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Morgengrauen

Morgengrauen

Titel: Morgengrauen
Autoren: Stefan Ummenhofer , Alexander Rieckhoff
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vorher zu sein. Oder täuschte er sich da?
    »Verena ist tot. Verena Böck«, sagte sie.
    Mit dem Namen konnte Klaus nichts anfangen. Eine ehemalige Lehrerin vielleicht? »Wirklich übel, die Hitze derzeit. Wieder Kreislaufversagen? Wie alt wurde sie denn?«
    Kerstin sah ihn verständnislos an. »Klaus! Was hat das denn damit zu tun? Kein Kreislaufversagen! Sie ist umgebracht worden!«
    In Klaus’ Gehirn machte es »klick«. Dann fragte er, was er in diesem Moment ohnehin zu wissen glaubte. »Im Kneippbad?«
    Kerstin nickte stumm.
    Mit sachlicher Stimme recherchierte er weiter. »Wer ist diese Verena, und woher weiß deine Freundin Claudia davon?«
    Kerstins blaue Augen trübte ein Tränenschleier: »Verena ist eine Arbeitskollegin von Claudia.« Sie atmete tief durch. »Sie ist heute Morgen nicht zur FH gekommen. Daraufhin hat Claudia bei ihr zu Hause angerufen, aber nur den Anrufbeantworter erreicht. Auch auf dem Handy war nur die Mailbox.«
    Jetzt fasste sie sich wieder. »Und nun hat sich die Polizei in der FH gemeldet. Sie haben Verenas ID-Karte in ihrem Spind im Freibad gefunden …«
    Ungelenk tätschelte Riesle Kerstins Arm, um so etwas wie Trost zu spenden. Recherche oder Mitleid? Letzteres.
    »Kanntest du sie gut?«, fragte er, während sich Kerstin aus dem großen Holzküchenschrank ein Glas holte und fettarme Milch eingoss, denn sie war immer in Sorge um ihre Figur.
    »Ich habe sie vier- oder fünfmal gesehen. Aber hier ist ein Mensch umgebracht worden, Klaus. Ein Mensch, mit dem ich vor ein paar Wochen noch gesprochen habe …« Sie trank das Glas in einem Zug leer.
    Klaus widerstand der Versuchung, Kerstin aufzuzählen, wie oft er schon mit Verbrechen zu tun gehabt hatte – etwa im vergangenen Winter, in der Schwarzwaldbahn. Da hatte er das Opfer auch gekannt und hatte kurz vor dem Mord noch mit ihm in einem Abteil gesessen. Aber für ein solches Thema war jetzt ziemlich sicher der falsche Zeitpunkt.
    Eines war jedoch klar: Die Tagesplanung bedurfte nun wieder einer Änderung …

5. VILLA BÜRK
    Kerstin erleichterte ihm die Sache. Nach der Todesnachricht war auch sie nicht mehr so erpicht auf einen gemütlichen Ausflug. Stattdessen wollte sie für ihre Freundin Claudia da sein. Sich mit ihr treffen, Trost spenden.
    Eigentlich ideal für Klaus, doch Kerstin verbot ihm schlichtweg mitzukommen. »Du willst Claudia doch nur ausfragen«, meinte sie.
    Dass Klaus genau das vorhatte, konnte er schwer abstreiten. Also fügte er sich – aber nur vordergründig. Denn wo sie sich treffen würden, war ihm klar. Das Café in der »Bürk-Villa« war Kerstins Lieblingslokal und lag zudem nur einen Steinwurf entfernt.
    Da musste Plan B greifen. B wie Bernd Bieralf. Der war ein Kollege von Klaus und außerdem nebenberuflicher Wirtschaftsdozent an der Fachhochschule. Der würde sich auskennen in diesen FH-Kreisen.
    Eine Universität, welcher Art auch immer, das hatte für Klaus immer etwas Abschreckendes gehabt. Für ihn bedeutete Hochschule Reden statt Handeln. Und was kam dabei heraus: bestenfalls Leute wie sein Freund Hubertus, vollgestopft mit theoretischem Wissen und immer im Zwang, dieses gegenüber allen zu demonstrieren.
    Ein glücklicherer Mensch war Hubertus deshalb sicher nicht geworden. Und die Zeiten, in denen man mit einem Studium automatisch gute Berufsaussichten gehabt hatte, waren auch lange vorbei.
    Klaus lächelte in sich hinein. Er hatte es schon richtig gemacht, war nach Abitur und Bundeswehr zur Zeitung gegangen und hatte eine zwar nicht steile, aber doch solide Karriere als Lokalredakteur hingelegt. Ein abwechslungsreicher und, vor allem, vom ersten Tag an bezahlter Job. Wenn er an Hubertus dachte, der zehn Semester lang für einen Hungerlohn als ungeschickter Kellner in Freiburger Studentenkneipen hatte jobben müssen …
    Allerdings, wenn Klaus das bei den Presseterminen an der Schwenninger Fachhochschule und der Berufsakademie richtig verstanden hatte, legte man offenbar auch hier einen größeren Wert auf Praxis. Sei’s drum, für ihn waren Disziplinen wie »Oberflächentechnik« oder gar »Social Entrepreneurship« böhmische Dörfer.
    Kollege Bernd war hingegen immer ganz erpicht darauf gewesen, möglichst viel aus der Fachhochschule in die Zeitung zu heben: »Wir haben viertausend Studenten in Schwenningen«, predigte er immer wieder in den Redaktionskonferenzen. »Das sind viertausend potenzielle Leser – und dazu noch Professoren, Dozenten, die ganze Infrastruktur.« Er war in der
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