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Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Titel: Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan
Autoren: C.J. Cherryh
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wieder.
    »Wie sehr liebt dein Cousin dich?« fragte Kithan stimrunzelnd.
    »Ich werde ihm dienen«, antwortete Vanye, Worte, die ihm seltsam vorkamen. »Ich bin im Augenblick ein
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ohne Herr; und wir stammen aus Andur-Kursh, er und ich ... du verstehst das nicht, aber es bedeutet, daß Roh mich mitnimmt, und ich werde ihm als seine rechte Hand dienen; das ist etwas, das er anderswo nicht findet. Ich brauche dich, mein Lord Kithan, du weißt das genau; ich brauche dich, um mich an Rohs Seite zu etablieren, und du weißt, daß du mich mit einem Wort am falschen Platz vernichten kannst. Doch anders herum brauchst du mich ebenfalls — sonst mußt du dich mit Hetharu auseinandersetzen; und du weißt, daß ich einen Groll auf Hetharu hege. Du liebst ihn nicht. Setz dich für mich ein, dann gebe ich dir He-tharu, auch wenn es seine Zeit dauern wird.«
    Kithan überlegte, die Lippen zu einer dünnen Linie zusammengekniffen. »Gut«, sagte er schließlich. »Ich verstehe deine Argumente. Nhim Vanye, da gibt es allerdings zwei meiner Helfer, die alles zunichte machen können.«
    Vanye erinnerte sich an die beiden geflohenen Burgwächter, die neue Sorgen in ihm weckten; er zuckte die Achseln. »Das können wir nicht ändern. Es ist ein großes Lager. Steckte ich in der Haut der Männer, würde ich nicht gleich zu meinen Anführern rennen und mich damit brüsten, daß ich meinen Lord verlassen habe.«
    »Tust du nicht genau das?« fragte Kithan.
    Vanyes Gesicht rötete sich. »Ja«, sagte er heiser. »Mit Morgaines Erlaubnis; aber das sind Einzelheiten, die Roh nicht zu wissen braucht... nur daß Ohtij-in vernichtet ist und daß wir der Katastrophe entronnen sind.«
    Kithan überlegte einen Augenblick lang. »Ich werde dir helfen«, sagte er dann. »Vielleicht kann mein Wort dich deinem Cousin nahebringen. Daß Hetharu Probleme bekommt, soll mir freudiger Lohn genug sein.«
    Vanye starrte ihn an, versuchte die Wahrheit hinter dem zynischen Blick zu beurteilen, blickte dann fragend auch auf Jhirun, über deren Kopf hinweg sie sich unterhalten hatten. Sie schien Angst zu haben vor dieser Aufrechnung, als wüßte sie, das Bauernmädchen, um ihren Wert in den Angelegenheiten der nach Macht strebenden Lords.
    »Jhirun?« fragte er.
    »Ich möchte leben«, antwortete sie schlicht. Er taxierte den wilden Nachdruck dieser Worte und hatte plötzlich Zweifel; vielleicht sah sie es auch, denn sie preßte die Lippen zusammen. »Ich bleibe bei dir«, sagte sie.
    Tränen schimmerten in ihren Augen, Tränen des Schmerzes oder der Angst oder irgendeines anderen Gefühls — er wußte es nicht, verschwendete auch keinen Gedanken mehr auf diese Unsicherheit. Keiner der beiden stand ihm nahe, weder die Myya noch der Halblings-Lord, solange sie ihm nicht gefährlich wurden. Sein Verstand lief den Ereignissen bereits voraus, beschäftigte sich mit dem Lager der vielen Tausend, das sich vor ihnen erstreckte, begann zu überlegen, wie sie sich annähern könnten, ohne daß sie aus einer Laune heraus umgebracht wurden.
    Ihre Eile ließ sich an der Tatsache berechnen, daß sich von Rohs Gefolgsleuten noch niemand rührte: die Wachfeuer glühten im ersten Schimmer der Dämmerung. Am besten ritten sie langsam weiter, wie es sicher schon viele Gruppen getan hatten, die sich dem Zug auf den Brunnen anschlössen: besorgt maß er das zunehmende Licht gegen die Distanz zum gegenüberliegenden Rand der Feuer und fand das Ergebnis wenig befriedigend. Sie konnten es nicht ganz schaffen, bis der aufziehende Tag die schlecht zueinander passende Gruppe enthüllte, die sie nun mal waren.
    Doch es gab keine bessere Möglichkeit.
    Bald ließen sie die Ruinen ganz hinter sich zurück und ritten zwischen den Stümpfen junger Bäume hindurch, Schößlinge, die am Fuße des Berghangs abgehackt worden waren — zum Bau von Unterkünften oder als Feuerholz. Und gleich darauf erreichten sie den Dunstkreis von Kochfeuern und hörten erste Stimmen.
    Wächter regten sich auf ihren Posten, ergriffen Speere und rückten näher. Vanye ritt mit mäßigem Tempo weiter, die anderen dicht bei sich; und als sie im Dämmerlicht näher gekommen waren, ließen sich die Wächter — dunkelhaarige Menschen — durch ihren Anblick verunsichern und traten zurück, ohne sie anzurufen. Vielleicht lag es an Kithan, überlegte Vanye und widerstand der Versuchung zurückzublicken; vielleicht lag es aber auch — der Gedanke überfiel ihn mit besonderer Ironie — an ihm selbst, Rohs Cousin,
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