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Morenga

Morenga

Titel: Morenga
Autoren: Uwe Timm
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man solle mit der Großoffensive gegen die Witboois warten, bis die Verstärkungen das Schutzgebiet erreicht hätten.
    In sechs Staffeln waren im Zeitraum vom 12. November 1904 bis 18. Januar 1905 abgegangen: 198 Offiziere, Ärzte und Beamte, 4094 Mann und 2814 Pferde.
    Trothas Stab dachte an kleine Entlastungsangriffe. Oberst Deimling entschied sich aber am 30. November für die Offensive. Die Truppe sollte in drei Abteilungen gegen Rietmont, den Sitz Hendrik Witboois, vorgehen: die Hauptabteilung von Kub, zwei kleinere Abteilungen von Lidfontein und Jackelsfontein.
    Am 4. Dezember kommt es zu einem Überraschungsangriff der Hauptabteilung bei Naris, gegen 3 Uhr nachmittags. Die Artillerie beschießt die Stellungen der Witboois, die sich in schwärzliche Felsgruppen eingenistet haben. In einem Bajonettangriff werden sie geworfen. Die Witboois fliehen. Die geplante Einkesselung mißlingt. Die Pontoks werden nach Brauchbarem untersucht. In Witboois Haus dampft noch der Kaffee. Man findet seine silberne Uhr, Lesebrillen, Briefschaften. Aber Hendrik Witbooi ist mit fast allen Leuten entkommen. Die Pontoks werden angezündet, das Vieh wird, zusammen mit einigen gefangenen Weibern und Kindern, abgetrieben.
    Deimling hat mit seinem Sieg über Hendrik Witbooi die Voraussetzung für einen radikalen Kleinkrieg der Hottentotten geschaffen, die jetzt, ohne Rücksicht auf Ortschaften, Ländereien und Vieh, beweglicher operieren können.
    Ein Schuß in den Ofen, sagte der Hauptmann i. G. v. Ha.
    Deimling stößt nach Gibeon vor und verlegt seinen Stab dorthin.
    Die rückwärtige Verbindung, über die der gesamte Nachschub läuft, ist von den Witboois bedroht. Vorn, im Karrasgebirge, sitzt Morenga mit seinen Leuten, nach Einschätzung Oberst Deimlings und seines Stabes der gefährlichste Gegner.
    Diese Einschätzung teilt der Stab von Trotha.
    Trotha selbst will sich nicht festlegen, ob Hendrik Witbooi oder Morenga gefährlicher sei.

Feindbild

    1

    Was Ende 1904 in den Stäben die Runde macht und mit Verbitterung weitererzählt wird, sind die kleinen Unverschämtheiten der Aufständischen. So schrieb Morenga dem Hauptmann Wehle einen Brief, nachdem er ihm alle Pferde und Maultiere abgetrieben hatte, und bat ihn, seine Tiere in Zukunft besser zu füttern, damit man nicht wieder mit solchen Schindmähren vorliebnehmen müsse.

    2

    Jakob Morenga, ein Herero-Bastard von dem kleinen im Gainabrevier (östlich der großen Karras-Berge) mitten unter den Hottentotten sitzenden Stamme, hatte früher in den englischen Minen in Südafrika gearbeitet, sich einiges Geld und eine für einen Neger nicht geringe Bildung erworben. Er spricht Englisch und Holländisch, versteht Deutsch und hat sich überhaupt im Verlaufe des Krieges als eine ganz ungewöhnliche Erscheinung unter den Negern erwiesen, sowohl durch die Umsicht und Tatkraft, mit der er seine Unternehmungen geführt hat, als insbesondere dadurch, daß er den in seine Hände gefallenen Weißen gegenüber sich der bei seinen nördlichen Stammesgenossen üblichen bestialischen Grausamkeiten enthielt, ja, da und dort sogar eine gewisse Großmut bewies. In mannigfachen Unterhaltungen, die mit ihm gepflogen wurden, zeigte er sich verhältnismäßig zuverlässig. Für seine ungewöhnliche Bedeutung spricht allein schon der Umstand, daß er als Schwarzer eine führende Rolle unter den Hottentotten spielen konnte. (Die Kämpfe der deutschen Truppen in Südwestafrika, hrsg. vom Großen Generalstabe, Bd. 2, S. 5)

    3

    Schutztruppenreiter Karl Schmodginsky: Die Hottentotten sind durchaus kriegerisch veranlagt und haben im Kleinkrieg eine große Gewandtheit entwickelt. Freilich war ihr bedeutendster Feldherr – Morenga – ein Schwarzer. Im Grunde sind alle Räuber und Viehdiebe. Auch sie, gleich den Herero, zeigten die hervorragendsten Soldatentugenden, wenn es sich um die Sicherung von Vieh und Wasserstellen handelte.
    Bewaffnet waren beide Rassen mit modernen Hinterladern, Modell 88, oder doch mit guten Feuergewehren, von denen sie selbst die minderwertigen mit Geschick handhabten. Ihre Feuerdisziplin und Munitionssparsamkeit muß vollauf anerkannt werden. Die Waffen der Wilden, Bogen und Speer, kennt man in Südwest nicht mehr. Dagegen dient das Kiri, eine schwere, meterlange Keule aus härtestem Holze, als Handwaffe.
    Beide Stämme trugen vielfach die Uniformen deutscher Gefallener oder solche, die in Transportüberfällen geraubt waren. Sogar deutsche Fahnen führten sie und brauchten
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