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Morenga

Morenga

Titel: Morenga
Autoren: Uwe Timm
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er nur Oberst und damit General Trotha untergeordnet, also befehlsgebunden. Eine schiefe Situation.
    Oberst Leutwein soll mit der 7. Feldkompanie, mit ausgeruhten und kampferfahrenen Mannschaften von Windhuk über Rehoboth nach Gibeon vorstoßen. Dem Oberst wird dann die Kompanie wieder entzogen, er erhält die 3. Ersatzkompanie. Die Kompanie wird eilig mit Schreibern, Militärbäckern und Stabstrompetern aufgefüllt. Viele der Soldaten sind noch nie auf einem Pferd gesessen. Am 7. Oktober wird die Kompanie in Marsch gesetzt. Am 10. Oktober folgt ihr Gouverneur Oberst Leutwein. Am dritten Marschtag schießt sich ein Militärbäcker versehentlich zwei Finger von der Hand. Am selben Tag erhält der Obermatrose Gu. beim Versuch, sein Pferd zu streicheln, einen Hufschlag, der ihm die rechte Kniescheibe zertrümmert. Oberst Leutwein kommt zu der Überzeugung, mit diesen Leuten einen Vorstoß ins Aufstandsgebiet nicht wagen zu dürfen. Er bleibt in Rehoboth stehen. Leutwein versucht nochmals, durch Verhandlungen mit Hendrik Witbooi den Aufstand beizulegen. Hendrik Witbooi lehnt das ab. Gouverneur Leutweins Konzept einer friedlichen Kolonisierung, die eine räumlich getrennte Entwicklung von Weißen und Schwarzen (Reservate) vorsah, war damit endgültig gescheitert. Im ganzen Land herrschte der Kriegszustand. Gouverneur Leutwein resignierte. Er war in eine immer schiefere Situation geraten: Erstens gegenüber General Trotha, der Leutwein für einen schlappen Kompromißler hielt, der als Gouverneur dem eigenen radikalen Pazifizierungsprogramm im Wege stand. Zweitens gegenüber Trothas Vorgesetztem, dem Generalobersten Graf Schlieffen, Chef des Generalstabes, der Leutwein ebenfalls für zu kompromißbereit hielt und darüber hinaus die Befehlsunklarheiten zwischen dem General Trotha und dem Gouverneur Oberst Leutwein als militärisch unmöglich ansah. Drittens gegenüber Seiner Majestät, dem Kaiser, der den Obersten ebenfalls für ziemlich schlapp hielt, weil er immer wieder verhandeln wollte und dann, schlimmer noch, bei Ausbruch des Herero-Aufstandes, als er sich im äußersten Süden des Schutzgebietes befand, statt durch deutsches Gebiet in den Norden zu reiten, den schnelleren Weg nach Swakopmund über den englischen Hafen Port Nolloth mit einem englischen Dampfer gewählt hatte. Und jeder wußte, wie der Kaiser zu England stand. Leutwein stand also außerordentlich schief da.

    November 1904:
    Die weiße Schlange
    General Trotha wollte auch das dem Gouverneur nicht ersparen: Er löste ihn als Kommandeur der Südabteilung, jener 3. Ersatzkompanie, die in Rehoboth hängengeblieben war, ab. Oberst Deimling wurde sein Nachfolger.
    Deimling hatte mit seiner Abteilung den entscheidenden Stoß in der Kesselschlacht am Waterberg gegen die Herero geführt. Deimling erhielt von General Trotha erhebliche Verstärkungen, zwei Kompanien und zwei Batterien. Während Oberst Deimling nach Rehoboth ritt, bereitete Gouverneur Leutwein sich auf seine Heimreise vor, aus Gesundheitsgründen, wie man sagte.
    Im Aufstandsgebiet herrscht Ruhe. Die eingeschlossenen Orte werden nicht angegriffen. Während eines Patrouillengefechts bei Kub fallen 7 Mann und 5 werden verwundet. Der Unteroffizier Cza. läuft um sein Leben. Als er die deutschen Linien erreicht, haben zwei Schüsse den Hut, einer den Rock, zwei die Hose durchlöchert, und ein Schuß hat den Gewehrkolben getroffen. Er selbst bleibt unversehrt.
    Die Südabteilung unter Oberst Deimling sollte erst einmal Luft schaffen. Deimling galt dafür als der rechte Mann: Energie, Durchsetzungsvermögen, Draufgängertum wurden ihm nachgesagt. Die Witboois nannten ihn die weiße Schlange. Reiste Oberst Leutwein, ein rundlicher Badenser mit einem Zwicker auf der Nase und einem vielgerühmten Weinkeller in Windhuk, seiner Truppe meist nach, war Deimling seiner meist voraus, wenigstens aber an der Spitze. Man muß vorn führen. Dabei beschäftigten ihn zugleich strategische Pläne. Er wollte nicht einfach die eingeschlossenen Orte freikämpfen, er wollte die Witboois in einer Kesselschlacht vernichten.
    Aus dem Sprachgebrauch Deimlings, Gefechte und Schlachten betreffend: zerschlagen, zerschmeißen, zerschießen. Oberst Deimlings Plan: Die Witboois zerschmeißen. Dann in den Süden marschieren und Morenga mit seinen Leuten ebenfalls zerschmeißen.
    Im Süden belagert Morenga mit seinen Leuten die Ortschaft Warmbad.

    Dezember 1904:
    Deimling stößt vor
    General Trotha und sein Stab waren der Ansicht,
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