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Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Titel: Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan
Autoren: C.J. Cherryh
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er die Spannung in jedem Muskel spürte.
    »Steig ab!« forderte Roh.
    Vanye wischte sein blutiges Schwert an der Mähne des Wallachs ab und stieg ab, die Klinge noch immer in der Hand. Die Zügel reichte er Jhirun. Dann endlich steckte er das Schwert in die Scheide und wartete.
    Roh beobachtete ihn aus dem Sattel; als die Waffe gesichert war, ließ er sich ebenfalls zu Boden gleiten, warf die Zügel einem Begleiter zu, befestigte das Schwert an seinem Gürtel und kam näher, bis sie miteinander sprechen konnten, ohne die Stimmen zu erheben.
    »Wo ist sie?« fragte Roh noch einmal.
    »Das weiß ich nicht«, sagte Vanye. »Ich bin gekommen, um Schutz zu suchen wie die anderen hier.«
    »Ohtij-in ist gefallen«, warf Kithan hinter ihm ein. »Das Erdbeben hat alles vernichtet — und alle Bewohner. Die Sumpfbewohner sind im Anmarsch und haben einige von uns gehängt. Vanye und das Barrow-Mädchen haben mich unterwegs begleitet, sonst wäre ich vielleicht umgekommen; meine eigenen Leute haben mich verlassen.«
    Schweigen. Die Reaktion hätte Schock sein müssen, ein Aufschrei — irgendein Gefühl der
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aus Ohtij-in, die sie umstanden.
    »Aires«, sagte Hetharus Stimme plötzlich. Reiter rückten näher, und Vanye drehte sich besorgt um.
    Neben Hetharu saßen zwei helmlose Männer im Sattel: sie trugen Schuppenrüstung und hatten weiße Haare und sahen sich ähnlich wie Brüder — schamlos in ihrem Wechsel von Lords.
    »Deine Leute«, murmelte Kithan und brachte eine ironische Verbeugung zustande. Die gewohnte berauschte Undeutlichkeit kehrte in seine Stimme zurück.
    »Sie sollten meinen Bruder beschützen«, antwortete Hetharu leise, »und zwar vor seiner eigenen Natur — die nur zu gut bekannt ist und offen auf der Hand liegt. Du bist völlig nüchtern, Kithan.«
    »Die Neuigkeiten«, sagte Roh von der anderen Seite, »sind euch vorausgeeilt, Nhi Vanye. Jetzt sag mir die Wahrheit. Wo ist sie?«
    Vanye wandte sich um und blickte Roh an. Einen schrecklichen Augenblick lang war er aller umschreibenden Worte beraubt: ihm fiel nichts ein.
    »Mein Lord Hetharu«, sagte Roh. »Das Lager ist in Bewegung. So unpassend der Augenblick auch sein mag, ich glaube, es wäre an der Zeit, deine Streitkräfte in Position zu bringen; und eure ebenfalls, meine Lords von Sotharrn und Domen, Marom und Arisith. Wir wollen einen geordneten Durchtritt gewährleisten. Wir wissen nicht, was uns auf der anderen Seite erwartet.«
    Es gab Bewegung in der Truppe; Befehle wurden gegeben, und ein großer Teil der Männer zog sich zurück — die Sotharra, die schon zum Marsch bereit waren, begannen den Hang zu ersteigen.
    Hetharu aber rührte sich nicht von der Stelle, und seine Männer ebenfalls nicht.
    Roh blickte zu ihm empor und auf die Männer, die ringsum zögerten. »Mein Lord Hetharu«, sagte Roh, »Lord Kithan wird dich begleiten, wenn du Verwendung für ihn hast.«
    Hetharu gab einen Befehl. Die beiden Burgwächter ritten vor und nahmen zu beiden Seiten Kithans Aufstellung, dessen Gesicht in hilflosem Zorn verzerrt war.
    »Vanye«, sagte Roh.
    Vanye sah ihn an.
    »Ich frage dich noch einmal.«
    »Ich bin entlassen worden«, sagte Vanye langsam. Es fiel ihm schwer, die Worte zu formen. »Ich erbitte Feuer und Unterkunft, Chya Roh i Chya.«
    »Auf deinen Eid?«
    »Auf meinen Eid«, antwortete er. Seine Stimme zitterte. Er kniete nieder und ermahnte sich dabei, daß dies nötig war, daß der direkte Befehl seiner Herrin ihn von der Lüge und Schande freisprach; trotzdem war es bitter, vor den Augen von Verbündeten und Feinden so zu handeln. Er verneigte sich bis zur Erde, die Stirn ins zertretene Gras gedrückt. Er hörte die Stimmen, mattklingend in der vom Brunnen vergifteten Luft, und war in diesem Augenblick froh, daß er die Äußerungen über ihn nicht verstehen konnte.
    Roh forderte ihn nicht auf, sich zu erheben. Nach kurzem Zögern richtete sich Vanye von allein auf und starrte zu Boden, das Gesicht rot vor Scham, wegen der Erniedrigung wie auch wegen der Lüge.
    »Sie hat dich geschickt, mich zu töten«, sagte Roh.
    Vanye hob den Blick.
    »Ich glaube, sie hat einen Fehler gemacht«, fuhr Roh fort.
    »Cousin, ich gewähre dir den Schutz, den du erbittest, ich will dein Wort akzeptieren, daß sie dich aus deiner Bindung entlassen hat. Deine neue Inanspruchnahme erfolgt am Feuer heute abend — an einem anderen Ort. Ich glaube, du bist zuviel Nhi, um einen falschen Eid zu leisten. Aber das würde sie nicht verstehen. Sie kennt
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