, c.t.«
    Riesle blickte konsterniert: »c was?«
    Bernd klärte ihn auf: »c.t., cum
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